Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Bernsteinzimmer gebührend begrüßen.
    »Um Mitternacht herum sind sie hier!« begrüßte Koch mit einer weiten Armbewegung Dr. Findling. »Mein Lieber, Sie müssen ja vor Glück platzen.«
    »Dieser Tag ist wohl der schönste in meinem Leben, Gauleiter.« Findling trank mit Widerwillen das erste Glas Kognak und hatte das Gefühl, Koch sofort vor die Stiefelspitzen kotzen zu müssen. Aber dann beruhigte sich sein Magen sehr schnell, das brennende Gefühl, das er immer hinterher beim Schnapstrinken empfunden hatte, blieb aus. Großvaters Salatöl schien eine gute Sache zu sein.
    »Wir alle empfinden so … vor allem, weil wir diesen einmaligen Schatz Rosenberg vor der Nase weggeschnappt haben. Wo hätte Rosenberg das Zimmer unterbringen lassen? Hier, im Schloß von Königsberg, hier gehört es hin! Ich werde auch den Führer davon überzeugen: Was soll das Bernsteinzimmer in Linz an der Donau?! Bei uns an der Ostseeküste wird der Bernstein gefunden, der Sonnenstein, das deutsche Gold … und das größte Kunstwerk aus ihm muß in Ostpreußen bleiben. Wie konnte bloß ein preußischer König so ein Wunderwerk einem russischen Zaren schenken! Friedrich Wilhelm I. muß damals besoffen gewesen sein. Wir, Sie, Findling, und ich holen es nach Deutschland zurück! Das Bernsteinzimmer ist in seine Heimat zurückgekehrt. So werden wir das auch in der Presse bekanntgeben.«
    »Vergessen Sie den ›Führervorbehalt‹ nicht, Gauleiter.« Dr. Findling setzte sich in einen der tiefen Sessel. »Bormann wird darauf bestehen, daß das Zimmer nach Linz kommt.«
    »Mit Bormann werde ich sprechen.« Koch winkte ab, obwohl er wußte, daß hier eine große Auseinandersetzung bevorstand. Er mochte Bormann nicht, und es war bekannt, daß dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Der ›kleine König von Ostpreußen‹ war Bormann zutiefst zuwider.
    »Das wird ein schwerer Gang, Gauleiter«, sagte Wellenschlag ernst.
    »Bormann ist logischen Argumenten immer zugänglich gewesen … im Notfall spreche ich mit dem Führer selbst. Mich hat der Führer immer angehört.«
    Und dann begann das Warten. Das qualvolle Minutenzählen. Die immer ungeduldiger werdende Frage: Verdammt, wo bleiben sie denn?! Warum bummeln sie so unverschämt? Ist unterwegs etwas passiert? Warum ruft Dr. Runnefeldt nicht an? Das ist doch nicht normal … schon halb eins, und Mitternacht wollten sie hier sein.
    Die Unruhe von Koch übertrug sich auch auf Dr. Findling und Wellenschlag. Sie standen am Fenster und starrten auf den Schloßhof, liefen ins Treppenhaus und blickten die Auffahrt hinunter und kehrten dann achselzuckend zurück. Koch lief in seinem Arbeitszimmer hin und her, die Hände auf dem Rücken, das Kinn angezogen, den Kopf tief zwischen den Schultern … ein Stier kurz vor dem Herausstürzen in die Arena.
    »Wenn ich was hasse, dann ist es Unpünktlichkeit!« rief er erregt. »Von Kauen bis Königsberg ist es doch ein Klacks! Und die Straßen sind gut, keine Schlammlöcher wie in Rußland. Da stimmt doch was nicht! Das ist doch nicht normal!«
    Jedoch, es war nichts geschehen, alles war völlig normal, bis auf den Aufenthalt am Hauptbahnhof. Da stieß Julius Paschke dem Gefreiten Doll in die Seite und sagte dumpf: »Halt mal an, Junge.«
    »Warum denn?«
    »Weil ick pissen muß.«
    »Hier? Vorm Bahnhof? Dat jibt nen Auflauf.«
    »Jeder Bahnhof hat'n Lokus, du Arsch! Bis hierhin könnt ick mir's vakneifen, aba jetzt geht's nich mehr. Anhalten.«
    Um seinen Worten Nachdruck zu geben, hieb er mit der Faust dreimal gegen die Rückwand. Das Zeichen für Jana. Steig aus, Mädchen. Wir sind da. Mach's jut, Kleene. Ick werd vill an dir denken …
    Er wartete noch eine Minute, ließ Doll den Lkw vor den Haupteingang rollen und sprang dann mit einem Satz aus der Fahrerkabine.
    »Haste de Botz schon naß?« fragte Doll fürsorglich.
    »Wat hab ich?«
    »Die Hose naß …«
    Paschke winkte ab und lief nach hinten. Die Plane war offen und flatterte etwas im Nachtwind. Leise rief er Janas Namen, aber sie antwortete nicht. Der Wagen war leer, sie hatte sich nach dem Klopfen sofort über die Ladeklappe geschwungen. Verzweifelt sah sich Paschke um. Nur noch einmal sehen wollte er sie, und wenn's nur ihr weghuschender Schatten war, aber er konnte sie nirgendwo entdecken. Nur ein Haufen Landser und Zivilisten hasteten in und aus dem Bahnhof, und drei Feldjäger, sogenannte Kettenhunde wegen ihrer blanken Brustschilde, die sie an einer Kette um den Hals trugen, standen am Eingang und

Weitere Kostenlose Bücher