Das Bernstein-Teleskop
»Meri.«
»Wer bist du?«, fragte sie.
»Bistu?«, kam die Antwort.
»Ich bin ein Mensch«, sagte sie.
»Bineimesch«, sagte das Tier, und dann geschah etwas noch Seltsameres: Die Tiere lachten.
Sie kniffen die Augen zusammen, schwenkten die Rüssel, warfen die Köpfe hin und her, und aus ihren Kehlen kamen unmissverständlich glucksende Laute. Mary konnte nicht anders, sie musste mitlachen. Ein anderes Tier trat vor und berührte mit seinem weichen, mit Borsten besetzten Rüssel ihre Hand. Mary ließ es geschehen und streckte ihm dann auch die andere Hand hin.
»Ach so«, sagte sie, »ihr riecht das Öl aus der Samenkapsel!« »Samkapsl«, sagte das Tier.
»Wenn ihr die Laute meiner Sprache bilden könnt«, sagte Mary, »können wir uns eines Tages vielleicht sogar irgendwie verständigen.« Sie zeigte noch einmal auf sich. »Mary.«
Nichts geschah. Die Tiere beobachteten sie. »Mary«, sagte sie noch einmal.
Das ihr nächste Tier deutete mit dem Rüssel auf seine Brust und sagte etwas. Ein Wort mit drei Silben, oder waren es zwei gewesen?
Das Tier sagte das noch einmal, und Mary versuchte es nachzusprechen. »Mulefa?«
Die Tiere wiederholten mit ihrer Stimme »Mulefa« und lachten. Sie schienen sich über das Tier, das gesprochen hatte, lustig zu machen. »Mulefa!«, sagten sie wieder, als sei das ein wunderbarer Witz.
»Na ja, wenn ihr lacht, dann fresst ihr mich wenigstens nicht«, sagte Mary. Von da an war ihre Angst verflogen und sie fühlte sich in Gesellschaft dieser Wesen wohl.
Auch die Tiere waren beruhigt und wandten sich ihren eigentlichen Aufgaben zu. Schließlich waren sie nicht nur zufällig hergekommen. Mary sah, dass eins von ihnen eine Art Sattel oder Trage auf dem Rücken trug. Zwei andere hoben die Samenkapsel mit geschickten Bewegungen ihrer Rüssel hinauf und banden sie mit Riemen fest. Im Stehen hielten die Tiere sich mit den seitlichen Beinen im Gleichgewicht, beim Gehen verwendeten sie das Vorder- und das Hinterbein zum Lenken. Ihre Bewegungen wirkten anmutig und kraftvoll.
Eins der Tiere rollte zum Rand der Straße, hob den Rüssel und stieß einen trompetenähnlichen Schrei aus. Die in einiger Entfernung weidenden Tiere sahen alle zur gleichen Zeit auf und kamen langsam näher. An der Straße angekommen, blieben sie geduldig stehen, während die Tiere auf Rädern langsam zwischen ihnen hindurchfuhren und sie überprüften und zählten.
Dann langte eins mit dem Rüssel unter ein Weidetier und molk es. Anschließend rollte es zu Mary und hob den Rüssel zu ihrem Mund.
Mary wich zuerst unwillkürlich zurück, doch das Tier sah sie so erwartungsvoll an, dass sie sich vorbeugte und die Lippen öffnete. Das Tier ließ ein wenig von der süßen, dünnen Milch in ihren Mund laufen und sah zu, wie sie schluckte. Dann folgte ein weiterer Schluck und noch einer. Aus den Bewegungen des Tieres sprach eine solche Fürsorglichkeit, dass Mary spontan die Arme um seinen Kopf schlang und es küsste. Sie roch die warme, staubige Haut und spürte die harten Knochen darunter und die starken Muskeln des Rüssels.
Wenig später trompetete der Anführer der Gruppe wieder, und die Weidetiere zogen ab. Auch die Mulefa schickten sich an zu gehen. Mary freute sich, von ihnen so herzlich aufgenommen worden zu sein. Zugleich war sie ein wenig traurig, dass sie gingen. Doch dann geschah etwas Überraschendes.
Eins der Tiere kniete sich auf die Straße und machte ihr mit seinem Rüssel Zeichen. Auch die anderen schienen sie mit ihren Gesten zu etwas einladen zu wollen. Kein Zweifel: Sie boten ihr an, sie zu tragen und mitzunehmen.
Ein anderes Tier nahm ihren Rucksack und befestigte ihn auf dem Sattel eines dritten Tieres. Unbeholfen kletterte Mary auf den Rücken des knienden Wesens. Wo sollte sie ihre Beine hinschieben - vor die seitlichen Beine des Tieres oder dahinter? Und woran sollte sie sich festhalten?
Noch bevor sie eine Lösung gefunden hatte, erhob sich das Tier, und die Gruppe begann mitsamt Mary auf der Straße entlangzufahren.
...»denn es ist Will.«
Wodka
Balthamos spürte den Tod Baruchs in dem Augenblick, in dem er eintrat. Er begann laut zu schluchzen, stieg flügelschlagend in die Nacht über der Tundra auf und vertraute seinen Schmerz den Wolken an. Es dauerte lange, bis er sich wieder einigermaßen gefasst hatte und zu Will zurückkehren konnte. Der Junge war inzwischen hellwach und spähte, das Messer in der Hand, durch den feuchtkalten Nebel nach oben.
»Was
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