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Das Beste aus meinem Leben

Das Beste aus meinem Leben

Titel: Das Beste aus meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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wolle, als ich es machte, ob sie nicht einfach immer fahren wolle? Sie sage, warum ich mich so aufführte – schon sei der schönste Abend im Eimer.
    »Und?«, fragte Bruno. »Hat sie das am Anfang auch gemacht, als ihr euch noch nicht lange kanntet?«
    »Nein«, sagte ich.
    »Siehst du!«, sagte er. »Diese Zeitungsmeldung sagt alles. Alles.« Wenn die Frauen so geblieben wären, wie sie am Anfang gewesen seien, wäre alles wunderbar.
    Wir saßen eine Weile stumm da und grübelten, warum die Liebe so oft in den Sümpfen des Alltags versinkt. Dann sagte ich: »Wahrscheinlich waren sie ja schon am Anfang so, aber man hat es nicht gemerkt.«
    »Warum bleibt es nicht so, dass man es nicht merkt? Warum muss es sich ändern? Ich finde es besser, wie Männer sind. Sie möchten, dass der Mensch, in den sie sich verliebt haben, bleibt, wie er war, als sie sich verliebt haben. Warum sollte man wollen, dass er sich ändert?«
    »Weil man mit ihm in einer Beziehung lebt. Wenn man jemanden kritisiert, setzt man sich in Beziehung zu ihm.«
    »Beziehung, Beziehung! Wenn ich das Wort höre!«
    Ich sagte: »Aber wenn man mit jemand zusammen lebt, setzt man sich mit ihm auseinander, mit seinen guten und schlechten Eigenschaften. Und die schlechten Eigenschaften möchte man ändern. Man möchte nur jemand ändern, den man liebt. Die anderen sind einem egal.«
    Bruno sagte, er habe mal einen Film mit Meryl Streep gesehen, da saß sie neben einem Mann im Auto, der ihr Ehemann war. Er fuhr. Sie hasste ihn. Dann platzte es aus ihr heraus: »Würdest du bitte aufhören zu atmen?«
    »Sage ich doch«, sagte ich. »Auto fahren geht nicht.«
    »Das Schlimmste ist«, sagte Bruno, »wenn Frauen immerzu an einem herumkorrigieren. Wenn sie mir die Haare so zurechtstreicht, dass man die Geheimratsecken nicht mehr sieht. Wen sie meinen Hemdkragen zurechtzupft oder den Krawattenknoten zurechtrückt. Es erinnert mich an meine Mutter mit ihren Allmachtsvorstellungen.«
    »Viel schlimmer ist«, sagte ich, »wenn Frauen resignieren. Wenn sie glauben, Männer nicht mehr ändern zu können. Sie werden gehässig. Man sieht das manchmal an alten Ehepaaren.« Ich machte eine Pause, dann fragte ich: »Wie lange seid ihr verheiratet?«
    »Zehn Jahre«, sagte Bruno. »Wir feiern es in dem Restaurant, in dem wir den ersten Abend verbracht haben.«
    »Gut«, sagte ich. »Da sieht man dann, was sich geändert hat.«
    »Und was geblieben ist«, sagte er und lachte laut und herzlich.

Wollte mich nur mal melden
    G uten Tag, ich melde mich aus dem Einwohnermeldeamt.
    Ich sitze und warte.
    Wir sind viele, die sitzen und warten, alles Menschen, die heute erwachten und dachten: Mensch, wie wäre es, ich würde mich heute mal wieder auf dem Einwohnermeldeamt melden?!
    Wenn man hierher kommt, zieht man aus einem klakkenden Apparat einen Zettel mit einer Nummer.
    Setzt sich.
    Starrt auf einen Apparat an der Wand, auf dem wiederum klackend Nummern erscheinen.
    Wenn die Nummer auf dem Zettel und die Nummer auf dem Apparat übereinstimmen, geht man durch eine Tür und meldet sich.
    Einmal war ich heute schon dran. Aber ich war nicht da. Das kam so: Ich traf ein und zog Nummer 78. Auf dem Apparat war die 30 zu sehen. Ich wartete zehn Minuten. Dann war auf dem Apparat Nummer 34 zu sehen. Ich wartete weitere zehn Minuten. Auf dem Apparat: Nummer 38. Ich ging zehn Minuten hinaus. Kam wieder. Nummer 42. Ich rechnete aus, dass für je vier Nummern zehn Minuten verstreichen mussten. Ich würde mit der 78 in genau neunzig Minuten dran sein.
    Ich verließ das Einwohnermeldeamt, kaufte in einem Supermarkt Bonbons, besorgte eine Zeitung am Kiosk, gab einen Brief auf, trank in einer Bar Kaffee. Ich dachte, dass sicher viele es so machten. Wahrscheinlich leben Supermarkt, Kiosk, Post und Bar von Leuten mit Nummern. Die ganze Gegend lebt vom Einwohnermeldeamt. Ein Einwohnermeldeviertel.
    Nach fünfzig Minuten kehrte ich zum Amt zurück. Auf dem Apparat stand die 79. In meiner Hand war die 78. Man hatte plötzlich eine straffere Gangart angeschlagen. Nur noch fünfeinhalb Minuten für vier Nummern. An der Wand hing ein Zettel, auf dem es hieß, dass eine Nummer verfalle, wenn man sich mit ihr nicht melde, sobald sie auf dem Apparat erscheine.
    Ich zog neu: 129.
    Diesmal verließ ich das Gebäude nicht. Ich setzte mich in die Stuhlreihen zwischen Wartende. Warte seitdem. Der Nummernspucker klackt. Der Nummernzeiger an der Wand klackt. Das Gebiss der alten Frau neben mir klackt. Die

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