Das Band der Magie
und verzweifelt, aber hoch intelligent und liebt sein Volk …“, bis ich Tristans warnendes Kopfschütteln sah. Ach, ja: nicht zu viel erzählen.
„Er wird wieder gesund“, fasste ich zusammen. „Aber er braucht noch ein bisschen Zeit.“
Dann folgten noch ein paar langweiligere Fragen, bis Liah uns alle rausschmiss. Sie hatte sich mittlerweile von Tristans Standpauke erholt und war so selbstbewusst wie eh und je. Nur Liah konnte dem Rat die Tür vor der Nase zuschmeißen – und zwar mit den Worten: „Habt ihr kein Zuhause?“
Danach hatten wir erst mal Ruhe.
Es ist merkwürdig, wie das Leben weitergeht, wenn einem jede Wahlmöglichkeit abhanden kommt. Ich erholte mich, heilte vor mich hin und begann, mich zu langweilen. Keelin war da auch keine große Hilfe. Er döste die ganzen Tage vor sich hin und lebte wohl nur für die Stunden, in denen ich neben ihm saß. Allerdings waren die Unterhaltungsmöglichkeiten an dieser Stelle eingeschränkt. Keelins Ketten ließen nämlich gerade mal so zu, dass er seinen Kopf unter meine Achseln schieben konnte. Wir konnten also nicht viel machen außer schlafen, meinen Monologen lauschen und Keelin kraulen.
Sein Hals wurde von der schweren Halskette ganz wund. Ich überredete Liah, seinen Hals auszupolstern – und Keelin ließ es brav zu. Er wedelte sogar freundlich mit dem Schwanz und benahm sich herausragend gut.
Meeha wurde derweil zum Star des Dorfes. Die Kinder hatten ihren Spaß mit ihr und sie ließ es zu meiner Überraschung sogar zu. Ein Kind tippte sie an – sie verwandelte sich daraufhin. Maus, Meerschweinchen, Fledermaus, Dackel … sie ging alles durch. Und wenn ihr nichts mehr einfiel, wechselte sie halt die Farbe.
Die Kinder lachten und quietschten vergnügt und gaben ihr jede Menge Möhren.
So zufrieden hatte ich meine kleine Waldgöttin selten erlebt. Ich hatte gar nicht geahnt, dass sie kinderlieb war!
Verrückt.
Wegen besagter Langeweile suchte ich mir Arbeit – und merkte zum ersten Mal, wie toll Kartoffelschälen sein konnte, solange man das nicht alleine machen musste.
Fünf alte Tanten hatten sich meiner angenommen und schälten freundlich schwatzend mit mir Kartoffeln. Ich wäre ja auch neugierig auf Leute in meinem Alter gewesen, aber die hatten viel zu viel Angst vor mir und meiner Beziehung mit Keelin. Sie brachen ständig meine Kontaktversuche ab.
Die Alten hatten damit offenbar kein Problem. Sie schnatterten durcheinander, keiften sich an und lachten miteinander.
Das war ja SO cool.
Ich blühte regelrecht auf. Wären da nicht die Ketten um Keelins Hals gewesen, ich hätte die Zeit im Dorf in vollen Zügen genießen können.
Und da spürte ich es, ganz tief in mir drin: Ich wollte niemals wieder zurück in meine alte Berghütte. Niemals wieder! Und würde das jemals jemand von mir verlangen, ich würde auf der Stelle tot umfallen. Es sei denn … Keelin kam mit mir. Dann wäre das noch einmal etwas anderes.
Ich gewöhnte mich also allmählich an das Dorfleben und passte mich so gut es ging irgendwie an. In den fünf Wochen, die ich bereits da war, bekam ich natürlich unterschwellig die vielen kleinen Schwierigkeiten und Probleme im Dorf mit. Ich war eine herausragende Beobachterin und hatte ja auch genug Zeit zum Beobachten. Außerdem war Keelins Wächter, Damian, ausgesprochen geschwätzig. Er informierte mich bereitwillig über so manchen Klatsch und Tratsch.
Dass Brahn zum Beispiel als ewiger Junggeselle galt, aber neben Keelin und Mahedan der heißeste Anwärter auf den Prinzenstatus war.
Dass Eremon Abwasch nicht mochte.
Dass Lissa mit Tiran anbandelte, Tiran ihr bislang aber nur einen kleinen Strauß Wildblumen geschenkt hatte. War wohl kein gutes Zeichen.
Dass die Kartoffeln in diesem Jahr kleiner waren als normalerweise, weil der Saatmeister sie zu spät in die Erde gesetzt hatte. Der war wohl so super im Säen wie ich beim Schnitzen.
Dass Damians Frau wieder schwanger war und er diesmal auf einen Sohn hoffte. Er hatte schon vier Töchter.
Ich sog alles auf, obwohl ich mit den meisten Namen gar nichts anfangen konnte. Aber ich hatte noch nie Klatsch erlebt und fand die Gerüchteküche total toll – solange ich nicht Teil davon war.
Über Keelin und mich wurde natürlich jede Menge irres Zeug verbreitet, aber was das Thema anging, war Damian recht wortkarg. Ich fand nur eine Sache heraus: Es wäre ein echter Skandal, sollte Keelin etwas mit mir anfangen. Warum das so war, blieb im Dunkeln.
Ich kapierte auch
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