Das Bienenmaedchen
verabschieden.
»Bea, welche Telefonnummer haben sie hier?«, fragte Guy. »Ich werde Perrys Haus zwar früh verlassen, aber vorher ruf ich dich an.«
Sie notierte die Nummer für ihn. »Danke, Guy – für alles.« Er nahm ihre Hand, und wieder spürte sie den Druck des Rings mit dem blauen Stein. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie. »Ich wünschte, wir könnten heute Nacht zusammen sein.«
Die Männer verließen das Haus. Während Peggy in dem Zimmer, in dem Beatrice schon letztes Weihnachten geschlafen hatte, das Bett zurechtmachte, wanderte sie erschöpft den Flur entlang, um nachzusehen, wie es Angie ging. Im Kreis des warmen Lichts der Nachttischlampe konnte sie sehen, dass die junge Frau schlummerte. Ihr Atem ging regelmäßig, doch einmal murmelte sie etwas vor sich hin und runzelte die Stirn, als habe sie Schmerzen. Beatrice beobachtete sie eine Weile mit verschränkten Armen. Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich. Trotz der Gelassenheit des Arztes sorgte sie sich um Angelina. Sie war bei der Bombenexplosion eindeutig schwer getroffen worden, und das Erbrechen war kein gutes Zeichen.
In die Angst um Angie mischte sich etwas anderes – Argwohn. Mit Gerald tanzen zu gehen war an sich vielleicht harmlos, doch die Intensität von Geralds Besorgnis sprach eine andere Sprache. Gerald war in Angelina verliebt. Je mehr Beatrice darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich. Und Angie? Wer wusste schon, welche Gefühle sie hatte. Angie liebte es, Leute dazu zu bringen, sie zu lieben. Es entschädigt sie für etwas, hatte Peter gesagt. Für die betroffenen Menschen konnte es schrecklich sein. Beatrice’ Herz sehnte sich nach Rafe. Aber er war weit weg, ein Gefangener, der unbekannte Leiden erduldete und von der Hoffnung lebte, die Heimat und das Mädchen wiederzusehen, das er zurückgelassen hatte.
Es war fast zwei, und Beatrice machte sich gerade fertig, um ins Bett zu gehen, als sie hörte, dass Angies Vater zurückkam. Sie warf sich einen Morgenmantel über, den jemand hinter der Tür hatte hängen lassen, und ging nach unten. Michael Wincanton stand im Salon und goss sich etwas Brandy ein. Er ging auf sie zu.
»Beatrice! Hab verdammt lange gebraucht, um nach Hause zu kommen. Es tut mir so leid. Wie geht’s ihr?«
»Angie hat eine leichte Gehirnerschütterung. Und der Doktor hat Mrs Wincanton ein Beruhigungsmittel gegeben.«
»Großer Gott, Oenone war doch nicht auch da, oder?«
»Nein, nein.« Sie erklärte kurz die Umstände.
»Was für eine Erleichterung, dass Angie außer Gefahr ist. Als ich die Nachricht hörte, bin ich sofort zum Leicester Square gegangen. Schlimme Sache. Überall auf dem Platz Blut und Tränen. Ich hab mehrere Burschen gesehen, die ich kannte. Einer suchte nach seiner Tochter. Und er hat sie gefunden, unglücklicherweise.«
Völlig erschöpft und den Tränen nahe sank Beatrice auf das Sofa. Michael kam herbei und setzte sich neben sie. Er roch nach Brandy und teuren Zigarren. Sie zog den Morgenmantel enger um sich.
»Da drin waren noch ein paar andere Freunde von mir«, brachte sie mühsam hervor. »Ich kann es kaum ertragen, daran zu denken … Tot, alle beide.«
»Mein liebes Mädchen«, sagte er und legte seine Hand auf ihr Knie, was möglicherweise eine tröstliche Geste sein sollte. »Es tut mir so leid. Hier, trink einen Schluck, um dich zu beruhigen.«
Er reichte ihr sein Glas, und sie nippte ein paarmal daran. Er schmeckte scheußlich, doch schon bald spürte sie die entspannende Wärme des Brandys. Michael Wincanton begann sanft ihr Knie zu streicheln. Sie bekämpfte die Versuchung, sich an ihn zu lehnen, und dachte an Guy.
Die Hand bewegte sich ihren Oberschenkel hoch.
»Nicht«, sagte sie und drehte sich von ihm weg. »Angie schläft jetzt. Und ich übernachte im Gästezimmer – ich hoffe, das geht in Ordnung. Ich werde sie hören, falls sie mich braucht.«
»Natürlich, natürlich«, sagte er. Immer noch war er sehr nahe bei ihr, eine mächtige, verstörende Präsenz. »Ich muss dir danken, Beatrice. Heute Nacht warst du eine gute Freundin.« Seine Stimme war leise und schmeichelnd, doch es gab darin auch noch etwas anderes: Aufrichtigkeit. Beatrice war überrascht.
Michael Wincanton hatte ihr als Person nie besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Sie war sich bewusst, dass die Art, wie er sie jetzt anschaute, genau die Art war, wie er die meisten Frauen betrachtete – als ob er abschätzte, wie sie nackt aussähen. Und sie wunderte sich
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