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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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zurückkam, um seinen Platz am Ruder wieder einzunehmen, stand Lucy auf, um hinüberzuwechseln – doch sie ließ die Pinne zu früh los. Eine starke Windböe ließ das Boot herumschießen, und sie wankte und schrie. Sie griff nach dem nächstbesten Halt – und das war ausgerechnet Anthony. Er stolperte, brüllte und fiel über Bord.
    »Hilfe! Was soll ich tun?« Lucys schriller Schrei gellte über das leere Wasser.
    Nach einem langen, langen Moment kam er keuchend wieder an die Oberfläche. Er hielt immer noch das Seil fest und klammerte sich an die Seite des Bootes.
    »Setz dich hin!«, rief er prustend. »Nein, da drüben. Und dann beug dich da raus.«
    Mit äußerster Anstrengung gelang es ihm, sich selbst wieder ins Boot zu ziehen. Ohne Atem zu schöpfen, griff er nach dem Ruder und brachte das Boot wieder unter Kontrolle. Seine Augen waren wie Stahl, und sie traute sich nicht, etwas zu sagen. Sie erreichten den Hafen und glitten ruhig zu ihrem Anlegeplatz.
    Lucy wartete, bis er das Boot festgemacht hatte, bevor sie kleinlaut sagte: »Anthony, es tut mir schrecklich, schrecklich leid! Es war mein erstes Mal. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich hätte auf dich hören sollen.«
    Mit Erleichterung sah sie, dass langsam ein Lächeln seine erstarrte Miene wie eine Flamme auftaute. Seine Augen blitzten, und er brach in Gelächter aus.
    »Was?«, fragte sie. »Was ist los? Sag’s mir!« Dann fing auch sie zu lachen an, und bald konnten sich beide vor Lachen kaum noch halten.
    »Bitte«, sagte er. »Bitte. Oh, warte, bis ich das den Jungs erzähle!«
    »Welchen Jungs?«, fragte sie, aber er lachte immer weiter.
    Schließlich sagte er: »Mach schon. Geh und zieh dich um. Ich mach hier klar Schiff.«
    Sie klettert auf den Steg. »Danke!«, rief sie hinunter. »Ich spendier dir nachher einen Drink an der Bar, okay?«
    »Ich wohne bis Sonntag in einem Haus, das man mir zur Verfügung gestellt hat«, sagte Anthony eine Stunde später und nahm einen Schluck von dem einheimischen Bitter. Lucy und er saßen sich an einem Holztisch vor dem Hotel bei einem Bier gegenüber. Es war ein milder Abend. »Das Boot gehört eigentlich meinem Freund, aber er benutzt es im Moment nicht oft. Ich fand übrigens, dass du dich sehr gut geschlagen hast.«
    Lucy war so überrascht, dass sie sich fast an ihrem Lagerbier verschluckt hätte. »Sei nicht albern. Ich war eine Katastrophe!«
    »Nein, wirklich, fürs erste Mal. Du hast Ruhe bewahrt.«
    »Und den Skipper hab ich ins Wasser geschubst. Früher musste man wegen so was bestimmt über die Planken gehen.«
    Er lächelte auf die Art, die sie so mochte, weil sie sein Gesicht zum Leuchten brachte. Er war wohl ein bisschen älter als sie, aber nicht viel. Seine braune Haut und das kurze, sonnengebleichte rötliche Haar ließen auf viele Stunden im Freien schließen. Sie saß da, das Kinn in der Hand, und sah zu, wie er sich eine Zigarette drehte und sie mit langsamen, geschickten Bewegungen anzündete. Sie wollte mehr über ihn erfahren, doch sie spürte eine Barriere.
    »Du machst also Urlaub?«, lautete die Frage, für die sie sich entschied.
    »So ungefähr.« Er starrte an ihr vorbei. Schließlich sah er ihr in die Augen. »Ich bin Offizier. Beende gerade meinen Heimaturlaub nach einem langen Aufenthalt in Afghanistan. Montag trete ich wieder zum Dienst an.«
    »Oh«, sagte sie.
    »Du runzelst die Stirn. Was denkst du gerade?«
    »Nur, dass es ein bisschen wichtiger klingt, als Fernsehfilme zu produzieren.«
    »Das ist dein Job?«
    »Ja.«
    »Was für eine Art von Filmen?«
    »Ein Historiendrama im Moment. Mit diesen merkwürdigen Dokumentarberichten als Gratiszugabe.«
    »Was die Art von Programm ist, die ich mir mit Vergnügen anschaue, wenn ich außer Dienst bin. Daher unverzichtbar für die Welt.«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Ja.«
    Sie zögerte einen Moment, bevor sie fragte: »War es eine schlimme Zeit?«
    Wieder dieser weit in die Ferne schweifende Blick auf das Meer hinaus. Nach einem Moment nickte er und nahm einen großen Schluck von seinem Bier. »Es ist gut, zu Hause zu sein. An einem Aprilabend am Meer zu sitzen.« Er kniff die Augen zusammen. »Hey, und was ist mit dir? Ferien?«
    »Nicht wirklich … Nun ja, mehr oder weniger. Ich meine, ich muss auch erst Montag wieder arbeiten, aber dieser Trip war eigentlich nicht geplant. Ich versuche gerade, ein Familiengeheimnis zu lösen.«
    »Klingt interessant. Eine Leiche im Keller?«
    »Möglich, ja. Die Familie meiner

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