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Das Bernsteinerbe

Das Bernsteinerbe

Titel: Das Bernsteinerbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Entscheidung, von wem Ihr Euch kurieren lasst.«
    Pantzer wich ihrem Blick aus und sah zur Tür. Auf dem Flur rumorte es. Vielleicht lauschte die hagere Wirtschafterin an der Tür oder hatte eine der Mägde damit beauftragt, es zu tun. Besonders geschickt stellten sie sich dabei offensichtlich nicht an.
    »Ich bin Euch zu jung, nicht wahr?« Nun hatte sie es also doch ausgesprochen – noch dazu in einem so zaghaften Ton, dass er sich gleich in der Ansicht bestärkt fühlen musste. Ihre Finger umklammerten den Bernstein fester, das gute Stück verschwand ganz darin. Christophs Ärger über ihre forsche Art gleich am Unglücksort auf der Lomse hätte ihr eine Warnung sein sollen. Natürlich hatte er seinem Freund Pantzer inzwischen klargemacht, wie lächerlich es war, ihr seine Behandlung zu überlassen. Warum aber gab er ihr nicht selbst Bescheid? Warum ließ er sie trotzdem allein zu dem Apotheker gehen? »Ihr verkehrt mit studierten Medizinern, kennt auch die alteingesessenen Bader und Wundchirurgen dies- und jenseits des Pregels. Warum solltet Ihr Euch also ausgerechnet mit mir als Ärztin zufriedengeben.«
    »Verzeiht, Ihr habt natürlich recht.« Pantzer räusperte sich verlegen. »Ich hätte ehrlich zu Euch sein sollen, verehrte Carlotta. Ihr seid einfach zu klug, um Euch etwas vormachen zu lassen.«
    »Also gut.« Sie machte sich daran, ihre Tiegel wieder einzupacken. »Ich verschwinde sofort von Eurem Krankenlager, und Ihr schickt nach dem anderen Arzt. Schade, dass Ihr nicht von Anfang an aufrichtig gewesen seid. Ich hätte mir den Besuch heute sparen können.«
    »Nein, wartet, das versteht Ihr völlig falsch. Lasst mich erklären, wie es wirklich ist.« Schnaufend schob er sich in seinen Kissen wieder höher. »Es liegt nicht daran, dass Ihr so jung seid. Euer Talent, zu heilen, macht mehr als nur eine Handvoll Jahre wett. Es ist etwas ganz anderes, doch dazu muss ich etwas ausholen.«
    Er biss sich auf die Lippen. Fast meinte sie, Feuchtigkeit in den hellbraunen Augen glitzern zu sehen, doch in dem kargen Licht war sie sich dessen nicht sicher. Ein dumpfes Geräusch am Fenster lenkte sie ab. Ein kleiner Vogel war gegen die Scheibe geflogen. Sie sah noch, wie der winzige Leib abprallte, heftig mit den Flügeln schlug und dann in der Tiefe verschwand. Das böse Fauchen einer Katze verriet, wie heiß die Beute unten im Hof bereits umkämpft war. Aufgeregt kläffte der Hund. Auch die Hühner gackerten wild durcheinander. Kurz darauf ertönte das aufgebrachte Zetern der Wirtschafterin, und die Tiere verstummten schlagartig.
    Pantzer hatte dem Treiben im Hof ebenfalls gelauscht. Erst in die Stille nach dem Absturz meldete er sich wieder zu Wort. »Ich weiß, wie wenig es Eure Mutter gutheißt, dass Ihr ausgerechnet mich, den Tunichtgut von Apotheker aus dem Löbenicht, behandelt. Ohnehin sieht sie es nicht gern, wenn ihre Tochter als Wundärztin arbeitet. Seit vier Jahren führt sie erfolgreich das Kontor in der Kneiphofer Langgasse. Ihr sollt ihrem Beispiel folgen. Seit Eure hochgeschätzte Mutter hilflos mit ansehen musste, wie der Tod Euren Vater Eric dahingerafft hat, lehnt sie es strikt ab, die gelernte Kunst auszuüben. Dabei galt sie im Großen Krieg als einer der besten Wundärzte im Heerestross der Kaiserlichen. Dieser hervorragende Ruf dient ihr bis heute, um mit Rezepturen für Wundsalben und Tinkturen zu handeln. Jemanden direkt behandeln aber will sie nicht mehr.« Er suchte ihren Blick. Als sie etwas einwerfen wollte, winkte er ab, fuhr jedoch erst nach einer längeren Pause leise fort. »Wundert Euch nicht, woher ich das alles weiß. Aber selbst bei uns im Löbenicht bietet das Schicksal von Euch immer wieder Gesprächsstoff. Wie man hört, ist Eurer Mutter der Erfolg auch mit dem Verkauf der bloßen Rezepturen hold. Und genau das ist der Grund, warum Ihr mich in diesem furchtbaren Zustand nun vor Euch seht. Heimlich habe ich versucht, die Wundsalbe selbst zu mischen. Ich wollte hinter die Rezeptur kommen, um sie künftig auf eigene Rechnung zu vertreiben, am Kontor Eurer Mutter vorbei. Aber dabei muss mir ein schrecklicher Fehler unterlaufen sein. Wie sonst ist zu erklären, dass mich diese brennenden Pusteln quälen?«
    »Also gut.« Carlotta sog hörbar die Luft ein, versuchte jedoch, ruhig zu bleiben. »Dann hat Euch wohl abermals gleich nach der Tat die gerechte Strafe ereilt. Ich weiß nicht, wie oft Ihr diese Erfahrung noch machen wollt. Bedenkt Euren Sturz vor zwei Tagen und nun diese

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