Das Beste aus 40 Jahren
wir doch beide wissen, dass du hinter jedem halbwegs attraktiven Mann her bist.“
Sie wurde blass. „Wie kannst du das sagen?“
Erstaunlich, wie unschuldig sie immer noch dreinblicken konnte. Aber sie hatte keineswegs unschuldig ausgesehen, als er sie mit einem anderen Mann im Ehebett erwischt hatte!
„Ich kann es sagen, weil es die Wahrheit ist“, erwiderte Rico grimmig, doch plötzlich hatte er ein schlechtes Gewissen. Wie schaffte Anastasia es bloß, ihn ins Unrecht zu setzen, obwohl er sich doch nichts hatte zuschulden kommen lassen?
Sie hingegen hatte sich damals ganz dem Vergnügen hingegeben, während er hart gearbeitet hatte. Oft genug war sie in anrüchige Nachtclubs gegangen, und – was das Verwerflichste war – sie hatte sogar seine kleine, leicht zu beeindruckende Schwester mitgenommen.
„Du siehst mich ja auch an, als ob … ach, ich kann es nicht genau sagen, Rico.“ Sie klang, als würde sie gleich zu weinen beginnen.
Er runzelte verunsichert die Stirn. Vorhin an Chiaras Bett hatten auch Tränen in Anastasias Augen geschimmert, und das hatte ihn gewundert, denn sie war an sich keine sentimentale Frau.
Vielleicht liegt es nur an der jetzigen vertrackten Situation, dass sie Emotionen zeigt, sagte Rico sich schließlich. Bestimmt waren es keine Tränen der Reue!
„Ich sehe dich an, als ob ich mich … nein, weil ich mich frage, wie ich so dumm sein konnte, dich zu heiraten“, konterte er grausam.
Warum hielt er es für nötig, sie zu verletzen? Ihre Beziehung gab es nicht mehr. Aus und vorbei – für immer. Bei seinen früheren Affären hatte es ihm nichts ausgemacht, sie zu beenden, wenn sie nicht länger funktionierten. Meistens war die Trennung freundschaftlich verlaufen und der jeweiligen Dame durch ein teures Abschiedsgeschenk versüßt worden. Ein Geschenk, das sein schlechtes Gewissen beschwichtigen sollte, welches ihn jedes Mal plagte, wenn er merkte, wie wenig ihm an seinen Geliebten wirklich gelegen hatte.
Warum also war er jetzt wie besessen von dem Drang, Anastasia wehzutun?
„Ich hasse dich, Rico!“, sagte sie leise.
So leise, dass er zuerst glaubte, er habe sich verhört. „Das kann schon sein“, gab er dann ungerührt zu. „Aber du begehrst mich auch noch immer, und damit kannst du dich nicht abfinden.“
Schweigend stand sie da, und mit einem Mal wünschte er, sie würde etwas anderes anhaben als nur das Hemd. Ihre aufsehenerregend schönen Beine waren bis zum Oberschenkel entblößt, der Ausschnitt enthüllte den Ansatz der festen, runden Brüste. Ja, sie hatte einen herrlichen Körper, der einen Mann um den Verstand bringen konnte.
Wie er, Rico Crisanti, aus Erfahrung bestätigen konnte.
Nun wartete er darauf, dass Anastasia etwas sagte, dass sie endlich den Fehdehandschuh aufgriff und zurückschlug. So wie früher immer. Sie hatte ihm nie geschmeichelt und bedingungslos zugestimmt wie die anderen Frauen, sondern ihm Kontra geboten. Ihn herausgefordert. Ihn rasend gemacht. Ihn aufgeregt und zugleich unglaublich erregt.
Nun aber hatte aller Kampfgeist sie offensichtlich verlassen, und sie sah sehr jung und wie verloren aus.
„Ich bin nicht aufgestanden, um mit dir zu streiten“, sagte sie schließlich müde und strich sich das seidige kupferrote Haar zurück. „Ich habe jemanden im Pool gehört und wollte nachsehen, wer es ist. Und dann dachte ich mir, dass ich dich bei der Gelegenheit fragen könnte, wie es um Chiara steht. Du wolltest doch eigentlich im Krankenhaus bleiben, oder? Hat sich ihr Zustand gebessert?“
„Leider nicht“, erwiderte Rico und merkte jetzt erst, dass er nicht mehr an seine Schwester gedacht hatte, seit Anastasia auf der Terrasse erschienen war.
Wütend auf sich, wandte er sich ab und eilte ins Haus. Die stetig wachsende Anspannung der vergangenen zwei Wochen drohte ihn nun zu überwältigen. Er hatte keine Nacht mehr durchgeschlafen, und sein sonst so scharfer Verstand arbeitete anscheinend nicht mehr richtig.
Seufzend ließ Rico sich auf ein Sofa fallen und schloss die Augen. Im Moment hatte er das ungewohnte Gefühl, nicht alles im Griff zu haben, und das behagte ihm überhaupt nicht.
„Rico?“
Er spürte, wie Anastasia sich neben ihn setzte, dann legte sie ihm die Hand auf die Schulter. Dass sie sich so ungewohnt sanft und mitfühlend zeigte, ging ihm unter die Haut und verschlimmerte seinen Schmerz – wie Salz in einer offenen Wunde.
Während ihm auffiel, dass sie noch immer das leichte, blumige, betörende
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