Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Banner des Roten Adlers

Das Banner des Roten Adlers

Titel: Das Banner des Roten Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
Vom Netzwerk:
König fest genug auftritt, muss
er sich ihm fügen. Und Sie üben sich in Geduld und halten Ihre Zunge im Zaum, bis
die Sache entschieden ist, haben Sie verstanden?«
»Ja. Eine Frage, Herr Graf: Steckt Baron Gödel
hinter dem Attentat auf Prinz
Wilhelm?« »Wie?« »War er es?«
    »Mit Sicherheit nicht! Die Idee ist absurd. Der Mann ist eine Landplage, aber ein
getreuer Diener der Krone. Verschwenden Sie Ihre Zeit nicht mit leeren Spekulationen. In zehn Minuten - jetzt noch acht. Seien Sie pünktlich.«
    Jim klopfte sich nachdenklich mit einem Finger an die Zähne, dann schlenderte er
den Weg hinunter zum Grünen Amtszimmer, wo die Geschäfte der königlichen
Hofhaltung besprochen wurden.
    Gerade zum festgesetzten Zeitpunkt ging die Tür auf und ein dunkel gekleideter
Hofbeamter winkte ihm
einzutreten.
Das
Zimmer
war
mit
Plüschbezügen
und
Fransen dekoriert; auch die übrige Ausstattung, der imposante Schreibtisch und die
Stühle mit den sich nach unten verjüngenden Beinen, machte einen pompösen
Eindruck.
    König Rudolf saß hinter dem Schreibtisch. Er trug die Uniform des wohl einzigen
schlicht gekleideten Regiments des Landes. Jim verneigte sich. Rechts neben dem
König stand der Graf und ein wenig abseits Baron Gödel.
    »Danke, dass Sie gekommen sind, Taylor«, sagte der neue König. Er sah blass und
verstört aus und sprach mit leiser Stimme, als bekäme er nicht genug Luft. Gödel
begann, einschmeichelnd
zu
reden.
»Herr
Taylor, Seine Majestät
hat
mir
sein
Ansinnen mitgeteilt, Ihnen eine höhere Stellung bei Hof zu verschaffen. Um ganz
offen zu sein, ich habe ihm davon abgeraten. Wir wissen nichts über Sie, außer dass
Sie noch sehr jung sind, eine Vorliebe für windige Gefährten und keinerlei Verbindung zu unserem Land besitzen. Sie sind, wie mir scheinen will, des Geldes
wegen hier. Wie können wir glauben, dass Sie widerstehen, wenn eine feindliche
Macht Sie mit dem Angebot lockt, gegen eine höhere Summe Seine Majestät zu
verraten? Ein Raskawier, der unter der Adlerfahne geboren wurde, hätte unser Vertrauen. Aber ein Ausländer ...«
    Rudolf zuckte zusammen; es war seine Entscheidung, die hier in Frage gestellt
wurde. Graf Thalgau warf Jim funkelnde Blicke zu, doch vergebens, in Jim kochte der
Zorn hoch.
»In der Tat«, sagte er, »ich bin Ausländer. Ich bekenne mich auch hinsichtlich der
anderen Anklagepunkte schuldig: Ja, ich bin jung und nicht von adliger Geburt. Ich
fühle mich wohl in der Gesellschaft von Gaunern, Künstlern und Vagabunden. Was
den Vorwurf der Käuflichkeit betrifft, so gebe ich zu, dass ich bei meiner ersten
Begegnung Seiner Majestät, damals noch Seiner Königlichen Hoheit, meine Dienste
als Privatdetektiv anbot. Wir gaben uns darauf die Hand und dieser Handschlag ist
mein Ehrenunterpfand, denn ich bin nicht irgendein Ausländer, ich bin Engländer,
jawohl, und ich danke Ihnen, mich daran erinnert zu haben. Ich bin nicht durch
Verträge geknebelt oder durch Drohungen einzuschüchtern und ich lasse mich nicht
mit Gold kaufen. Ich habe mich aus freien Stücken gegenüber dem König und der
Königin zur Loyalität verpflichtet und bin bereit, mein Leben dafür zu geben, und
gnade Gott dem, der daran zweifelt.«
Der Graf platzte vor Ungeduld, etwas zu sagen, der König sah ängstlich aus, doch ein
Lächeln der Dankbarkeit huschte über sein Gesicht. Dann blickte er Gödel nervös an.
    Der Oberhofmeister
verneigte
sich
leicht.
»Selbstverständlich
kann
ich
Eurer
Majestät nur Ratschläge geben«, sagte er zu Rudolf. »Wenn es der Wunsch Eurer
Majestät
ist,
können
wir
eine
Stellung
für
Herrn
Taylor
schaffen,
etwas
Zeremonielles wäre sicherlich angebracht. Mit Eurer Thronbesteigung fallen die
Mitarbeiter
und
das
Gefolge
Eurer
Majestät
in
den
Zuständigkeitsbereich
des
Oberhofmeisters. Herr Taylor ist damit wie alle anderen Hofbediensteten direkt mir
verantwortlich.
Wenn
Eure Majestät
wünschen,
werde
ich
etwas
Passendes
arrangieren.« »Schön«, sagte Rudolf gequält. »Kümmern Sie sich darum, Baron.«
Gödel lächelte; es schien, als ob sich Öl auf einer Wasserpfütze ausbreitete.
Jim beachtete ihn gar nicht, sondern verneigte sich vor dem König.
     
»Majestät, mein aufrichtiges Beileid«, sagte er knapp, »ich werde Ihnen und Ihrer
Majestät der Königin nach Kräften dienen.«
     
»Ich weiß, dass ich mich auf Sie verlassen kann, Taylor. Vielen Dank.«
     
Jim verließ den Raum. Draußen hielt er an und schüttelte den Kopf.
    Du Narr, sagte er zu sich selbst. Du

Weitere Kostenlose Bücher