Das beste Rezept meines Lebens: Roman (German Edition)
vorstellen, wie er in zehn, zwanzig Jahren aussehen würde.
»Ich habe noch bessere Angebersprüche auf Lager, in denen es nicht nur um Kinder geht«, sagte er.
»Nicht nur? Ein oder zwei Anspielungen auf Kinder kannst du dir wohl nie verkneifen, was?
»Na, schaden kann es jedenfalls nicht.«
Ich war nicht dumm. Auch wenn ich es genoss, mit Jake zu flirten und die Bälle so schnell zurückzuschlagen, wie er sie mir zuspielte, schrillten in mir die Alarmglocken. Ich hatte es mit einem echten Charmeur zu tun, der nicht nur gut aussah, sondern auch witzig, klug und zuvorkommend war. Mit einem Mann, der es eindeutig gewohnt war, genau das zu bekommen, was er wollte. Und obwohl eine so selbstbewusste, intelligente Frau wie ich, die sich durchaus nicht über mangelnde Aufmerksamkeit von Männern beklagen konnte, eine Niete normalerweise innerhalb von zwei Minuten von einem Hauptgewinn unterscheiden konnte, musste ich mir eingestehen, dass Jake mich etwas aus der Fassung brachte.
Das war ehrlich gesagt noch untertrieben.
Eigentlich war ich nicht der Typ Frau, die sofort anfängt, von Heirat und Kindern zu träumen, wenn sie einen Mann kennenlernt. Am College und in den vergangenen sechs Jahren hatte ich eine ganze Reihe von Affären gehabt. Aber sobald sich daraus eine ernsthafte Beziehung entwickelte, zog ich mich zurück. Ich wollte Liebe, das schon, aber ich wollte mein Glück nicht davon – oder von irgendjemandem – abhängig machen. Kaum hatte ich das Gefühl, dass sich so etwas wie Liebe einschlich, machte ich dicht; da half es auch nichts, dass mir bewusst war, was ich tat. Also hielten meine Beziehungen nie besonders lange. Immerhin schloss ich daraus, dass man mich lieben konnte. Aber konnte ich andere lieben? Dauerhaft und bedingungslos? Natürlich, redete ich mir ein; ich hatte eben nur noch nicht den Richtigen gefunden. Als Jake irgendwann nach dem Essen seine Hand auf meine legte und mir sagte, wie leid ihm das mit meiner Mutter tue, auch wenn er damit gut zehn Jahre zu spät dran war, und als er dann auch noch auf meine Cupcakes zu sprechen kam, die das Beste an Lollys Party gewesen seien, schlugen meine Gedanken eine bis dahin undenkbare, gefährlich rosarote Richtung ein.
War es möglich, dass ausgerechnet Jake das Gefühlschaos meiner Kindheit auflösen konnte? Dass ich armes Ding, das inmitten von Wohlstand aufgewachsen war und trotzdem nur am Rand gestanden hatte, dass ich, die sich selbst in ihrem vermeintlichen Zuhause immer wie ein Fremdkörper vorgekommen war, die große Liebe ausgerechnet in jener Welt finden würde, in der ich als Jugendliche so gelitten hatte? Konnte es eine solche karmische Vergeltung geben? Wäre es nicht ungemein praktisch, wenn eine Beziehung mit Jake mir genug Hitze liefern würde, um die hässlichen Falten meines Lebens auszubügeln?
Oh Mann, komm wieder runter, Quintana , befahl ich mir halbherzig.
Nachdem wir unser Burrito-Papier zusammengeknüllt und in den Abfalleimer geworfen hatten, liefen Jake und ich den ganzen Weg vom El Farolito bis zu dem Haus, in dem Gus wohnte – ein Schäferhund-Mischling aus dem Tierheim, den ich an zwei, drei Nachmittagen pro Woche spazieren führte. Jake setzte sich auf den Treppenabsatz, während ich nach oben rannte. Wie immer wartete Gus schon hinter der Wohnungstür auf mich; ich hörte seinen Schwanz auf den Boden klopfen, als ich den Schlüssel ins Schloss steckte. Kaum hatte ich die Tür geöffnet, sprang er auf mich zu, leckte mir sacht die Hände und wedelte aufgeregt mit dem Schwanz, während seine Krallen ekstatisch auf den Boden trommelten. Ich ging in die Hocke, strich seine freudig aufgestellten Schlabberohren zurück und drückte ihm einen Kuss auf die lange, schwarze Schnauze. Er winselte glücklich und schwänzelte mit dem ganzen Körper hin und her. Gus gehörte zu den Hunden, die sich nur in ihrem eigenen Zuhause sicher genug fühlen, um aufzudrehen und fröhlich herumzutollen. Draußen auf der Straße war er immer wie ausgewechselt: Er nahm sofort die verzagte, sorgenvolle Haltung eines Findelhundes an, und seine hellbraunen Brauen, die sich fragend zusammengezogen hatten, legten seine Stirn in ängstliche Falten. Es versteht sich von selbst, dass ich in Gus und seine vielschichtige Persönlichkeit völlig vernarrt war.
Als wir unten ankamen, bemerkte ich sofort, dass Jake Hunde genauso liebte wie ich. Ich musste ihn bremsen, damit er Gus nicht gleich mit Streicheleinheiten überschüttete; zu viel
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