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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Apothekers fest. Der konnte seine Verlegenheit nicht länger verbergen.
    »Ja«, raunte er, räusperte sich und erklärte dann mit festerer Stimme: »Vermutlich habt Ihr gehört, dass sein Vater ihn wegen der Prügelei mit einem kurfürstlichen Dragoner des Hauses verwiesen hat. Der persönliche Leibarzt von Friedrich Wilhelm kann so etwas nicht einmal bei seinem eigenen Sohn durchgehen lassen, geschweige denn, ihm dann auch noch unter seinem Dach die Wunden verarzten.«
    »Es ist schon eine Bürde, dieser Tage in Diensten des Kurfürsten zu stehen«, bemerkte Hedwig trocken und trottete kopfschüttelnd zum Herd hinüber, griff nach dem Eisenhaken und schürte das Feuer.
    »Seltsam«, mitten im Tun hielt sie inne, richtete sich halb auf und schaute in die Flammen, »den Geruch des verbrannten Bernsteins werde ich wohl mein Lebtag nicht mehr aus der Nase kriegen. Wie konnte der Bursche Carlotta das antun? Sie liebt ihn doch von ganzem Herzen. Dabei hat er sie gar nicht verdient. Andererseits: Ein so kluges Kind wie sie wird nicht den Fehler begehen, dem Falschen ihr Herz zu schenken.«
    »Was sollen wir jetzt nur tun?« Ratlos sah Marietta zwischen Steutner und Pantzer hin und her. Ob sie Hedwigs Worte überhaupt wahrgenommen hatte, war ihr nicht anzumerken. »Ausgerechnet jetzt, da die Ungefährlichkeit der Rezeptur feststeht, sind weder Magdalena und ihre Tochter noch Helmbrecht zur Stelle. Und keiner weiß, wo sie sind, oder wenigstens, wann sie wieder zurückkehren.«
    Matt sank sie auf einen Stuhl am Tisch, strich mit der flachen Hand fahrig über das Holz der frisch gewachsten Platte.
    »Eins zumindest weiß ich.« Der junge Apotheker hatte wieder zu seiner Tatkraft zurückgefunden. Erstaunt schaute Marietta zu ihm auf.
    »In jedem Fall werde ich mich jetzt darum kümmern, den Nachweis der Ungefährlichkeit der Bernsteinessenz hieb- und stichfest zu machen«, erklärte er.
    »So?« Marietta schien nicht zu begreifen, was daran so wichtig sein sollte.
    »Meine Untersuchung reicht nicht«, erklärte Caspar Pantzer mit funkelnden Augen. »Darüber war ich mir auch mit Carlotta schon einig.«
    »Ihr habt mit ihr darüber gesprochen?«
    Einen kurzen Moment brachte ihn Mariettas Frage ins Stocken, dann aber fuhr er bestimmt fort: »Natürlich. Immerhin weiß sie am besten von uns allen über die Rezepturen ihrer Mutter Bescheid. Ich habe also vor längerem schon mit ihr vereinbart, dass uns mindestens ein weiterer Apotheker das schriftlich bestätigen soll. Damit kein falscher Verdacht aufkommt, werde ich dazu eine angesehene Kollegin meiner Zunft fernab von Königsberg aufsuchen. An deren Urteil wird niemand zweifeln, vertraut mir.«
    »Wenn Ihr die Stadt verlasst, nehmt den jungen Kepler gleich mit«, merkte Hedwig von ihrem Platz hinten am Herd aus an. »Mir scheint, es ist am besten, wenn er auch für einige Zeit aus der Stadt verschwindet.«
    »Die gute Köchin hat recht«, stimmte Marietta zu. »Wann reist Ihr ab?«
    »Sobald ich Pferde für uns aufgetrieben habe!« Pantzer steckte Tiegel und Phiole in seine Taschen und eilte zur Tür.
    »Viel Erfolg!«, rief Marietta ihm nach.
    »Den werde ich haben«, erwiderte er mit einem siegesgewissen Lächeln. »Ihr werdet schon sehen: Jetzt wird sich alles zum Guten wenden.«
    »Euer Wort in Gottes Ohr.« Die schöne Marietta rang sich ein zaghaftes Lächeln ab.
    7
    A m Vorabend des Nikolaustags traf die Reisegesellschaft unter Tromnaus Führung in Frauenburg ein. Bis auf die beiden Frauen nahmen alle in einem Wirtshaus unweit des Marktplatzes Unterkunft. Vergeblich versuchte Carlotta, Thiesler davon zu überzeugen, sich mit ihr und der Mutter in dem weitaus bequemeren Haus des Kaufmanns Siegfried Hartung einzuquartieren. Offenbar befürchtete der erstaunlich rasch von seinen schweren Verletzungen genesene Student, die Löbenichter Kaufleute könnten am nächsten Morgen ohne ihn weiterreisen.
    »Wie Ihr meint«, erwiderte Carlotta. »Ich hoffe nur, Euch überfallen nicht unverhofft starke Kopfschmerzen und Übelkeit. Das Verheilen Eurer Wunden geht mir ein wenig zu schnell. Seid bitte vorsichtig und mutet Euch nicht zu viel zu. Manchmal täuscht einen das eigene Wohlbefinden.«
    Prüfend sah sie ihm in die Augen, beruhigte sich ob des klaren Blicks allerdings doch. Thiesler lächelte.
    »Ihr seid wirklich eine hervorragende Ärztin. Allein Eurem Talent habe ich es zu verdanken, nach wenigen Tagen schon vollständig wiederhergestellt zu sein.«
    »Ob Ihr tatsächlich

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