Das Beste aus meinem Leben
rief er.
»Ich bin nicht dick«, sagte ich.
»Entschuldigung«, sagte sie. »Uwe ist sportlich. Er hat breitere Schultern. Er trainiert dreimal die Woche mit Gewichten. Der Mantel würde von seinen Schultern anders fallen.«
»Ich trainiere auch«, sagte ich. »Im Fitnessstudio.«
»Ach ja?«, sagte sie.
»Was hat er gesagt?«, rief ihr Mann, Hand am Ohr.
»Dass er Sport treibt, aber nicht so viel wie Uwe!«, rief sie. Der Spitz schnupperte an meinen Beinen, er störte mich, ich schob ihn mit dem Fuß beiseite. Er begann zu kläffen. Ich erschrak.
»Haben Sie Angst?«, rief der Mann. Er hatte immer noch ein freundliches Lächeln. »Er riecht, wenn Sie Angst haben. Sie müssen keine Angst haben!«
»Aber ich habe keine Angst«, sagte ich. »Er wimmelte so vor meinen Füßen herum. Ich wollte ihn nicht treten.«
»Sie dürfen ihn nicht treten!«, rief er. »Keine Angst!«
Der Hund zog sich ein paar Meter zurück und schwieg. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie uns helfen«, sagte die Frau und nestelte am Kragen des Bademantels herum. Sie setzte mir die Kapuze des Mantels auf. Der vordere Kapuzenrand hing mir ins Gesicht. Ich schwitzte. »Sie stehen irgendwie schief«, sagte sie. »Wenn Sie aufrechter stünden, würden Sie schlanker wirken. Unser Uwe hat immer eine sehr straffe Haltung. Obwohl er ja bis zum Umfallen arbeitet, wissen Sie. Er arbeitet zuviel! Er hat ja nicht mal Zeit, sich einen neuen Bademantel zu kaufen.«
Sie trat etwas vor und betrachtete mich. Innerlich hatte sie sich bereits von mir verabschiedet. Ich war nicht mit Uwe zu vergleichen. Ich konnte ihm nicht das Wasser reichen. Ich konnte nicht mal einen Bademantel für ihn probieren.
»Was sind Sie von Beruf?«, fragte sie.
»Schriftsteller«, sagte ich.
»Was?«, rief ihr Mann, Hand am Ohr.
»Schriftsteller!«, rief ich. »Ich schreibe. Meistens.«
Er nickte. »Wie schööön!«, rief seine Frau schrill. »Sie haben sicher heute schon viele schöne Sachen geschrieben und sich einen kleinen Einkaufsbummel verdient!«
»Ja«, sagte ich unter meiner lila Kapuze hervor.
Sie gab mir die Hand. »Vielen Dank!«, sagte sie. »Aber man kann an Ihnen doch nicht erkennen, ob der Mantel der Richtige ist für unseren Sohn.«
»Ich dachte es mir«, sagte ich. Ihr Mann hob die Hand und grüßte mich winkend. Der Hund stob noch einmal aufkläffend an mir vorbei, hinter ihnen her.
Langsam zog ich den lila Bademantel mit den grün-gelben Blüten aus und legte ihn über einen Garderobenständer. Dann verließ ich das Kaufhaus und ging die Straße entlang, ohne Bademantel, ungetröstet, ziellos.
Die Liebe in den Sümpfen des Alltags
I n der Zeitung las ich: 75 Prozent aller Frauen hoffen bei der Hochzeit, dass sich ihr Mann im Lauf der Ehe ändert. Aber 75 Prozent aller Männer hoffen bei der Hochzeit, dass sich ihre Frau im Lauf der Ehe nicht ändert.
Ich erzählte das Bruno, als wir uns in einer Bar trafen. Er senkte den Kopf und schüttelte ihn dabei und sagte: »Das sagt alles. Das sagt nun wirklich alles.«
Zum Beispiel, sagte Bruno, könne er mit seiner Frau nicht mehr zusammen Auto fahren. Wenn sie es täten, und sie führen zusammen nach Hause, und er müsse da vorne links abbiegen, dort, wo er immer links abbiege, dann sage seine Frau hundert Meter vorher: »Da vorne musst du links abbiegen!« Das wisse er, sage er, Bruno, dann, immer biege er hier links ab, es gehe gar nicht anders, aber sie höre ihn nicht, sondern sage schon: »Hier musst du parken!« Ja, wieso denn nicht?, rufe er, hier parke er jedes Mal, wieso sie ihn nicht in Ruhe tun lasse, was er immer tue? Sie antworte dann nur, warum er sich so aufführe – und schon sei der schönste Abend im Eimer.
»Das hat sie doch früher nicht gemacht«, sagte Bruno, während sein Gesicht über dem Bierglas hing. »Das hat sie doch nicht gemacht, als wir uns kennenlernten.«
Ich sagte, auch ich könne mit Paola zusammen nicht mehr Auto fahren, ehrlich gesagt wüsste ich überhaupt kein Ehepaar, dass zusammen Auto fahren könne.
»Wenn ich irgendwo links abbiege«, sagte ich, »fragt Paola sofort: ›Warum fährst du nicht geradeaus und biegst da hinten ab, das ist kürzer?‹« Weil ich glaubte, antwortete ich dann, dass es hier kürzer sei und weniger Verkehr sei hier auch. Aber garantiert tauche dann ein Lkw auf, und Paola rufe: ›Ah, hier ist es also kürzer, und hier ist weniger Verkehr!‹ Ich schreie dann, ob sie nicht fahren wolle, wenn sie alles immer anders haben
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