Das Bernstein-Teleskop
einer anderen Welt. Um Euch das zu erzählen, brauche ich etwas länger.«
»Dann fangen Sie an.«
Und so berichtete Serafina ihm, wie Lee Scoresby ausgezogen war, den Mann zu finden, der als Stanislaus Grumman bekannt gewesen war. Sie erzählte ihm, wie Lord Asriel die Grenze zwischen den Welten durchbrochen und was für Folgen das gehabt hatte - zum Beispiel das geschmolzene Eis. Die Königin vergaß auch nicht zu erwähnen, wie die Hexe Ruta Skadi hinter den Engeln hergeflogen war, und stellte ihm die Engel so dar, wie Ruta sie ihr beschrieben hatte: das Licht, das von ihnen ausging, die kristalline Klarheit ihrer Erscheinung und ihre tiefe Weisheit.
Dann beschrieb die Hexenkönigin, was sie vorgefunden hatte, als sie Lees Notruf folgte.
»Ich habe einen Zauber über seine Leiche gesprochen, der verhindert, dass sie verwest. Der Zauber wirkt, bis Ihr ihn gesehen habt, wenn ihr das wollt. Sein Tod verunsichert mich zutiefst, König Iorek, mehr als alles andere.«
»Wo ist das Kind?«
»Ich habe sie bei meinen Schwestern zurückgelassen, als ich Lees Ruf folgen musste.«
»In derselben Welt?«
»So ist es.«
»Wie komme ich von hier aus dorthin?«
Sie erklärte es ihm. Iorek Byrnison hörte mit ausdrucksloser Miene zu, dann sagte er: »Ich werde zu Lee Scoresby gehen und dann nach Süden aufbrechen.«
»Nach Süden?«
»Bei uns ist das Eis geschmolzen. Ich habe viel darüber nachgedacht, Serafina Pekkala, und ein Schiff gemietet.«
Die drei kleinen Füchse warteten geduldig. Zwei hatten sich hingelegt und beobachteten, den Kopf auf die Pfoten gebettet, die Hexe und den Bären, der dritte folgte sitzend ihrem Gespräch. Polarfüchse waren Aasfresser, doch konnten sie einige Sprachbrocken verstehen. Ihr Gehirn vermochte aber nur Aus sagen in der Gegenwart zu verarbeiten. Das meiste von dem, was Iorek und Serafina sagten, blieb daher für sie bedeutungslose Laute. Wenn sie selbst etwas sagten, logen sie außerdem meistens, weshalb es nicht weiter schlimm war, wenn sie etwas wiederholten, das sie aufgeschnappt hatten. Niemand wusste ja, ob es stimmte. Nur die leichtgläubigen Klippenalpe nahmen fast alles von ihnen für bare Münze, erlebten dann unangenehme Überraschungen und lernten doch nie etwas daraus. Bären und Hexen waren es jedenfalls gewohnt, dass die Füchse sich an ihren Gesprächen ebenso gütlich taten wie an dem Fleisch, das sie übrig ließen.
»Und Sie, Serafina Pekkala?«, fragte Iorek. »Was gedenken Sie zu tun?«
»Ich suche die Gypter«, antwortete Serafina. »Ich glaube, dass wir sie noch brauchen werden.«
»Lord Faa«, sagte der Bär. »Ja. Sie kämpfen hervorragend. Alles Gute.«
Er drehte sich um, glitt lautlos ins Wasser zurück und schwamm unermüdlich rudernd los, in die Richtung der neuen Welt.
Einige Zeit später schob Iorek Byrnison sich durch das verkohlte Gebüsch und die in der Hitze geborstenen Felsen am Rand des verbrannten Waldes. Die Sonne stach sengend durch den rauchgeschwängerten Dunst auf ihn herab, doch beachtete er die Hitze genauso wenig wie den Kohlestaub, der sein weißes Fell schwärzte, und die Mücken, die vergeblich nach einer bloßen Stelle suchten, in die sie stechen konnten.
Iorek hatte einen langen Weg hinter sich, und an einer Stelle der Reise war er schwimmend von der einen in die andere Welt gelangt. Der Bär hatte den Wechsel am Geschmack des Wassers und an der Temperatur der Luft bemerkt. Doch ließ sich die Luft genauso gut einatmen und auch das neue Wasser trug seinen Körper, und so war er einfach weitergeschwommen. Zuletzt hatte der König das Meer verlassen und war an dem Ort angelangt, den Serafina Pekkala ihm beschrieben hatte. Er sah sich um, starrte mit seinen schwarzen Augen auf die in der Sonne flimmernden Felsen und die schroffe Kalksteinwand über ihm.
Der mit schweren Felsbrocken und Geröll bedeckte felsige Hang zwischen dem verbrannten Wald und den Bergen war mit Metallteilen übersät, die sich in der Hitze verbogen hatten - Träger und Streben, die zu einer großen Maschine gehört hatten. Iorek Byrnison betrachtete sie mit dem Auge des Kriegers und Schmiedes, doch fand er nichts Brauchbares darunter. Er kratzte mit einer gewaltigen Klaue eine Rille in eine Strebe, die vergleichsweise unbeschädigt war, doch das Metall fühlte sich spröde an. Der Panzerbär wandte sich sofort wieder ab und ließ den Blick suchend über die Wand vor sich wandern.
Dann fand er, was er suchte: den Eingang zu einer engen Schlucht
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