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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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sagte: »Mrs Wincanton.«
    Angies Mutter wandte sich um.
    »Oh Bea«, murmelte sie. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist. Schrecklich … Ist es nicht schrecklich?«
    Sie küsste Beatrice, aber mit ihren Gedanken war sie weit weg.
    »Mummy, warum kommst du nicht rüber und setzt dich?«, sagte Angie und ging zu ihr, aber ihre Mutter wies sie mit einer Geste ab.
    »Nein, es geht mir gut«, erwiderte sie und fuhr fort, mit einem traurigen Lächeln im Gesicht die Kinder zu beobachten.
    »Ich zeig dir den Brief, Bea. Mummy, darf ich?«
    »Was, Liebling?«
    »Bea den Brief von Wing Commander Lewis zeigen.«
    Oenone Wincanton zuckte mit den Schultern.
    »Geht es ihr wirklich gut?«, flüsterte Beatrice.
    Angie holte einen Umschlag vom Kaminsims und setzte sich mit Beatrice auf das Sofa, wo sie vor wenigen Monaten Angie mit Rafe gesehen hatte.
    »Der Doktor hat ihr diese schrecklichen Pillen gegeben«, antwortete Angie leise. »Sie kann nicht schlafen, weißt du. Daddy ist keine Hilfe. Er ist nie hier. Und offenbar weiß niemand, was Peter vorhat. Zuerst hat Daddy arrangiert, dass er für einen seiner Freunde in der Regierung Botengänge erledigt, und jetzt hat er irgendeinen Schreibtischjob.« Große Tränen fielen auf den Umschlag.
    Beatrice nahm ihn behutsam aus Angelinas Händen, zog den Brief heraus und las ihn. Es war eine meisterhafte Beileidsbekundung. Dieser Mann hatte Ed persönlich gekannt. Sie spürte seine eigene Trauer und seinen Zorn über den Verlust dieses tapferen und großartigen jungen Mannes. »Er hat sein Leben gegeben, damit wir frei sein können« , lautete der letzte Satz, und trotz ihres eigenen Kummers hob sich ihr Herz. Genau darum ging es: die selbstlose Liebe für andere. Das war es, worum es gehen musste – oder was sonst war der Sinn von allem?
    »Ich will ihn zurückhaben«, schluchzte Angie neben ihr. »Ich will ihn einfach zurückhaben!«
    Beatrice legte ihre Arme um sie und hielt sie fest.
    Später fragte sie vorsichtig: »Habt ihr irgendwas von Rafe gehört?«
    »Nein, natürlich nicht, sonst hätte ich es dir schon gesagt«, antwortete Angie mit dumpfer Stimme. »Nichts.«
    Zwei Monate nach diesem Gespräch gab es immer noch keine Nachricht von Rafe. Während sie neben Mary im Dunkel saß und auf die Flugzeuge und Bomben horchte, sprach Beatrice ein kleines Gebet für ihn.
    Eine Stunde verging. Eine Weile waren keine Bomben gefallen. Das Geschützfeuer wurde sporadischer. Bald nachdem das Pochen der Flugzeugmotoren nicht mehr zu hören war, erstarb es völlig.
    »Sollen wir nachsehen, wie’s draußen aussieht?«, flüsterte Mary. Die beiden jungen Frauen standen auf und gingen zur Tür.
    »Nun, meine Damen«, sagte der Luftschutzhelfer, der den Eingang bewachte. »Wohin wollen Sie denn? Es hat noch keine Entwarnung gegeben.«
    »Ach, bitte, machen Sie doch die Tür auf«, bettelte Mary. »Sie sind weg, das wissen Sie, und wir müssen unbedingt zum nächsten Schutzraum.«
    Der Luftschutzhelfer ließ sie schließlich hinaus, brummte dabei etwas von herabstürzendem Mauerwerk und von jungen Damen, die heutzutage nicht wüssten, was gut für sie wäre. Mary schenkte ihm zum Dank ein umwerfendes Lächeln. Der Mann knurrte und zog die Tür hinter ihnen zu.
    Vor ihnen öffnete sich eine entsetzliche Welt, von hinten beleuchtet von Feuer, die Luft voller Rauchschwaden und Staub, aus der Ferne Rufe und Schreie. Die beiden jungen Frauen zogen sich die Krägen ihrer Mäntel bis hoch über das Kinn und schützten ihre Augen mit ihren behandschuhten Händen, während sie langsam durch das kleine Tor hinausgingen. Zerbrochenes Glas knirschte unter ihren Füßen, als sie sich bis zu der Kantine vortasteten, die glücklicherweise nicht beschädigt war. Einen Augenblick standen sie nur da und betrachteten bestürzt die dicke Schicht aus Staub und Trümmern auf dem Wagen.
    Genau in diesem Moment ertönte ein Krachen und Ächzen, wie von einem Baum bei starkem Wind. Sie schauten auf und sahen gerade noch, wie ein paar Hundert Yards entfernt ein Gebäude in sich zusammenbrach und auf die Straße stürzte.
    »Wenn wir ein paar Minuten früher da langgegangen wären …«, sagte Beatrice.
    »Nicht«, fiel Mary ihr ins Wort. »Wir werden eine andere Straße nehmen müssen.« Als sich der letzte Staub gelegt hatte, öffnete sie die Beifahrertür, griff nach einem alten Handtuch und wischte damit den Dreck von der Windschutzscheibe. Dann kletterten sie beide in den Wagen, und Beatrice ließ den Motor

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