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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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einziges verschmitztes Lachen. Noch einmal drückte sie Carlottas Hand, strich jeden einzelnen Finger zärtlich nach.
    »Ach, Kindchen, was denkst du, wie gut du dich vor mir verstellen kannst? An der Nasenspitze sehe ich dir an, was du mit dem jungen Christoph Kepler im Schilde führst.« Sie tippte mit der Fingerkuppe auf Carlottas leicht nach oben gebogene Stupsnase. »Nichts für ungut, mein Kind. Bislang kann nur ich das so deutlich sehen.«
    Hedwig verschränkte die Arme vor dem ausladenden Busen und ließ den wachen Blick durch das sonnendurchflutete Kontor wandern. Carlottas Herz raste. Wie im Fieberwahn schwirrten ihr plötzlich die wildesten Befürchtungen durch den Kopf. Ein letztes Mal pustete sie über das schräg angehobene Papier, um auch die allerletzten Spuren des Löschsands zu verwischen, und fragte dann möglichst beiläufig: »Woher weißt du von Christoph und mir?«
    Das Lachen der Alten verwandelte sich in ein siegessicheres Strahlen. »Hältst du euer Geturtel wirklich noch für ein gutgehütetes Geheimnis? Denk besser darüber nach, ob es so geschickt ist, am helllichten Sonntagnachmittag Hand in Hand mit deinem Liebsten mitten durch den Kneiphof zu spazieren oder mutterseelenallein mit ihm im Gemeindegarten zu sitzen. Ganz zu schweigen von den vielen Stunden, die du neuerdings in Heydrichs Apotheke verbringst, oder von den Krankenbesuchen, auf die du Wundarzt Koese unbedingt begleiten musst.«
    »Verrat meiner Mutter bitte trotzdem nichts«, bat Carlotta verzagt und spielte mit dem Federkiel auf der Ablage, prüfte die Spitze, strich die Feder glatt. »Du weißt, wie sie zu den Keplers steht. Außerdem scheint sie mir seit den Ereignissen der letzten Wochen nicht gerade in der rechten Stimmung, sich auch noch mit solchen Angelegenheiten zu befassen.«
    »Ich bin bestimmt die Letzte, die deiner Mutter etwas davon sagt. Noch dazu, da ich Augen im Kopf habe und weiß, wie es derzeit um sie bestellt ist.«
    Geschäftig begann Hedwig, auf dem Pult des Schreibers Egloff Staub zu wischen. Stirnrunzelnd schob sie die vielen losen Papierbögen auf einen Stapel und rückte an Tintenfass, Griffelschale und Streusandbüchse herum, bis sie akkurat in einer Reihe standen. Gebannt beobachte Carlotta jeden ihrer Handgriffe. Die Alte wuselte mit dem Lappen über das zweite Pult, schüttelte anschließend eine beängstigend dichte Staubwolke aus dem Stoff.
    Seit ihrem fünften Lebensjahr kannte Carlotta die Köchin. Wie eine zweite Mutter begleitete Hedwig sie durch alle Höhen und vor allem Tiefen des Lebens. Sogar in die neue Heimat im hohen Norden war sie ihr und der Mutter gefolgt. Unwillkürlich umklammerten ihre Finger den Bernstein. Die gewohnte Wärme schenkte ihr sogleich neue Kraft. Sie trat wieder an ihr Pult, während sich Hedwig eifrig bemühte, auch auf dem dritten Pult Ordnung zu schaffen. Tintenfass und Griffelschale wurden verräumt, aufgeschlagene Kontorbücher geschlossen. Carlotta verkniff sich eine Bemerkung, wie sehr die Schreiber das verärgern würde.
    »Dir passt es einfach nicht«, sagte sie schließlich, sobald die Köchin fertig war und Anstalten machte, das Kontor zu verlassen. Auf halbem Weg zur Tür drehte sich die Alte bedächtig um und fragte unschuldig: »Was?«
    »Das mit Christoph und mir. Was stört dich an ihm? Oder ist es nur die langjährige Verbundenheit mit meiner Mutter, weshalb du ihn nicht magst?«
    »Du bist und bleibst mein kleines Mädchen.« Hedwig steckte das als Staubtuch verwendete Leinen zurück in die Schürze. »Nicht zu fassen, dass schon mehr als ein Dutzend Jahre vergangen sind, seit ich dich in Frankfurt bei eurer Ankunft vom Wagen gehoben habe! Erinnerst du dich? Ganz genau sehe ich vor mir, wie du mit deinem Vater im Hof herumgetanzt bist. Wann habe ich dich eigentlich zum letzten Mal in der Vorratskammer beim Naschen von süßer Latwerge erwischt? Oder beim heimlichen Herumstöbern auf dem Speicher, auf dem deine Mutter Heilkräuter getrocknet hat? Auf einmal bist du groß geworden, und wir reden über deinen Liebsten.« Ungläubig schüttelte sie den breiten Schädel so heftig, dass die weiße Haube ins Rutschen geriet. Behende steckte sie sie wieder fest. »Glaub mir, ich habe nichts gegen den jungen Kepler. Ihr zwei gebt ein stattliches Paar ab, darauf muss ich einfach stolz sein, auch wenn ich nicht deine Mutter bin.«
    »Dann sei es doch einfach und schieb nicht deinen Unmut über Lina vor.« Carlotta konnte nicht anders, sie musste mit dem

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