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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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platzieren sollten. Das Ergebnis war ein Feuer von ungewöhnlicher Stärke, das seine heißeste Glut auf einer Seite der Esse hatte.
    Die Hitze in der Höhle stieg unterdessen gewaltig an. Iorek fachte das Feuer weiter an und schickte die Kinder noch zweimal zum Holzholen, damit der Vorrat an Brennmaterial für den folgenden Schmiedevorgang ausreichte.
    Dann drehte der Bär auf dem Boden einen kleinen Stein um und erklärte Lyra, Steine dieser Art zu sammeln und herzubringen. Erhitze man solche Steine, entwickele sich ein Gas, das, wenn es die Schneide des Messers umhülle, die Luft von ihr fernhalte. Man müsse verhindern, dass das glühende Material mit Luft in Berührung komme, denn das Metall nehme die Luft auf und verliere dadurch an Härte.
    Lyra machte sich sogleich auf die Suche, und dank Pantalaimons Eulenaugen hatte sie bald ein Dutzend solcher Steine gefunden. Iorek zeigte ihr, wie und wo sie die Steine platzieren und wie sie mit einem belaubten Zweig so fächeln sollte, dass das Gas gleichmäßig über das Werkstück strömte.
    Will bekam die Aufgabe, das Feuer zu hüten. Iorek erklärte ihm genau, worauf dabei zu achten war. Im Wesentlichen kam es auf die richtige Platzierung an, und Iorek konnte sich während des Schmiedens nicht zurückhalten und musste alles selbst kontrollieren. Erst wenn der Junge die Grundsätze verstanden hatte, konnte er sie richtig anwenden.
    Allerdings dürfe er nicht erwarten, dass das Messer nach der Reparatur wieder genau wie vorher aussehen würde. Die Klinge würde kürzer sein, denn jedes Bruchstück müsse sich ein klein wenig mit dem anschließenden überlappen, damit beide Teile zusammengeschmiedet werden könnten. Durch die Oxidation der Oberfläche verlöre die Klinge etwas von ihrem Farbenspiel; und schließlich würde auch der Griff durch die Hitze in Mitleidenschaft gezogen werden. Doch die Schneide behielte ihre alte Schärfe und das sei schließlich die Hauptsache.
    Will beobachtete, wie die Flammen die harzhaltigen Zweige fraßen, und legte mit angesengten Händen und tränenden Augen immer neues Holz auf, bis die Hitze sich genau dort konzentrierte, wo Iorek sie haben wollte.
    Unterdessen schliff und hämmerte Iorek einen faustgroßen Stein zurecht, nachdem er mehrere andere verworfen hatte, weil sie nicht das passende Gewicht besaßen. Mit mächtigen Schlägen gab er ihm die gewünschte Form und polierte ihn dann. Der Korditgeruch der zerschmetterten Felsstücke verband sich mit dem Rauch und stieg den Spionen in die Nase, die alles von ihrer hohen Warte aus beobachteten. Auch Pantalaimon, der sich in einen Raben verwandelt hatte, half mit, indem er mit Schlägen seiner Flügel das Feuer anfachte.
    Schließlich hatte der Hammer die gewünschte Form. Iorek legte die ersten beiden Stücke der Klinge des Magischen Messers ins Zentrum des Feuers und befahl Lyra, das Steingas darüber zu fächeln. Der Bär, dessen langes weißes Gesicht gespenstisch vom Feuerschein erhellt wurde, beobachtete alles genau, und Will sah, wie die Oberfläche des Metalls erst rötlich, dann gelb und endlich weiß glühte.
    Iorek hielt sich bereit, die Stücke mit der Pfote aus dem Feuer zu holen. Nach einer Weile veränderte sich das Metall wieder, die Oberfläche glänzte hell und sprühte gleich einem Feuerwerk glühende Funken.
    Nun regte sich der Bär. Er stieß mit der rechten Pfote zu und griff erst ein Stück, dann das andere, hielt sie mit den Spitzen seiner kräftigen Krallen und legte sie auf die Eisenplatte, die den Rückenteil seiner Rüstung bildete.
    Will roch den Brandgeruch, der von den Krallen kam, doch Iorek achtete gar nicht darauf. Geschwind legte er die beiden Stücke so aneinander, dass sich die Ränder überlappten, und holte mit der linken Pfote zum Schlag aus. Die Messerspitze hüpfte unter der Gewalt des Hammerschlags, und Will dachte, dass sein ganzes weiteres Leben davon abhing, was nun in dem kleinen dreieckigen Metallstück geschah, je ner feinen Spitze, die nach den Lücken zwischen den Atomen suchte. Seine Nerven vibrierten und er spürte jedes Flackern der Flammen und jede Lockerung im innersten Gefüge des Metalls. Vor diesem Vorgang hatte er geglaubt, dass man nur mit einem großen Schmelzofen und hochentwickelten Werkzeugen eine solche Klinge hervorbringen könne; nun aber erkannte der Junge, dass eben das hier die geeigneten Werkzeuge waren und Iorek mit seiner Kennerschaft den besten Schmelzofen für diesen Zweck geschaffen hatte.
    Über dem Klang

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