Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
Vom Netzwerk:
nicht, dass die Frauen darauf reagierten. Ihr Körper war sich der Anziehungskraft dieses Mannes nur zu sehr bewusst, doch sie würde sich ihm niemals hingeben.
    »Weißt du, du hast dich sehr verändert, Beatrice, wenn ich das sagen darf. Bist aus dir herausgekommen. Du warst immer so ein schüchternes kleines Ding. Offen gesagt, konnte ich nicht verstehen, was meine Frau an dir fand. Das ist das einzige Gute an diesem verfluchten Krieg: Er bringt das Beste in den Menschen zum Vorschein.«
    »Das Beste und das Schlimmste«, sagte Beatrice, die ein wenig erstaunt von seiner Ehrlichkeit war. »Wissen Sie, dass heute Nacht Männer zwischen den Leichen herumgelaufen sind und die Wertsachen der Toten gestohlen haben? Wie kann jemand so was tun?«
    »Aus Verzweiflung vielleicht? Manche von diesen Leuten haben nichts mehr, nicht mal ein Dach über dem Kopf. Aber du hast recht. Es gibt immer ein paar wenige, die von der Not anderer profitieren. Das war eine saumäßige Sache heute Nacht. Achtzig Tote, hat mir jemand gesagt. Ein Wunder, dass ihr alle lebend da rausgekommen seid. Dieser Bursche, mit dem sie zusammen war, Rafes Bruder. Was weißt du über ihn?«
    »Nicht sehr viel. Kennen Sie ihn nicht?« Vielleicht waren Gerald und Angie am Ende doch nicht so eng zusammen.
    »Er war ein- oder zweimal hier, um mit ihr auszugehen. Er scheint in Ordnung zu sein, aber ich dachte, sie hätte was für Rafe übrig, armer Kerl. Sie war sehr erschüttert über das, was mit ihm passiert ist. Ich habe natürlich nachgeforscht, konnte aber nichts Genaues herausfinden.«
    »Ja, armer Rafe.« Sie sah Michael Wincanton nicht an, sonst hätte er womöglich in ihren Augen gelesen, was in ihrem Herzen vor sich ging.
    Der Blick von Angies Vater ruhte auf ihr.
    »Was machst du eigentlich im Moment?«, fragte er. »Ich meine bei der FANY.«
    Sie erzählte ihm von der mobilen Kantine und dem kleinen Krankenwagen, mit denen sie im Auftrag der Sanitätswache herumfuhr.
    »Du kannst ein bisschen Französisch, oder?«, fragte er.
    »Ich bin in Frankreich geboren, also ja«, erwiderte sie.
    »Ach ja, natürlich. Ich glaube, ich wusste das.«
    Er trank seinen Brandy aus, wobei er sie nicht aus den Augen ließ. Sie erwartete, dass er ihr den Grund für seine Frage erklärte, aber das tat er nicht. Und so überraschte sie ihn durch eine eigene.
    »Wie geht es Peter?«
    »Peter? Soweit ich weiß, geht es ihm gut. Er hat sich ein Zimmer im Haus eines Freundes genommen, wenn ich das richtig verstanden habe. Wir sehen ihn nicht oft, aber manchmal kreuzt er auf, wenn er Hunger hat.«
    Ihr fiel ein, dass Dougies Freunde über Peters »streng geheime« Tätigkeit gesprochen hatten, aber Michael Wincantons Gesichtsausdruck hielt sie davon ab, nachzufragen.
    Als sie in dieser Nacht endlich ins Bett ging, achtete sie darauf, ihre Tür wieder abzuschließen.
    Am nächsten Morgen hatte sich Angies Zustand verbessert. Sie war wieder sie selbst und hatte etwas Farbe im Gesicht, obwohl sie klagte, dass ihr Kopf immer noch schmerzte. Oenone dagegen war sehr blass, und der Puder konnte die Tränensäcke unter ihren Augen nicht verbergen. Dennoch ging es ihr offenbar gut genug, um die Betreuung ihrer Tochter zu übernehmen. Sie brachte Angie persönlich das Frühstück nach oben und blieb bei ihr, während sie aß. Auch Beatrice saß beim Frühstück, als Guy anrief.
    »Wie geht es dir?«, erkundigte er sich. »Hör mir genau zu«, fuhr er dann fort. »Können wir uns an Waterloo Station treffen? Ich muss um zehn Uhr den Zug nach Portsmouth nehmen.«
    Kurz vor zehn war sie dort und bahnte sich ihren Weg durch die Menschenmassen auf dem Bahnsteig. Zwischen den Hunderten von Menschen konnte sie ihn nicht gleich entdecken und geriet in Panik.
    »Bea!«, rief er hinter ihr.
    Sie drehte sich um, und im nächsten Moment lag sie in seinen Armen. Sie küssten sich lange und lösten ihre Lippen ab und zu nur voneinander, um sich gegenseitig anzublicken, als wollten sie jede gemeinsame Erinnerung in sich einsaugen.
    Beatrice hatte sich geschworen, stark zu sein um seinetwillen, doch sie konnte es kaum ertragen.
    »Pass auf dich auf, Liebling«, flehte sie ihn an. »Unternimm nichts Waghalsiges, ja? Ich brauche dich heil zurück.«
    Sie half ihm dabei, mit seiner Ausrüstung in den Zug zu steigen, und er küsste sie ein letztes Mal. Dann ertönte die Pfeife des Schaffners, und der Zug setzte sich in Bewegung. Sie sah zu und winkte, bis er nur noch ein dunkler Fleck in der qualmenden

Weitere Kostenlose Bücher