Das Beste aus 40 Jahren
Alex’ Antwort nicht verstehen. Es blieb gefährlich still. Warum mischte Vivien sich ein? Bestimmt meinte sie es nur gut, aber merkte sie denn nicht, wie sehr Alex das verabscheute?
Sarah ging ohne das Buch in ihr Zimmer zurück. Inwiefern demütigte Alex sie? Und was kümmerte sie das eigentlich? Was er außerhalb des Châteaus tat, war nicht ihre Sache … Doch sosehr sie auch versuchte, sich das einzureden, ihre Gefühle waren anders.
Alex hatte ihre Ehe intim und vertraulich gemacht. Und ob es ihr gefiel oder nicht – wenn Sarah daran dachte, dass er seine Freiheit genoss, spürte sie einen Stich im Magen. Die Zeiten, in denen sie sich gewünscht hatte, er würde sich mit anderen Frauen herumtreiben und sie in Ruhe lassen, waren vorbei. Tatsächlich drehten sich ihre Gedanken um nichts anderes, und weder Vernunft noch praktisches Denken konnten daran etwas ändern.
Abend für Abend hatte Alex das Haus verlassen, und Sarah hatte sich nicht getraut zu fragen, wohin er ging oder wann er zurückkommen würde. Nicht nach dem, was er ihr in der Hochzeitsnacht an den Kopf geworfen hatte. So charmant Vivien auch zu sein schien, sie hatte anscheinend in der Vergangenheit die ganze Familie mit der Untreue ihres Mannes verrückt gemacht. Sicher hatte Alex darunter gelitten, und daher rührte vielleicht auch sein Hass auf Frauen, die er für besitzergreifend, eifersüchtig und hysterisch hielt. Vivien war wahrscheinlich dieser drei Sünden schuldig, und sie war nicht taktvoll genug gewesen, um den Krieg mit ihrem untreuen Ehemann hinter geschlossenen Türen zu führen.
Alex hatte sich seine Zukunft an der Seite einer Frau vorgestellt, die das genaue Gegenteil seiner Stiefmutter war: nüchtern und unbeteiligt. Die Gründung einer Dynastie und alle Freiheit, die er sich nur wünschen konnte, eine lockere Beziehung, in der nur das Mindestmaß an Intimität ausgetauscht wurde. Sarah erschauerte. Und dabei war er zu ganz anderen Gefühlen fähig – oder?
Jetzt schmerzte ihr der Kopf tatsächlich. Sie legte sich ins Bett, lächerlicherweise den Tränen nahe. Was war mit ihr los? Dabei wusste sie es genau: Sie fühlte sich zu Alex hingezogen, viel mehr, als sie geplant hatte, und das war seine Schuld. Hätte er sie in Ruhe gelassen, würde ihre Ehe tatsächlich nur auf dem Papier bestehen und es ihr nichts ausmachen.
Oder doch? Irgendwann wäre ihr auch dann bewusst geworden, dass er sie magisch anzog und sie dagegen so machtlos war wie ein verliebter Teenager. Alex hätte nicht mit ihr zu schlafen brauchen, um sie zu demütigen. Sie fühlte sich schon genug gedemütigt durch die leidenschaftlichen Gefühle, die er in ihr auslöste und die sie von Tag zu Tag mehr verwirrten.
Eine Stunde später betrat Alex das Zimmer, und Sarah zog sich die Decke bis zum Hals. Er verzog den Mund, und in seinen Augen schienen goldene Funken zu tanzen, während er ein Glas auf den Nachttisch stellte.
„Was ist das?“, fragte sie misstrauisch.
Alex’ Gesichtszüge verfinsterten sich. „Etwas gegen deine Kopfschmerzen.“
Sarah betrachtete ihn verblüfft. „Du bringst mir etwas gegen meine Kopfschmerzen?“
„Warum siehst du mich so ungläubig an? Ich kann so nett und aufmerksam sein wie jeder x-beliebige Mann …“
Unsicher griff Sarah nach dem Glas, stürzte dessen Inhalt in einem Zug hinunter und wäre fast erstickt. Es war Brandy, der ihr wie flüssiges Feuer die Kehle hinunterrann und ihr die Tränen in die Augen trieb.
„Auch gut gegen Monatsbeschwerden“, erklärte Alex.
Sarah errötete tief.
„Sei nicht so zimperlich“, sagte er gereizt. „Ich weiß mehr darüber als die meisten Männer, dafür hat Vivien gesorgt.“
„Damit habe ich keine Probleme“, versicherte Sarah ihm verlegen. „Ich habe wirklich Kopfschmerzen.“
Alex zuckte gleichgültig die Schultern. Er schien sich wieder völlig unter Kontrolle zu haben. Für einige unerträglich lange Sekunden betrachtete er sie eingehend, bevor er zu den Fenstern ging und eines davon öffnete. „Es ist stickig hier.“
Unendliches Schweigen breitete sich aus.
„Ich glaube, wir sollten eine Party geben.“
„Wozu?“
„Um dich der Familie und unseren Freunden vorzustellen.“
Vivien hatte anscheinend ganze Arbeit geleistet, doch Sarah musste diesen beängstigenden Vorschlag erst verdauen. „Hältst du das wirklich für eine so gute Idee?“ Als Alex zu ihr herumwirbelte, fuhr sie schnell fort: „Es ist besser, wir machen weiter wie bisher. Im Lauf der
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