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Das Bett

Titel: Das Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mosebach
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überhaupt nicht und starrte sie nur hilfesuchend an, als müsse sie selbst merken, daß sie weiterzusprechen habe, wenn er gerettet werden solle. Und es erstaunte ihn, daß sie seine Erstarrung gar nicht wahrnahm, sondern ihn mit dem Ausdruck des höflichen Lauschens ansah, bis er plötzlich merkte, daß er offenbar schon eine ganze Weile sprach, und aus seiner Lähmung erwachte.
    Was er sich sagen hörte, schloß an Sätze an, die er nicht mehr rekonstruieren konnte, die aber wohl nichts Ungewöhnliches enthalten hatten, denn Florence’ Augenbrauen, der beweglichste Teil ihres Gesichts und sorgfältige Anzeiger ihrer Gefühlsbewegungen, hatten sich bei keinem seiner Worte vom Fleck gerührt, sondern verharrten als exakt geschwungene Mondsicheln über ihren braunen Augen. Wenn er also bisher zwar nichts Anstößiges, aber auch noch nichts Wichtiges gesagt hatte, dann mußte er es jetzt tun, und zwar unmittelbar an sein geistesabwesendes Geschwätz anschließend, und so hörte Tiroler sich denn sagen: »Und im übrigen versichere ich Ihnen, daß Sie sich Ihres prachtvollen Sohnes wegen keine Sorgen machen müssen, manch einer steckt in einer schwierigeren Lage als er. Sehen Sie, verehrte Mrs. Korn, ich bin ja nicht nur Ihr Nachbar, ich bin auch Ihr Freund, und ich verspreche Ihnen, daß ich mir den jungen Mann so lange vornehmen werde, bis er diese unerfreuliche Phase überwunden hat. Ich stelle eine gute Prognose – und vor allem bitte ich Sie, verlassen Sie mich.«
    Jetzt schossen Florence’ Augenbrauen allerdings sofort in die Höhe, so daß er sich mit gezwungenem Lachen an den Kopf schlug, daß es klatschte, und fortfuhr: »Was sagte ich denn da. Verlassen Sie sich auf mich – das wollte ich natürlich sagen.« Florence stimmte liebenswürdig in sein Lachen ein, und er vergaß beinahe, während er ihr lächelndes Gesicht betrachtete, wie unwohl ihm bei seinen letzten Sätzen geworden war. Er kannte sich nicht wieder. Er wußte, daß die Audienz bei Florence nun abgeschlossen war, aber er fürchtete sich aufzustehen, weil er glaubte, unweigerlich an einem der Teppiche hängenzubleiben und vor ihr lang auf den Boden zu fliegen.
    |90| Stephans Vater kam herein. Er war nicht angenehm berührt, daß der Arzt immer noch da war. Er wußte natürlich, daß heute ein erstes Gespräch stattfinden würde, aber er hatte dankbar empfunden, daß Florence ihn davon dispensiert hatte. Das unheimliche Projekt war damit zu ihrer Sache geworden, und deshalb war es besonders unnötig, daß er jetzt am Ende doch noch gezwungen sein könnte, sich zu den anstehenden Entscheidungen zu äußern.
    Weil das Telephon klingelte, ließ Florence sie allein, und beiden kam es vor, als entziehe sie ihnen mit diesem Weggehen ihren Schutz. Den möchte ich sehen, der es in ihrer Gegenwart wagt, sich danebenzubenehmen, dachte Tiroler und schaute auf Willy Korn, ohne zu bemerken, daß der sich genauso verlassen vorkam.
    »Das ist eine eindrucksvolle Sammlung«, sagte Tiroler schließlich und zeigte auf die tiefhängenden, elektrisch gesicherten Gemälde an der Kaminwand des Salons. »Wunderbare Stücke«, sagte Willy Korn, als sei er selbst am tiefsten von seinen Sachen beeindruckt. »Jetzt raten Sie mal, was mein Lieblingsbild ist«, fuhr er fort, zufrieden über das Fahrwasser, in das er geraten war, denn er fühlte darin ein wenig von der Überlegenheit seiner Position zurückkommen, die ihm angesichts der Stellung, in der Stephan sich neuerdings zu Tiroler befand, gefährdet zu sein schien. Willy dachte bei allem, was ein einzelnes Familienmitglied anging, immer zuerst an die Folgen für die ganze Familie. Tiroler zeigte unentschlossen auf ein Bild, das über und über mit dicker rosa und weißer Farbe getupft war. Im Hintergrund ragte eine kirchturmartige Fläche aus den Tupfen, die mit blaßgelber Farbe wie ein Butterbrot bestrichen war.
    Er hoffte, daß seine Geste von Willy Korns Standpunkt aus ebensogut auf das Bild daneben oder sogar auf das übernächste Bild bezogen werden konnte, und war sehr erstaunt, als Willy ihn ansah wie ein Lehrer, der beim besten Willen den Respekt vor seinem Primus nicht verbergen kann, und sagte: »Hervorragender Geschmack. Ich könnte Ihnen auch sagen, was das Bild gekostet hat, aber das würden Sie mir gar nicht glauben. |91| ›Obstgarten in Châteaudun-le-Duc sur Marne‹ – kennen Sie das? Waren Sie nie in der Ile-de-France? Das Licht von Château-dun-le-Duc! Wenn Sie das nicht gesehen haben, dann

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