Das Band der Magie
können? Ich ruderte hastig zurück.
„Also, ich will damit nicht sagen, dass ich in dich verliebt bin oder so. Ich weiß ja noch nicht mal, wie sich das eigentlich anfühlt und ob es sich so anfühlt, wie ich mich gerade fühle, aber … keine Ahnung.“
Keelin saß stocksteif da. Ich wandte den Kopf ab, damit er die Tränen in meinen Augen nicht sehen konnte. Ich schämte mich so und war gleichzeitig unendlich wütend auf mich selbst.
Ich liebte Keelin. Das war mir eigentlich schon ziemlich lange klar. Und ich wäre gerne von ihm geküsst worden, so wie ein Mann eine Frau eben küsst. Aber das Gespräch gerade eben, das war mal echt schief gelaufen. Er musste jetzt denken, dass ich völlig naiv war.
War ich ja auch ein Stückchen. Und, um ehrlich zu sein, auch ziemlich einsam. Vielleicht hatte er ja recht damit, dass ich mich automatisch in ihn verlieben musste.
„Aeri“, sagte Keelin sanft. Mir rieselte automatisch ein Schauer über den Rücken. Ich mochte es, wenn er meinen Namen so sagte. „Du solltest etwas über die Mar wissen, was das Werben und die Liebe angeht.“
Jetzt hatte er meine volle Aufmerksamkeit. Ich sah ihn sogar offen an, sodass er garantiert meine Tränen in den Augen glitzern sehen konnte. Er war immerhin so taktvoll, nicht darauf einzugehen. Ich wartete.
„Es gibt einige Mar, die verlieben sich ganz ähnlich wie Menschen. Wenn es nicht klappt, geht jeder seiner Wege und man sucht sich einen neuen Partner. Bei den Shadun und den Mae ist das anders. Wir werben sehr, sehr lange und sehr, sehr intensiv. Das kann manchmal Jahre dauern und ist wichtig, weil wir uns für das ganze Leben binden.
Mit einem Kuss verweben wir uns miteinander, das passiert ganz sanft und ganz automatisch. Die Magie testet dabei vorsichtig aus, ob sie einander mag, was fast immer der Fall ist. Es ist ein wunderschönes Gefühl, als wäre man vorher ganz allein auf der Welt gewesen und plötzlich ist da diese andere Seele.
Wenn wir dann heiraten und uns noch auf andere Weise miteinander verbinden, dann wachsen wir noch enger zusammen und sind untrennbar miteinander verbunden. Es ist das Band der Magie.“
Ich hielt unwillkürlich den Atem an, denn genau an dieser Stelle hatte er sich beim letzten Mal verwandelt. Doch diesmal schien er seine Worte nicht mit seiner eigenen Situation zu verbinden und so blieb er ein Mar.
Er hatte natürlich bemerkt, dass ich ihn noch intensiver als sonst anstarrte. Er wirkte plötzlich noch trauriger als zuvor. Ich hätte nicht gedacht, dass das überhaupt möglich war. Er holte tief Luft, um weiterzusprechen. „Wir bleiben dann ein Leben lang zusammen, bis zum Tod. Und wenn der eine stirbt, dann geht auch der andere. Zumindest sollte es so sein.“
Ich starrte ihn weiterhin atemlos an.
„Verstehst du jetzt, warum ich sage, dass du niemanden einfach so küssen darfst? Zumindest nicht so, wie du es meintest? Ich weiß nicht, wie die Feyann die Sache mit der Liebe handhaben, denn Liah hat sich bislang nicht gebunden und macht auch keine Anstalten. Vielleicht weiß sie es ja. Du solltest sie mal bei Gelegenheit fragen - falls sie von ihrem Hexentrip wieder runterkommt.“
In meinem Kopf rotierte es, aber in anderer Weise, als er es vermutlich dachte. Er sah mich besorgt an, weil er annahm, ich wäre vielleicht beleidigt, weil ich mich von ihm zurückgewiesen fühlte.
Ob ich so empfand, musste ich erst noch ergründen. Aber das war gerade völlig unwichtig angesichts dessen, war mir gerade klar geworden war.
Es war eine winzige Nuance gewesen, die mich hatte aufmerken lassen. Nämlich die Art, wie er erzählt hatte.
Ich nahm seine beiden Hände, er ließ es zu. „Keelin, wie alt bist du?“, fragte ich unvermittelt.
Er wirkte irritiert. „Wir Shadun zählen das Alter anders als so mancher Mar. Wir altern anders. Wenn wir verwandelt sind, steht für uns sozusagen die Zeit still, daher sieht man uns das Alter nicht an. Keine Ahnung. Nach menschlichen Maßstäben wäre ich wohl so um die fünfzig, sechzig Jahre, schätze ich.“
Das überraschte mich dann doch und machte mich auch ein bisschen traurig. So alt? Er musste mich für ein Kind halten!
„Du hast gesagt, es sei ein wunderschönes Gefühl, plötzlich die andere Seele zu spüren!“, platzte es aus mir heraus. Keelin sah mich verwirrt an. Also präzisierte ich: „Hat man dir das erzählt oder weißt du das aus Erfahrung?“
Da wurden seine Augen riesengroß und sein Gesicht kalkweiß. Er entriss mir seine
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