Das Band der Magie
Hände und schlug sie vor dem Mund zusammen.
Ich glaube, er wäre wohl auch aufgestanden und von mir fortgegangen, wenn ich nicht hastig seine Schultern gepackt und ihn an mich gezogen hätte. „Nicht! Nicht weglaufen. Lass uns darüber reden, nur ganz kurz. Dann versteh ich auch mehr. Du musst nur nicken, okay?“
Er vergrub seinen Kopf an meiner Schulter und nickte, während er sich in meinen Arm krallte.
„Alkamir ist eine Festung, die von den Menschen zerstört wurde, richtig?“
Er nickte und fing so heftig an zu zittern, dass die Zähne klapperten.
„Hast du da deine Frau verloren?“
Es war ein schrecklicher Moment. Keelin wurde auf einmal ganz schlapp in meinem Griff, ich wusste, wir hatten nicht mehr viel Zeit. Aber er nickte noch, ganz, ganz leicht – dann war er wieder ein Wolf.
Kapitel 21 - Alkamir
Die nächsten zwei Tage waren schwierig für mich. Keelin, der Wolf, schien nicht mehr viel von unserem dramatischen Gespräch behalten zu haben, denn er war so unbekümmert und energiegeladen wie selten zuvor.
Er hüpfte geradezu durch die Gegend und ich musste ihn immer wieder ermahnen, auf Kurs zu bleiben.
Das Wort Alkamir schien ihn nicht mehr weiter zu schrecken, mich dafür jetzt umso mehr.
Ich verstand jetzt so einiges, musste aber umso mehr in meinem Kopf sortieren
Als erstes war da Tristans Krankheit. Sie ergab auf einmal einen Sinn. Danae war krank gewesen, war ganz langsam gestorben – und Tristan mit ihr. Als ihr Herz schließlich aufgehört hatte zu schlagen, wäre Tristan ihr innerhalb von wenigen Minuten gefolgt.
Das Band der Magie.
So schön der Gedanke auch war, sich mit einem Menschen so eng zu verbinden, dass man nicht mehr ohne ihn leben wollte, so erschreckend war er auch: Tristan und Danae waren das beste Beispiel.
Doch warum lebte Keelin noch?
Ich warf ihm einen nachdenklichen Blick zu und beobachtete diesen gut gelaunten, energiegeladenen Wolf.
Die Antwort auf diese Frage lag auf der Hand, oder vielmehr: Im Wolf.
Ich war mir jetzt sicher, dass die Verwandlung Keelin gerettet hatte. Nach dem Tod seiner Frau war er quasi völlig in seiner Wolfgestalt versunken, hatte den Mar und das damit verbundene Unglück weggesperrt. Die unbekümmerte Wolfsart und seine Gedächtnislücken hatten ihn anschließend davor bewahrt, zu verkümmern. Er hatte seine Frau schlichtweg vergessen und dadurch überlebt - sich allerdings auch selbst verloren.
Da hatte ich also meine lang ersehnte Antwort. Im Stillen verfluchte ich meine Neugierde.
Doch nachdem ich mir diese Frage beantwortet hatte, stellte sich die nächste: Wenn ich jetzt Keelin nach Alkamir brachte und er sich dort wieder an seine Frau erinnerte, was würde dann mit ihm geschehen?
Würde er sofort sterben?
Wahrscheinlich.
Jetzt verstand ich endlich auch, warum Brahn ihn nicht nach Alkamir bringen wollte und warum Tristan davon geredet hatte, ihn womöglich zu opfern.
Das wiederum brachte mich zu der Frage, was ich denn jetzt tun wollte. Auf einmal stellten sich alle meine vorherigen Überlegungen in einem anderen Licht dar: Dass ich Keelin womöglich in den Tod führt, hatte ich bereits geahnt. Dass sein Tod aber ziemlich wahrscheinlich eintreten würde, war mir nicht klar gewesen.
Keelin an seine tote Frau zu erinnern, wäre tödlich. Da konnte ich ihm auch gleich selbst ein Messer in die Seele rammen.
Auf der anderen Seite hieß es ja noch lange nicht, dass Keelin wirklich tot umfiel. Er hatte ja die Hoffnung geäußert, dort Erlösung … mein Atem stockte. Erlösung … er hatte tatsächlich Erlösung gesagt. Nicht: Dann verwandele ich mich endlich und bleibe ein Mensch. Das hatte ich nur immer so interpretiert.
Kurz entschlossen hüpfte ich von seinem Rücken, drehte mich um und stapfte in die andere Richtung. Mein Wolf folgte mir irritiert.
„Wir gehen doch nicht mehr nach Alkamir“, erklärte ich mit zitternder Stimme. „Wir gehen nach Hause!“
Für den Wolf Keelin war das eine so gut wie das andere, Hauptsache, ich war in der Nähe. Also hüpfte er wieder zurück. Seine Gedächtnisaussetzer schienen schlimmer zu werden.
Die Einzige, die das für eine Schnapsidee hielt, war Meeha. Sie hüpfte als Dackel verwandelt aufgeregt vor meinen Beinen herum und stellte sich mir immer wieder in den Weg. Sie wollte nach Alkamir, das war deutlich.
Auf ihrem Kopf entstanden wieder die mir mittlerweile fast vertrauten Tentakel und sie deutete mit fast allen von ihnen in Richtung Alkamir.
Ich blieb stur,
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