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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zurück. Ab und zu Dampf, das schadet nicht, war ihre Ansicht. Dampf treibt die Maschine. Ohne Dampf bleibt alles stehen.
    »Was soll das, Kind?« fragte sie und legte den Karton zur Seite. »Merkst du dir die Buchstaben so leichter?«
    »Nein, aber ich kann immer und überall mit den Fingern darauf üben.«
    »Sehr klug!« Frieda umfaßte Jana mit einem fast liebevollen Blick. »Hast du keine Lust, mal an die frische Luft zu gehen?«
    »Es regnet doch, Oberschwester.«
    »Wie wär's, wenn du mal in ein Kino gehst? Im Ufa-Palast läuft ein neuer Film mit Zarah Leander. Der Weg ins Freie, heißt der Film. Und im Tivoli wird Jud Süß gespielt … das mußt du dir ansehen, mein Kind.«
    »Wenn ich darf …«
    »Natürlich darfst du. Du bist doch hier nicht im Gefängnis. Außerhalb deiner Arbeitszeit kannst du tun und lassen, was du willst. Selbstverständlich im Rahmen von Anstand und Moral.«
    »Ich möchte zu gerne einmal in das Museum im Schloß, Oberschwester.« Jana starrte auf ihre Schreibmaschine, um nicht Frieda Wilhelmi anschauen zu müssen. »Ich liebe Gemälde und Skulpturen. Bei einem Kurzurlaub von der Front habe ich sogar Schloß Peterhof besichtigt. Ich war richtig ergriffen.«
    »Dann sieh dir das Museum doch an, mein Kind.«
    »Es ist nur am Tag geöffnet, nicht abends, wenn ich hier fertig bin.«
    »Das stimmt.« Frieda Wilhelmi überlegte nicht lange. »Ich gebe dir morgen einen freien Tag.«
    »Wirklich, Oberschwester? O danke … danke …«
    Sie wollte aufspringen und Frieda umarmen, aber dann sank sie auf ihren Stuhl zurück und wischte sich über die Augen.
    »Nun heul nicht!« sagte Frieda grob, aber nicht mit ihrer Trompetenstimme. »Dir steht doch ein freier Tag zu. Du gehst also morgen ins Museum und erzählst mir, was es da zu sehen gibt. Ich würde mitgehen, aber ich kann ja hier nicht weg. Und übermorgen abend sehen wir uns Zarah Leander an.«
    In dieser Nacht wurde Jana Petrowna gestört. Ein Klopfen schreckte sie aus dem Schlaf auf, und das erste, was sie dachte, war: Wie gut, daß ich die Tür abgeschlossen habe. Auch ohne daß sich der Klopfende vorstellte, wußte sie, wer vor der Tür stand.
    »Ja?« rief sie in der Art, wie sich Frieda immer meldete. Draußen im Flur hüstelte jemand. Dann sagte eine gedämpfte Stimme:
    »Machen Sie auf. Bitte …«
    »Wer ist da?« fragte sie völlig überflüssig.
    »Hans …«
    »Ich kenne keinen Hans.«
    »Hans Phillip.«
    »Ach Sie, Herr Doktor? Ein Notfall? Ich habe keinen Stationsdienst, das wissen Sie doch.«
    »Man könnte es einen Notfall nennen, Schwester. Schließen Sie die Tür auf.«
    »Nein.«
    »Seien Sie doch kein Frosch.«
    »Ich bin eine Jungfrau.«
    »Wie bitte?«
    »Ich bin Sternzeichen Jungfrau.«
    »Humor haben Sie! Das gefällt mir. Wir sollten uns näher kennenlernen, aber nicht durch die Tür.«
    »Ich wüßte nicht, wozu das nützlich ist.«
    »Das könnte ich Ihnen erklären, wenn Sie mich hereinlassen.«
    »Auch dann würden Sie mich nicht überzeugen.«
    »Es käme auf einen Versuch an, Schwester Jana. Im Leben gibt es selten ein Nie.«
    »Dann gehöre ich zu dieser Seltenheit, Herr Doktor. Lassen Sie mich jetzt weiterschlafen, bitte. Wieso sind Sie eigentlich noch im Haus?«
    »Ich habe Nachtdienst. Nun machen Sie schon auf. Ich habe auch zwei Flaschen Bier mitgebracht.«
    »Pissolin?«
    Schweigen. Dr. Phillip zwinkerte verblüfft mit den Augen. Was ist denn das, fragte er sich. Die spröde Kleine und dann solch ein Wort. Junge, die hat es ja faustdick hinter den Ohren. Die ist ja gar nicht ein Kräutchen-rühr-mich-nicht-an. Die tut nur so, die spielt mit mir Katz und Maus.
    »Mädchen –« sagte er und preßte dabei den Mund an den Türspalt. »Du bist ein Teufelsweibchen. Komm und dreh den Schlüssel rum …«
    »Nein. Gute Nacht, Herr Doktor.«
    Jana Petrowna legte sich wieder zurück und zog die Decke über ihren Kopf. Sie hörte nichts mehr und wußte so auch nicht, wie lange Dr. Phillip noch an der Klinke rüttelte, redete, bettelte und lockte. Schließlich gab er auf, zum erstenmal widerstand eine Frau seinen Lockungen, ein völlig unbekanntes Gefühl war das, und enttäuscht ging er zurück zum Arztzimmer der Chirurgie. Na, dann heute nicht, dachte er. Wir haben ja Zeit. Einmal wird's gelingen. Wer hat heute Nachtdienst? Schwester Veronika. Vroni, die Rundärschige. Besser als gar nichts.
    Er packte seine Flaschen Bier wieder in die Kitteltasche und ging zur Station III, in der das Wachzimmer lag.
    »Grüß

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