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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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bewusst, dass Angie die Verletzung hochspielte. Manchmal plapperte sie plötzlich los – zum Beispiel, um Beatrice über Guys Familie und ihre Arbeit auszufragen –, um im nächsten Augenblick, sobald sie hörte, dass Gerald eintraf, in die Kissen zurückzusinken und eine Leidensmiene aufzusetzen.
    Gerald zog sich dann einen Stuhl heran, setzte sich und sah sie liebevoll an. »Und, wie geht es uns heute?«, fragte er und streichelte ihre Hand.
    »Oh, ein ganz klein bisschen besser, glaub ich«, wisperte Angie. »Ich hab es geschafft, mittags ein bisschen Suppe zu mir zu nehmen, und das hat mir bestimmt gutgetan.«
    Beatrice sah sie bei solchen Gelegenheiten über Geralds Schulter hinweg an und schnitt Grimassen, doch das hatte keinerlei Wirkung. Angie wusste nur zu gut, wie sie ihren Vorteil geltend machen konnte. Beatrice hätte darüber gelächelt, wenn sie nicht die Nase davon voll gehabt hätte.
    Vor allem ärgerte sie sich bei dem Gedanken, dass Rafe sich als Gefangener in einem fremden Land vermutlich an irgendeine himmlische Vorstellung von Angie klammerte, um durchzuhalten. Gerald musste wissen, dass Angie eine Abrede mit seinem Bruder getroffen hatte, auch wenn offiziell nichts verkündet worden war. Beatrice war sich nicht sicher, welche Gefühle Angie noch für Rafe hegte. Manchmal hasste sie Angie beinahe. Sie fand, dass sie flatterhaft war und mit den Gefühlen der Menschen spielte. Aber ob Angie nur mit Gerald spielte, weil Rafe nicht da war, wusste sie nicht. Das wäre das Schlimmste überhaupt! Was ihre eigenen Gefühle anging, so hatte sie jetzt Guy gefunden, und es war ihr viel leichter gefallen, ihre Erinnerungen an Rafe beiseitezulegen, als sie gedacht hatte. Sie sorgte sich immer noch verzweifelt um ihn und betete für seine Sicherheit. Doch mit achtzehn und nach allem, was sie durchgemacht hatte, war sie nicht mehr das schüchterne, hingebungsvolle junge Mädchen, das überzeugt davon gewesen war, dass Rafe zu ihr gehörte, dass er ihr allein gehörte. Dennoch war die Vorstellung unerträglich, dass Rafe vielleicht nur durch seine Gedanken an Angie die Kraft zum Weitermachen fand, während Angie mit seinem Bruder Zärtlichkeiten austauschte.
    Eine Woche verging, bevor Beatrice das Gefühl hatte, dass Angie kräftig genug war, um sie mit diesem Thema zu konfrontieren.
    »Du lockst diesen armen Mann an. Das ist wirklich nicht fair, weißt du.«
    Angie spielte gerade Patience – ein Zeitvertreib, für den sie schlecht geeignet war. Sie legte einen Buben ab und erwiderte: »Gerald? Oh, keine Sorge, Bea. Und wenn’s so ist? Er mag es.«
    »Aber du solltest nicht mit den Gefühlen der Menschen spielen.«
    Angie schwieg einen Augenblick und sagte dann: »Vielleicht tue ich das ja gar nicht. Obwohl ich offen gestanden finde, dass dich das überhaupt nichts angeht. Verdammt, keine Asse mehr. Dieses blöde Spiel geht nie auf!« Sie warf die übrig gebliebenen Karten auf den Tisch.
    Diese Abfuhr verletzte Beatrice so sehr, dass es ihr einen Moment lang die Sprache verschlug.
    »Hoffentlich wirst du jetzt, wo du bald heiraten wirst, nicht so eine stumpfsinnige alte Matrone«, fuhr Angie fort. »Und werde mir nicht pummelig, ja?«
    »Herrgott noch mal!«, rief Beatrice verärgert. Durch das Fenster beobachtete sie eine kleine Familie. Eine erschöpfte Frau schob einen Kinderwagen voller Habseligkeiten vor sich her. Eines der mageren Kinder, die ihr folgten, hatte das Baby auf dem Arm. Es war schrecklich, wie man sich an solche Anblicke gewöhnen konnte. Zumindest waren sie immer noch am Leben, und wahrscheinlich würde sich irgendwo irgendjemand um sie kümmern.
    »Jetzt bist du mir böse!«, stellte Angie fest. »Es tut mir so leid, Bea. Ich bin so ein gemeines Ding. Komm her und setz dich, und ich verspreche dir, dass ich nett sein werde.«
    »Ich sollte jetzt gehen«, erwiderte Beatrice, was der Wahrheit entsprach. Später am Vormittag hatte sie Dienst in Mile End, und sie musste unterwegs noch ein paar Besorgungen machen.
    »Aber du kommst bald wieder?«
    Angie schaute sie so flehend an, dass Beatrice nachgab. »Wenn du möchtest.«
    »Ja«, sagte Angie ernst. »Du bist die Einzige, mit der ich wirklich reden kann.«
    »Da gibt es noch Gerald«, konnte sich Beatrice nicht enthalten zu sagen.
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Was sagt der Doktor – wann kannst du wieder zurück?«
    »Zu den ›Wrens‹? Nächste Woche vielleicht.« Angie verzog ihr Gesicht und fügte hinzu: »Es ist sehr langweilig,

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