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Das Band der Magie

Das Band der Magie

Titel: Das Band der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Mars
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die Nächte wurden auch noch nicht so kalt, dass wir hätten frieren müssen. Ich hatte ja eine prima Wärmflasche mit dabei.
    Weil ich es nicht wagte, Feuer zu machen, mussten wir hungern. Die ein, zwei Löffel Suppe mussten erst mal reichen.
    Irgendwann spürte ich, dass meine beiden unerwarteten Gäste wieder aus meinem Wald verschwunden waren. Es war, als hätten bis dahin zwei Fremdkörper auf meiner Brust gesessen. Als der Druck nachließ, brachen wir auf.
    Wir näherten uns der Hütte ausgesprochen vorsichtig – obwohl wir uns beide fast sicher waren, dass hier niemand mehr war. Als ich die Hütte betrat, hatte ich Herzklopfen.
    Irgendwie war ich dann aber doch auf merkwürdige Art und Weise enttäuscht, als ich meine Räume tatsächlich leer vorfand.
    Was, bitte, hatte ich denn erwartet?
    Auf dem Tisch lag ein einfaches Blatt Buchpapier. Brahn hatte mit Kreide einen runden Kreis mit zwei Augen und traurig heruntergezogenen Mundwinkeln gezeichnet. Ein weinendes Gesicht.
    Offenbar hatte er sich gemerkt, dass ich nicht lesen konnte.
    Ich machte ein Feuer im Kamin und warf das Papier hinein. Während ich zusah, wie es verbrannte, kämpfte ich mit den Tränen. Der Besuch hätte wirklich schön sein können. Schade, dass er so abrupt enden musste.
     
     

Kapitel 11 – Der Sturm
    In den nächsten Tagen klebte Keelin wieder an meiner Seite wie Wari-Kinder an ihren Müttern. Ich stolperte ständig über ihn, trat ihn versehentlich oder schlug ihn unabsichtlich, weil ich ihn nicht gesehen hatte. Einmal stellte ich sogar einen vollen Wassereimer auf seinen Schwanz. Ja, da war was los.
    Ich wusste, dass er mich damit zum Sprechen auffordern wollte. Er verlangte eine Erklärung, aber die gab ich ihm nicht. Stattdessen besserte ich verbissen meine Hütte aus. Die Stürme wurden tatsächlich heftiger, Liah hatte da ganz recht gehabt.
    Irgendwann gab Keelin auf und wurde wieder normaler. Er hielt Abstand – und er verwandelte sich auch ab und zu mal in der Nacht. Dann lag ich mit klopfendem Herzen neben ihn und starrte ihn an.
    Was empfand ich für dieses Wesen, wenn es plötzlich so verwandelt war? Wenn er aussah wie einer von meiner Spezies?
    Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
    Er war immer noch Keelin: mein Freund, mein Begleiter, meine Familie. Und doch war er ein Fremder, gefangen in seiner menschlichen Gestalt. Ein unheimlicher und zugleich anziehender Anblick.
    Ich erzählte ihm nur, dass er sich wieder verwandelt hatte. Dass seine Fortschritte wichtiger denn je waren, ließ ich unerwähnt. Es reichte, wenn sich einer den Kopf darüber zerbrach.
    Außerdem konnten wir so kurz vor dem Winter ohnehin nirgendwo mehr hin. Bei Schnee eine längere Wanderung in eine unbekannte Zukunft zu machen, wäre Wahnsinn gewesen. Ich hatte zwar noch genug Feuerholz, aber ich bereitete mich lieber auf einen ähnlich schlimmen Winter vor wie den letzten. Da der Spätsommer bereits ziemlich ungemütlich war, was das Wetter anging, nahm ich das mal als schlechtes Zeichen.
    Außerdem konnte man nie genug Feuerholz haben.
    Also sammelte ich so fleißig wie ein Eichhörnchen seine Nüsse. Ich durchstreifte unruhig die Wälder, während mir der Sturm um die Ohren heulte. Auf den Wind konnte ich irgendwann keine Rücksicht mehr nehmen, sonst wäre ich niemals rausgekommen.
    Ich gebe aber zu, dass wir an diesem Tag mal besser zu Hause geblieben wären.
    Zu meiner Verteidigung darf ich aber sagen: Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass es so schlimm werden würde. Selbst Keelin hatte die Gefahr unterschätzt. Die letzten Tage hatte er stets verhindert, dass ich mich weiter von der Hütte entfernte als hundert Meter.
    Doch dieser Tag kam echt friedlich daher. Der Wind toste nicht wirklich heftig, es war auch nicht so kalt wie sonst. Zugegebenermaßen wirkte das Licht merkwürdig diffus, fast so, als hätte man Eiter pulverisiert und überall hingestreut. Die Welt wirkte gelblich kränklich.
    Aber es regnete nicht, was wir beide wohl als gutes Zeichen nahmen.
    Die einzige, die das Ganze wohl richtig eingeschätzt hatte, war Meeha, denn sie führte sich wie eine kleine, wütende Raubkatze auf: Sie wollte partout nicht unter meiner Bluse bleiben, schnappte sich immer wieder meine Schnürsenkel und versuchte als winziger Dackel, mich zurück zur Hütte zu zerren.
    Ich schüttelte sie genervt ab und setzte sie irgendwann in Häschengestalt auf Keelins Kopf.
    „Bleib da und sei ruhig!“, befahl ich ihr. Sie duckte sich zwischen seine langen

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