Das Begräbnis des Monsieur Bouvet
Diese Gesellschaft existiert immer noch, und ich bin ihr jetziger Präsident. Die Firma trägt den Namen Ouagi-Minen GmbH. Cornelius ist unser Rechtsberater.«
Dieser mußte wohl verstanden haben, denn als Zeichen der Bestätigung nickte er mit dem Kopf.
»Es stellte sich heraus, daß die Mine gut war, wenn auch nicht direkt überragend. Es war nicht so, daß sie uns alle reich gemacht hätte, aber es war doch eine rentable Sache. Die Mine mußte nur richtig ausgebeutet werden. Fünf Jahre lang- fünf Jahre war ich mit Marsh dort unten – war es das schwierigste Problem, genügend Arbeiter auszubilden und sie dann auch zu behalten. Im sechsten Jahr fuhr ich mit seiner Zustimmung nach Belgien zurück, um das Büro der Gesellschaft zu leiten. Während er noch da war, hatte ich dann nur noch einmal Gelegenheit, in den Kongo zurückzukehren.«
»Wußten Sie, daß er verheiratet war?«
»Ich habe seine Frau sogar gesehen. Ein zauberhaftes Geschöpf. Vielleicht nicht sehr umgänglich, aber zauberhaft. Wie sie heute aussieht, weiß ich nicht, aber damals drehten sich alle nach ihr um.«
»Liebte er sie?«
»Pardon? Verzeihen Sie, aber man sieht, daß Sie sie nicht kannten. Ich habe mich sogar gefragt, ob er nicht in den Kongo gegangen ist, um vor ihr zu fliehen, vor ihr und ihresgleichen. Er gab ihr so viel Geld, wie sie wollte, nur um seine Ruhe zu haben. Sie ihrerseits war glücklich damit, lebte in den teuersten Hotels Europas und leistete sich jeden Luxus.«
»Hat er Ihnen nie von seiner Tochter erzählt?«
»Ich glaube, sie interessierte ihn nicht. Er mochte die milchkaffeebraunen Babys lieber, die ihm seine eingeborenen Gefährtinnen schenkten. Zum Schluß war er ziemlich heruntergekommen, und kein Schwarzer hätte noch den Hut für ihn aufgehoben.«
»Und was wissen Sie von seinem Verschwinden?«
»Zu Anfang machten wir uns keine Sorgen, weil wir dachten, er kommt jeden Tag zurück. Es ist da unten ziemlich schwierig zu erfahren, was aus den Leuten geworden ist. Nichts ließ auf einen Unfall schließen, aber auch nichts darauf, daß er aus freien Stücken verschwunden war.
Erst nach zwei Jahren wurde ich unruhig und schöpfte Verdacht. Ich wandte mich an eine amerikanische Agentur, um mehr über ihn zu erfahren. In seinen Papieren stand, daß er in Santa Cruz geboren war, in Kalifornien, in der Nähe von San Francisco. Ich wußte, daß er in dieser Stadt gelebt hatte. Die Agentur verlangte sehr viel Geld für die Auskunft, daß kein Marsh jemals in Santa Cruz geboren worden war, auch nicht in der Umgebung, und daß sich der Mann offensichtlich einen falschen Namen zugelegt hatte.«
Cornelius de Greef schien dem Gespräch einigermaßen folgen zu können, denn er begann unruhig zu werden.
»Sie werden mich jetzt sicher fragen, warum wir damals nicht an die Öffentlichkeit gegangen sind. Bedenken Sie aber bitte, daß uns das ja nichts anging. Unsere Gesellschaft ist eine Aktiengesellschaft, deren Aktienmehrheit einem gewissen Samuel Marsh gehört.
Diese Aktien haben wir uns nicht etwa angeeignet. Sie sind bei einer Bank auf seinen Namen hinterlegt, den einzigen, den wir kannten, und die Zinsen sind jedesmal auf ein Sperrkonto überwiesen worden.
Mrs. Marsh hat versucht, uns Schwierigkeiten zu machen. Sie wollte mit aller Gewalt an das Geld heran. Mindestens drei Rechtsanwälte hat sie eingeschaltet.
Aber alle mußten zugeben, daß unser Vorgehen korrekt war.
Und Sie werden zugeben müssen, daß es nicht unsere Sache war, dieser Dame mitzuteilen: ›Marsh ist nicht Marsh, und Sie sind also nicht Mrs. Marsh …‹
Wir haben gewartet, Herr Direktor. Sie sehen, wir haben gut daran getan.
Der Rest ist Sache der Gerichte. Ich nehme an, Sie müssen nun herausfinden, wer Samuel Marsh wirklich war und warum er verschwunden ist.
Wenn wir das dann wissen, wird Cornelius mit unseren Büchern vor Gericht erscheinen, und wir werden über die Sache verhandeln.«
Er zog ein Taschentuch aus der Tasche, wischte sich umständlich die Stirn und schnippte die Asche, die von seiner Zigarre herabgefallen war, von seiner Jacke.
»Haben Sie den Bericht der amerikanischen Agentur bei sich?«
Costermans wandte sich auf flämisch an Cornelius, der die auf seinen Knien liegende Aktentasche öffnete und einen gelben Aktendeckel herauszog.
»Hier sind Fotokopien. Sie werden verstehen, daß wir die Originale nicht aus der Hand geben können. Sie finden hier die Antwort der Gemeindeverwaltung von Santa Cruz, ebenso die
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