Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
Essen ist, als du es jemals wirst. Sie hat es mit Liebe präsentiert.«
Ogden schüttelte den Kopf. Einen Augenblick lang streckte er seine großen Hände nach mir aus, dann ließ er sie unbeholfen sinken. »Es tut mir leid. Du hast Recht. Ich weiß auch nicht, warum ich es dem Mädchen so schwer gemacht habe.« Er seufzte und starrte verlegen auf seine Schuhspitzen. »Wahrscheinlich wollte ich dir imponieren.«
»Wie bitte?«
»Du bist echt eine harte Nuss, Annie. In deiner Gegenwart rede ich viel zu viel. Normalerweise bin ich nicht so geschwätzig, ehrlich.« Er fuhr sich durch die Haare, so dass sie noch verstrubbelter wirkten als zuvor, und lächelte mich reumütig an. »Irgendwie habe ich nach jeder unserer Begegnungen das Gefühl, nur Blödsinn von mir gegeben zu haben und von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten zu sein.«
Ich musterte ihn nachdenklich. Dieser Ogden Gertzwell steckte wirklich voller Überraschungen. »Tja«, sagte ich. »Wenn es dich tröstet: In meinen Fettnäpfchen ist garantiert nur biologisch-dynamisch gewonnenes Fett.«
Er lachte und schien ein wenig von seiner Anspannung zu verlieren. Sein ganzer Körper wirkte auf einmal lockerer, seine breiten Schultern sanken herab. »Also hast du Julia über deine Mutter kennengelernt?«, fragte er.
»Könnte man so sagen. Sie war Julias Nanny und kochte außerdem für die ganze Familie. Ihre Rolle hat sich mit der Zeit verändert, als Julia und ich größer geworden sind. Wir haben in der Remise an der Einfahrt zum Grundstück gewohnt.«
»Du bist hier aufgewachsen? Das klingt … kompliziert«, sagte Ogden. »Kein Wunder, dass ich immer den Eindruck hatte, dass es zwischen dir und Julia unterschwellige Spannungen gibt. Entschuldige, wenn ich das so sage, aber es war mir von Anfang an ein Rätsel, wie ein so ungleiches Paar auf die Idee kommt, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen.«
»Nein, du hast schon Recht. Wir sind wirklich ein ungleiches Paar, und es hat im Laufe der Jahre mehr als einmal zwischen uns gekracht. Aber ich glaube, mittlerweile haben wir uns ganz gut arrangiert.«
»Das freut mich für euch. Manchmal«, sagte er langsam, »schleppen wir die Dinge, die wir als Kind erlebt haben, viel zu lange mit uns herum.«
»Stimmt«, bestätigte ich und war ganz erstaunt, wie gut man sich mit ihm unterhalten konnte. »Ehrlich gesagt macht mir das geradezu Angst. Ich frage mich, ob wir eigentlich je erwachsen werden und unsere Kindheit hinter uns lassen.«
»Womöglich nicht.« Ogden legte den Kopf schräg, und mir war, als blitzten seine Augen schelmisch auf. »Aber das kann ja auch verkaufsfördernd sein, wenn man mit Cupcakes Geld machen will.«
»Ach herrje«, sagte ich lachend. »Ich bin also eine Kapitalistin, die ihre Kindheitstraumata verwertet.«
Er grinste. »Hey«, sagte er. »Wenn ich dir verspreche, kein Wort mehr über das Essen oder das Personal zu verlieren, könnten wir den Abend dann nochmal von vorn anfangen? Was meinst du?«
»Einverstanden.«
Er wirkte überrascht.
»Was?« Ich lachte. »Ich versuche nur, etwas netter zu meinen Mitmenschen zu sein. Einer meiner vielen guten Vorsätze für das neue Jahr.«
»Ach so«, sagte er und nahm zwei Champagnergläser von einem Tablett, das gerade vorbeigetragen wurde. »Vielleicht sollte ich mir auch mal ein paar überlegen.«
24 – Julia
Ich suchte meine Eltern zuerst in der Küche und lief dann schnell die Treppe hinauf ins Obergeschoss. Schon von weitem hörte ich die aufgeregte Stimme meiner Mutter. Sie kam aus dem Arbeitszimmer meines Vaters.
»Das verstehe ich einfach nicht, Tad!«, sagte sie gerade, als ich den Raum betrat. »Ich habe dich bei den Vorbereitungen für diese Feier nur um eine einzige kleine Sache gebeten, und nicht einmal die hast du erledigt?«
Mein Vater saß wie ein Häuflein Elend auf seinem Bürostuhl und zog die Schreibtischschubladen auf und zu, während meine Mutter aufgebracht hin und her ging.
»Was ist los?«, fragte ich.
Meine Mutter zuckte zusammen, blinzelte ein paarmal und zupfte mit einer zornigen Bewegung den Wasserfallkragen ihres schwarzen Abendkleides zurecht. »Nichts, Liebes. Es ist alles in Ordnung. Geh wieder nach unten und lass dich feiern.«
Ich sah meinen Vater an. Neben meiner Mutter, die sich vor Empörung hoch in die Luft reckte, wirkte er kleiner als sonst. »Dad, ist alles okay?«
Er lächelte und hob verlegen die Schultern. »Aber ja. Wir diskutieren nur ein kleines Problem. Deine Mutter hat mich
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