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Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)

Titel: Das Band der Wünsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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Schoko-Walnuss-Torte – ein Wunder aus seidiger schwarzer Schokolade und Matze.
    Gizi nahm nacheinander Max’ und Lucas’ Gesicht in die Hände, musterte die Jungen einen Moment lang und küsste sie auf beide Wangen. Dann wandte sie sich Juliette zu.
    »Meine Liebe.« Gizi strahlte Juliette an, als wäre sie eine Heilsbringerin. »Lass dich ansehen. Szép . Wie schön du bist. Mein Sohn ist der größte Glückspilz auf der Welt.«
    Juliette beugte sich zu ihrer Schwiegermutter hinunter und gab ihr einen Kuss auf die flaumige Wange. Gizis Haut war fast faltenfrei, obwohl sie nur Vaseline und irgendwas Selbstgepanschtes, wie sie es nannte, für ihr Gesicht benutzte. Juliette schenkte ihr Fläschchen und Tiegel mit juliette&gwynne -Produkten, aber Gizi reihte sie einfach nur wie Skulpturen auf den Glasregalen in ihrem Badezimmer auf.
    »Meine Liebe«, sagte sie jedes Mal. »Wie elegant! Sieh nur, wie schön!« Für ihre Gesichtspflege hielt sich Gizi allerdings lieber an die Weisheiten, die ihr von ihrer Mutter überliefert worden wa ren. Trage im Freien stets einen Hut. Kreme deine Haut mit Vase line ein, wenn die Luft feucht ist. Gizi hatte Juliette zu ihrer Geschäftsidee inspiriert: Als sie und Nathan knapp bei Kasse waren, hatte Gizi ihr geraten, eine Mischung aus Honig und Avocado mit einem bisschen Olivenöl auf ihr Gesicht aufzutragen.
    »Mama.« Nathan umarmte seine Mutter herzlich. Er liebte seine Eltern heiß und innig. Nachdem er Gizi losgelassen hatte, stellte er sich hinter Juliette und drückte ihre Schultern. »Wird meine Frau nicht jedes Jahr schöner?«
    Nathans Hände lagen auf ihr wie Bleigewichte.
    »Alles in Ordnung, meine Liebe?« Gizi legte die Stirn in Falten und musterte Juliette besorgt.
    »Wem geht’s nicht gut?« Avraham kam herein, während er sich mit einem Handtuch die Hände abtrocknete. »Ah, meine Jungs!« Er nahm Lucas in die Arme wie ein Bär und gab Max einen schmatzenden Kuss.
    »Es geht allen gut.« Gizi nahm die beiden Jungs in ihre Obhut. »Kommt. Das Wohnzimmer ist schon hergerichtet.«
    Hergerichtet hieß, dass Avraham Beistelltischchen neben die bequemen Klubsessel platziert hatte, beladen mit Limonade, die Juliette ihren Söhnen nie erlaubt hätte, und Schokolade und Nüssen, die bei ihnen zu Hause vor dem Essen tabu waren.
    »Kann ich dir mit irgendwas helfen?«, fragte Juliette.
    »Du kannst mir Gesellschaft leisten, während ich hier den Rest erledige.« Gizi nahm Avraham das Handtuch ab. »Und du machst mit deinem Sohn vor dem Abendessen einen kleinen Spaziergang.«
    Offenbar fürchtete Gizi, dass Avraham zu viel essen würde und sein Blutzuckerspiegel durcheinandergeriet, wenn er sich nicht ein bisschen bewegte.
    »Komm, Papa.« Nathan legte ihm einen Arm um die Schulter. »Lass uns verschwinden, solange wir noch dürfen.«
    In der Küche stapelten sich schmutzige Töpfe und Schüsseln auf jeder freien Fläche. Juliettes Schwiegereltern hatten nichts an dem Haus geändert, seit sie es gekauft hatten – und da war Nathan gerade einmal zehn gewesen. Gizi hatte eine Abneigung gegen Veränderungen. Jedes Mal, wenn Avraham eine Renovierung vorgeschlagen hatte, hatte sie nur abwehrend eine Hand gehoben und gesagt: »Demnächst wirst du auch noch mich renovieren wollen!«
    »Also, was ist los?« Gizi drückte Juliette einen Schwamm in die Hand. »Reich mir doch bitte die Weingläser aus dem Regal. Wir müssen den Staub entfernen, der sich seit dem letzten Pessachfest angesammelt hat.«
    Gizis überkorrekte Ausdrucksweise, so unverändert wie ihr Haus, spiegelte das Englisch aus den Kursen für Immigranten wider, an denen sie vor langen Jahren am Brooklyn College teilgenommen hatte. Juliette zog die alte metallene Trittleiter an den Küchenschrank heran und reichte die kostbaren Ajka-Kristallgläser hinunter. Ihre Schwiegereltern hatten das ungarische Kristall nach und nach angeschafft. Juliette fand das wenig einleuchtend. Zuerst flohen die Leute aus ihrer Heimat vor der Verfolgung, dann verwandelten sie ihre Häuser in Museen voller Erinnerungsstücke aus ihren Ländern. Nathan nannte es die Macht der kognitiven Dissonanz.
    Vielleicht traf der Begriff der kognitiven Dissonanz auch auf Juliettes Ehe zu. Ihre Liebe zu Nathan kollidierte mit dem schmerzhaften Wissen um Tias Existenz. Sie hatte die dunkle Seite ihrer Ehe nur übertüncht.
    Gizi tauchte ein Glas nach dem anderen in das heiße Essigwasser in der kleinen Plastikschüssel, die sie in die Spüle gestellt

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