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Das Beil von Wandsbek

Das Beil von Wandsbek

Titel: Das Beil von Wandsbek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Zweig
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Ruckstuhl strahlte, als Herr Footh, Unteroffizier Footh, von der Wirtschaftsabteilung Ober-Ost, in sein Zimmer trat. Seit wann denn die Anneliese bei ihm arbeite, fragte er, daß der alte Blüthe sie nicht schon viel früher zusammengebracht habe. – Ja, die Weimarer Schmach mit ihrer Demobilisierung hatte zahllose Bande zerrissen, alte Kameraden auseinandergefetzt, die nicht einmal das Reichsamt für Kriegsgräberfürsorge wieder zusammenbrachte, unter welchem Namen der schlaue Seeckt die Wiederherstellung der alten Stammrollen und Verbände getarnt hatte. Ja, jetzt blühte eine andere Zeit, herrschten andere Sitten, und wenn er dem einstigen Kameraden Footh irgendwie zu nützen vermochte – natürlich innerhalb der legalen Belange –, so sollte Reeder Footh nur über den Prokuristen Ruckstuhl verfügen. Solche Rede hatte Hand und Fuß – Annelieses Hand und Fuß – dachte Herr Footh, und dann begann er darzulegen, was ihn nach Berlin brachte und nicht vorwärts kommen ließ. Herr Ruckstuhl blickte prüfend drein, indes er sich anhörte, was Herr Footh schon unternommen hatte. Natürlich sollte der kleine Reeder diese Schiffe haben, nicht Woermann oder Hapag. Er brauchte nur die Verpflichtung einzugehen, sie außer als Tanker auch als Truppentransporter auszubauen, für »Kraft durch Freude« natürlich und ihre proletarische oder arbeitsfrontliche Reisegesellschaft. Diese Verpflichtung würde Herr Footh im Reichsmarineministerium unterschreiben müssen, und den Weg dorthin ebnete ihm ein Telephonat der Arbeiterbank,die schon lange in Fragen dieser Art mit Abteilung 3B zusammenarbeitete. Es mußte nur ein Grund gefunden werden, gerade den PG. Footh zu bevorzugen, wenn in Hamburg selber Mitbewerber, wie nicht zu bezweifeln war, höhere Preise bieten wollen. »Da liegt der Hund begraben«, sagte Herr Footh, »mit Woermann oder Wullenweber kann ich nicht mitbieten.« Genau in diesem Augenblick meldete sich auf dem Haustelephon eine helle, liebenswürdige Stimme, Fräulein Blüthe fragte, ob sie die Herren einen Augenblick stören dürfe, mit einem just eingelaufenen Telegramm nämlich, das sie ihrem Chef sofort vorlegen müsse. Sie trat ein, frisch und reizend, von Herbstwind umweht gleichsam, ohne falsche Schüchternheit oder Vertraulichkeit, und erntete die behaglichen, fast väterlichen Blicke des glattrasierten, grauhaarigen Herrn Ruckstuhl, der es seinem Geheimrat mit Erfolg nachmachte, jovial zu sein. »Hätte Lenz auch selber entscheiden können«, murmelte Footh mit gerunzelten Brauen. »Melden Sie hernach Hamburg an, Fräulein Blüthe, Blitzgespräch oder dringend.« Herr Ruckstuhl stellte ihm seine Apparate und einen Raum zur Verfügung, in dem er völlig ungestört seinem wichtigen Dienst an der Wehrwirtschaft nachgehen könne. »Ihr Reichsstatthalter ist unser Landsmann, meiner und Fräulein Blüthes nämlich, und auch des Herrn Propagandaministers, und wenn wir etwas fänden, was Sie über die anderen Bieter hinweghebt, lieber Parteigenosse, könnte es flecken ...« – »Hm«, machte Herr Footh, die Augen gedankenvoll in den gelbbraunen, durchschnittlichen Augen Herrn Ruckstuhls, »dergleichen könnte sein.« Fräulein Blüthe aber, bevor sie das Zimmer verließ, um nebenan das Hamburger Bureau anzurufen, lächelte vorwurfsvoll, ihr Herr Chef sollte nicht so bescheiden sein und die Fuhlsbütteler Geschichte ganz außer acht lassen. Und da entschloß sich Hans Footh zu sprechen. Er wußte genau, es war ein Wagnis; vielleicht wollte Herr Ruckstuhl an die alten Vorkommnisse nicht erinnert sein, vielleicht verdarb diese Geschichte alles. Aber da Anneliese nun einmal den Würfel geworfen hatte, legte sich Herr Footh behaglich im Sessel zurück, kreuzte die Beine, sog an seiner Pfeife und berichtete, wie er vor ein paar Wochen die Hamburger Justiz aus einer großen Verlegenheit gerettet hatte, dadurch, daß er demFuhlsbütteler Zuchthausdirektor dazu verholfen hatte, endlich einen Stellvertreter für Herrn Dencke aus Magdeburg zu finden, vier Todesurteile zu vollstrecken, vier Zellen freizumachen und möglicherweise den Besuch des Führers in Hamburg zu empfangen. »Und damit halten Sie hinter dem Berg?« fragte Herr Ruckstuhl entgeistert. »Das ist ja großartig. Damit haben Sie doch beim Reichsstatthalter gewonnenes Spiel. Wenn wir das im Propagandaministerium an die richtige Stelle leiten, schlagen Sie doch jeden Bewerber. Wer war denn Ihr Ersatzmann? Kann er sich sehen lassen?« – »Ein alter Kamerad

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