Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
trat einen Schritt zurück, um die feinen Lidstriche zu bewundern, die sie soeben angebracht hatte. »Grüne Augen. Großartig! Wie Savannah. Ihre Augen sind so unglaublich dunkel! Sie werden auch Savannahs wichtigstes Merkmal sein. Wirklich bemerkenswerte Augen. Hat sie die von Ihrem Mann? Diese Augen könnten italienisch sein oder griechisch.«
»Savannah ist ein Adoptivkind«, sagte Caroline.
»Ach so. Schließen Sie die Augen.« Juliette tuschte ihr die Wimpern. »Jetzt öffnen. Ich habe eine Freundin, die alle ihre Kinder adoptiert hat. Drei Jungs.«
»Wie alt sind sie?« Caroline hoffte, dass Juliette ihr nicht anmerkte, wie sehr sie an solchen Informationen interessiert war.
»Zwischen zehn und fünfzehn. Älter als Savannah. Meine Freundin ist sehr aktiv in allen möglichen Selbsthilfegruppen.«
Caroline hatte sich nie einer Adoptionsgruppe angeschlossen oder eine Beratung in Anspruch genommen, die ihr hätte helfen können, eine gute Adoptivmutter zu sein. Caroline hatte anfangs darauf gedrungen, dass sie entsprechende Kurse besuchten, aber Peter hatte sich geweigert. Für ihn zählte allein der gute Wille, Savannah vorbehaltlos anzunehmen, dann würde sie sich schon in die Schar ihrer Vettern und Kusinen einreihen, als stammte sie aus derselben Familie.
»Läuft es denn gut? Bei Ihrer Freundin?«, fragte Caroline.
Juliette trug einen Hauch Rouge auf Carolines Wangen auf. Der Effekt war dezent, ein Schimmern wie das Innere einer Muschel. Morgenröte, hieß der Farbton. Juliette legte den Kopf schräg und trat einen Schritt zurück, um ihr Werk zu begutachten.
»Manchmal hat sie Probleme«, sagte Juliette. »Sie kann sich fürchterlich aufregen, wenn Leute behaupten, Adoption sei ein genauso natürlicher Prozess, wie selbst ein Kind zur Welt zu bringen, und sollte genauso betrachtet werden. Sie meint, das lässt der Adoptivmutter keinen Raum, um über ihre speziellen Probleme zu reden.«
Caroline nickte, um Juliette zu ermuntern, weiterzureden.
»Nach allem, was ich von ihr so erfahre, ist mir klar geworden, dass eine biologische Mutter mit viel mehr Nachsicht behandelt wird. Uns gesteht man Kindbettdepressionen zu und alles Mögliche. Sie als Ärztin kennen das ja.«
»Ich bin Pathologin. Ich habe mehr mit Gewebeproben zu tun als mit Menschen. Ich glaube, so habe ich das noch nie betrachtet.« Caroline umklammerte die Stuhllehnen. »Aber Sie haben recht.« Peters Schwestern beklagten sich unaufhörlich über ihre Kinder, während Caroline sich bei diesen Gesprächen immer sehr bedeckt hielt.
»Ganz genau. Man tut so, als müssten Adoptiveltern dankbar sein, überhaupt ein Kind abbekommen zu haben, dass sie kein Recht haben, sich zu beklagen.«
10. Kapitel – Tia
Tia blieben weniger als zehn Minuten, bis Bobby kam zu ihrem … Gott, es war ein Date, dieses Abendessen am Samstagabend, oder? Bobby hatte sie eingeladen. Oder eher bestochen – mit der zugegeben verlockenden Aussicht, sie irgendwo außerhalb von Southie oder Jamaica Plain auszuführen. Aber sie wusste auch nicht, warum sie sich darauf eingelassen hatte – warum sie sich von der simplen Tatsache, dass er sie nach Hause gefahren hatte, dazu hatte verleiten lassen, die Tür zu einer möglichen Beziehung, die sie verriegelt und verrammelt hatte, wieder zu öffnen. Aber nun war es geschehen.
Es war lange her, seit jemand sie zärtlich berührt hatte. Das war einer der Gründe, warum sie die Schwangerschaft in so guter Erinnerung hatte. Sie war zwar isoliert gewesen, aber nicht allein.
In der Juninacht, in der Honor gezeugt wurde – und Tia war sich ganz sicher, dass es in jener Nacht passiert war –, hatte sie ein weißes Leinenkleid getragen, aus einem Stoff, der so zart und leicht war, dass es von jedem Windhauch aufgebauscht wurde. Ein breiter roter Gürtel hatte es in der Taille zusammengehalten. Ihre hochhackigen Riemchensandaletten hatten ihre Füße schön zur Geltung gebracht, die sie sich zum ersten Mal im Leben hatte pediküren lassen.
Sie waren die drei Stufen zu der versteckt gelegenen Kneipe hinuntergestiegen und am Eingang kurz stehen geblieben, bis ihre Augen sich an das schummrige Licht gewöhnt hatten. Das Lokal in einer Seitenstraße der Massachusetts Avenue in Cambridge hatte Tia jedes Mal überrascht, wenn sie es betrat. Wer rechnete denn auch in einem Viertel, das für seine Dichterlesungen bekannt war, mit einer winzigen Tanzfläche und Kellnerinnen mittleren Alters in schwarzen Kunstseidenröcken und weißen
Weitere Kostenlose Bücher