Das Beste aus meinem Leben
zum Handy und fragen einen Verwandten, wie denn daheim das Barometer stehe, und wenn sie hören, es gieße in Strömen, kratzen sie sich den Sonnenbrand und sprechen ins Telefon: »Mensch, das ist blöd für euch, zu schlimm, dass ihr nicht hier sein könnt – es ist nämlich so schööööön.«
So sind die Menschen, schadenfroh und gemein.
Nur ich bin anders.
Zwar kaufe ich mir auch am Urlaubsort eine Zeitung, um die Münchner Wetterlage zu erfahren. Zwar rufe ich auch daheim an, um zu hören, ob es regne. Aber ich höre nie von schlechtem Wetter, sondern von Biergartenabenden, unablässigem Sonnenschein, milden Sommernächten. Mit diesen Nachrichten ziehe ich mich in ein überdachtes Café zurück. Oder besichtige ein Museum. Denn wo ich bin, regnet es. Unter Garantie. Immer. Jedenfalls kommt es mir so vor. Jedenfalls ist es schon oft so gewesen. Jedenfalls denke ich an diese Fälle, bevor ich in die Sommerferien fahre. Und hoffe, dass es diesmal anders sein wird. Bitte.
Vor Jahren fuhr ich mit Paola für vierzehn Tage in die Provence. Im Juni. Wir hatten vom zauberhaften Duft der Provence gelesen, von den Lavendelfeldern, der Blütenfülle, dem begnadet-milden Wesen dieser Landschaft, den zauberhaften Landhotels. Als aber wir kamen, regnete es nicht bloß: Es fiel zwei Wochen lang schwallweise kaltes Wasser vom Himmel, und wir saßen in zauberhaften Landhotels und tranken Tee.
Und war es nicht so ähnlich, als wir nach Südspanien reisten, nach Ronda und Granada? Wir hatten uns über den Reiz der Landschaft informiert, über den Park neben der Alhambra, den Reichtum an Blüten, die versteckten, vor der sengenden Sonne geschützten Gärten, die großartigen Blicke von Ronda aus, welches auf hohen Felsen liegt. Dann ging über Südspanien just während unserer Anwesenheit eine einzigartige Kältewelle hinweg, und wir saßen wieder in Hotels und tranken Tee.
Und wie war es, als wir uns einen Ski-Urlaub in St. Anton leisteten, weil der Ort als schneesicher gilt? Es schneite wirklich die ganze Zeit, so viel, dass man nicht Ski fahren konnte. Stattdessen: Hotel. Tee.
Auf solchen Reisen begann ich zu glauben, jemand sitze im Himmel und denke: »Ah, wo fährt denn Hacke diesmal hin? Dem werden wir es zeigen! Da werden wir einen neuen Regenrekord aufstellen. Oder eine kleine Schneekatastrophe anzetteln.« Ich nehme seitdem das Wetter persönlich. Ich glaube, es wird extra für mich gemacht.
»Findest du das nicht etwas narzisstisch? Oder größenwahnsinnig?«, fragt Paola.
»Nein«, sage ich.
Ich glaube, man könnte die allgemeine Wettervorhersage vereinfachen, wenn man der Bevölkerung meinen jeweiligen Standort bekanntgäbe. Und meine Urlaubspläne. Oder ich könnte Geld verdienen, in dem ich per Faxabruf meine Jahresplanung veröffentliche. Oder ich lasse mich von Reisekonzernen bezahlen, rufe bei ihnen an und sage: »Hören Sie, ich fahre in zwei Wochen nach Teneriffa, es sei denn, Sie zahlen gut…« Ich könnte mich als Regenmacher in der Sahara verdingen. Ich könnte meine Familie durch den Verkauf eines Kalenders ernähren, garniert mit einfachen Bauernregeln:
Reist Herr Hacke in den Süden, wird die Sonne bald ermüden. Fährt Herr Hacke Richtung Ost, droht dort allerschwerster Frost. Wendet er sich resigniert gen Norden, folgen ihm rasch Wolkenhorden. Dreht er ab und flieht nach West, gibt ein Schneesturm ihm den Rest.
Oder: Fliegt Herr Hacke nach Mallorca, wird das Wetter dort nicht knorka. Setzt er über nach Ibizen, verschwindet gleich von dort die Hitzen. Sieht man ihn dann auf Formentera, fällt dort Hagel, ein ganz schwera.
Na, Entschuldigung, Bauernregeln sind halt so…
Vielleicht bleibe ich heuer in München. Meidet die Stadt, Leute! Ich sag’s nur schon mal.
Wutbomben und Liebesraketen
N eulich bog ich mit dem Auto in eine kleine, sehr schmale Straße ein, in der nicht zwei Autos nebeneinander Platz hatten. Mir kam niemand entgegen. Ich fuhr also, war schon hundert Meter tief in die Straße eingedrungen, als plötzlich am anderen Ende ein aufgemotzter, tiefer gelegter Ford erschien und nicht etwa stehenblieb, um mich vorbeizulassen. Sondern weiterfuhr. Obwohl er mich sah. Obwohl ich schon fast am Ende der Straße war.
Wir standen Kühler an Kühler. Ich wedelte mit den Armen, um dem Fahrer zu bedeuten, er solle das kleine Stück zurücksetzen, das er bereits hinter sich hatte. Aber er, ein Kaugummi kauender Halbstarker, blieb stehen. Ließ mich nicht vorbei. Ich rang die Hände.
Weitere Kostenlose Bücher