Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
zurückzuschicken.
    »Wollen Sie nicht die Fensterläden öffnen?«
    »Ich glaube, es ist besser, man faßt nichts an.«
    Sie fühlte sich schuldig. Als sie daran dachte, wie schlecht sie geschlafen hatte, war sie jetzt fast sicher, daß sie für den Musiker zweimal an der Schnur gezogen hatte, mit der sie die Haustür öffnen konnte.
    »Können Sie einen Augenblick hierbleiben?«
    Sie ging hinauf in den fünften Stock und weckte den Akkordeonspieler, der sich mit ihr zuerst nur durch die geschlossene Tür unterhielt.
    »Entschuldigen Sie die Störung. Es ist hier bei uns etwas passiert, und ich muß wissen, wann Sie nach Hause gekommen sind.«
    »Ungefähr um halb drei, Madame Jeanne.«
    Sie ging wieder zu den anderen, die im dritten Stock auf der Treppe warteten. Ein Polizist kam auf einem Fahrrad und kurz darauf Sardot.
    »Niemand darf in die Wohnung. Ich habe meine Vorschriften. Sind Sie die Concierge? Gehen Sie in Ihre Loge zurück und lassen Sie niemanden ins Haus. Ich meine, niemanden, der hier nichts zu suchen hat.«
    Es kam nicht der Inspektor, der zuvor dagewesen war, sondern ein dicker Mensch, der sich in ihrer Loge breitmachte und dessen Fragen bewiesen, daß er keine Ahnung hatte von dem, was hier vorgefallen war.
    »Die Kriminalpolizei ist schon verständigt. Sie müssen jeden Augenblick hier sein.«
    Es war auch nicht Monsieur Beaupère, der in seinem Häuschen in Puteaux sicherlich noch schlief.
    Mit einem Wagen kamen erst einmal vier Männer, die mit ungeheuren Gerätschaften bewaffnet waren, zweifellos zum Fotografieren, dann, eine Viertelstunde später, als die ersten schon oben waren und einen Riesenradau veranstalteten, noch zwei andere mit dem Taxi.
    »Sind Sie die Concierge? Kommen Sie mit nach oben.«
    Endlich! Sie hatte genug gelitten, weil sie unten bleiben mußte, während Fremde bei Monsieur Bouvet herumhantierten. Sie bekam einen roten Kopf, als sie sah, was die da alles machten.
    Die drei Fenster standen weit auf. Ein Fotoapparat, der größer und schwerer war, als sie je bei irgendeinem Fotografen gesehen hatte, stand auf einem dreibeinigen Stativ. Aus dem Schrank hatten sie Monsieur Bouvets Kleidungsstücke geholt und sie im ganzen Zimmer ausgebreitet.
    »Wie war er angezogen, als er starb?«
    Sie deutete auf die cremefarbene Jacke und die graue Hose. Als sie sich im Zimmer umsah, stieß sie einen Schrei aus. Sie hatten die Matratze herausgezogen, und die Leiche lag jetzt direkt auf den Sprungfedern, ohne Bettuch, ohne alles.
    In einer Ecke des Zimmers saß ein Mann auf einem Stuhl. Mit halblauter Stimme zählte er Goldstücke.
    »Wieviel?«
    »Ich bin bei neunhundert, Chef. Es sind aber noch ein paar da.«
    Und er zählte weiter und bewegte dabei die Lippen.
    Das Gold stammte aus der Matratze. Sie war wohl schon vor dem Eintreffen der Polizei aufgeschlitzt worden, da die Concierge einige Federn bemerkte, die nirgendwo sonst herkommen konnten.
    Zwei der Männer waren damit beschäftigt, die Leiche wie eine Kleiderpuppe anzuziehen. Als ihre Arbeit beendet war, nahm einer von ihnen sie mir nichts, dir nichts über die Schulter und trug sie hinüber in den hellen Salon.
    »Wie oft haben Sie heute nacht an der Schnur gezogen?«
    »Nur ein einziger Mieter ist nach Hause gekommen, nachdem ich zu Bett gegangen war.«
    »Ich frage Sie, wie oft Sie an der Schnur gezogen haben.«
    »Einmal.«
    »Sind Sie sicher?«
    Sie blickte hinüber zu Monsieur Bouvet, den sie gerade auf einen Stuhl vor dem Fotoapparat plazierten, und sie hatte nicht den Mut zu lügen.
    »Ich bin nicht ganz sicher. Ich habe schlecht geschlafen. Es war so heiß. Ich habe geträumt. Nachdem ich an der Schnur gezogen hatte, bin ich wieder eingeschlafen, und später, als ich wieder aufwachte, hatte ich den Eindruck, daß es noch zu früh war.«
    »Zu früh wofür?«
    »Ich meine, daß Monsieur Francis noch nicht zu Hause sein konnte.«
    »Und Sie haben ihm die Tür noch einmal aufgemacht?«
    »Das weiß ich ja eben nicht mehr. Ich habe versucht, mich zu erinnern. Vielleicht habe ich es ganz in Gedanken getan. Das wird einem ja zur Gewohnheit.«
    »Wo wohnt er?«
    »Monsieur Francis? Im fünften Stock links. Er ist gerade wieder nach oben gegangen.«
    Es wurde jemand hinaufgeschickt, der ihn vernehmen sollte.
    »Steht in diesem Zimmer alles ungefähr so, wie Sie es gestern gesehen haben?«
    »Ungefähr.«
    Sie blickte unruhig um sich und versuchte dabei, nicht zu Monsieur Bouvet hinzusehen, der auf seinem Stuhl fast lebendig

Weitere Kostenlose Bücher