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Das Bienenmaedchen

Das Bienenmaedchen

Titel: Das Bienenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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verlassen hatten. Sie schälten sich aus ihren staubigen Uniformen und kletterten in ihre Kojen. Beatrice fiel augenblicklich in einen traumlosen Schlaf.
    In der folgenden Nacht wurde sie in den frühen Morgenstunden geweckt, nicht durch einen Luftangriff, sondern durch Steine, die gegen das Fenster klirrten.
    »Du bist dran«, stöhnte Mary, die in der unteren Koje lag.
    Beatrice glitt aus ihrem Bett nach unten, schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter und öffnete die Hintertür. Eine kleine, schlanke Gestalt schlüpfte herein.
    »Danke, du bist eine echte Freundin«, flüsterte Judy, die am ganzen Körper zitterte. Sie duftete wunderbar nach Chanel Nº 5 und ausländischen Zigaretten.
    »Und, war’s schön?«, fragte Beatrice und gähnte.
    »Fantastisch!« Mit einem gekonnten Hüftschwung schleuderte Judy ihre Schuhe von sich. »Hat allerdings ewig gedauert, ein Taxi zu finden.«
    Gemeinsam schlichen sie die Treppe hoch, um ja nicht die Hausmutter zu wecken.
    »Komm heute Abend mit, Bea, bitte! Dougie bringt ein paar Kumpel mit.« Judy, die sich vor dem Spiegel herausputzte, drehte sich um. Ihr hübsches Gesicht leuchtete vor Aufregung. »Du verkümmerst sonst noch, wenn du nicht aufpasst.«
    »Aber ich geh doch aus. Gestern Abend war ich im Kino.«
    Sie hatte Rosemary begleitet, die vierte Bewohnerin ihres Schlafraums. Nach einer zerbrochenen romantischen Liebe mit einem polnischen Spitfire-Piloten hatte Rosemary verkündet, sie wolle nichts mehr mit Männern zu tun haben.
    »Doch nicht schon wieder Vom Winde verweht? «
    »Ich mag Vom Winde verweht . Aber nein, gestern Abend waren wir in Rebecca .« Der Film spielte in Cornwall, und sie hatte schreckliches Heimweh bekommen.
    »Das ist doch genau das Gleiche,« verkündete Judy, während sie sich mit einem karminroten Lippenstift über den Mund fuhr. »Du bist damit zufrieden, wenn du dir Liebesgeschichten auf der Leinwand anschaust, und bemühst dich nicht darum, das in der Realität zu erleben. Was ist los mit dir?«
    Beatrice, die in ihrer Koje ein Buch las, seufzte. »Gut«, sagte sie und schwang sich aus ihrem Bett nach unten. »Ich komme mit, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass ich jemanden kennenlerne. Was machst du da?« Judy hatte die Schranktür aufgerissen und wühlte sich durch die Kleider. »Wir müssen unsere Uniform tragen, Ju.«
    Rosemary hatte erst vor Kurzem deswegen Ärger mit der Hausmutter bekommen und an einem freien Abend nicht ausgehen dürfen. Judy brach jede Regel, wenn sie damit durchkommen konnte – und das war meistens der Fall.
    »Das hier ist gut – fang«, rief Judy und warf Beatrice eines ihrer eigenen Kleider zu. Es war lang und hellblau. »Das ziehst du erst im Nachtclub an, Dummerchen. Beeil dich«, befahl sie. »Dann mach ich dir noch die Haare, wenn du möchtest.«
    Es war neun Uhr, als sie sich in die Schlange vor dem Nachtclub einreihten, einem großen Keller unter dem Leicester Square. Es fiel ein heftiger Schneeregen, und als sie es schließlich die Treppe hinuntergeschafft hatten, folgte Beatrice Judy erleichtert durch die Menge zur Damentoilette. Dort zogen sie sich um und frischten ihr Make-up auf. Die kleine blonde Judy stach in ihrem figurbetonten scharlachroten Kleid aus der Menge der anderen Mädchen hervor, die sich auf der Damentoilette vor den Spiegeln drängelten und in schäbiges Marineblau oder Khaki gekleidet waren. Aber auch Beatrice in ihrem geliehenen Kleid war das Objekt unerwartet anerkennender Blicke.
    Als die beiden fertig waren, bahnten sie sich den Weg zur Bar, wo Judy ihren Freund erspäht hatte, der gerade Drinks bestellte. Sein sympathisches jungenhaftes Gesicht hellte sich auf.
    »Judy, Schatz! Und Beatrice! Ihr seht himmlisch aus. Wohin ist Guy verschwunden. Guy? Mädels, das ist Guy Hurlingham vom Kasino. Was wollt ihr trinken?«
    Beatrice mochte Dougie, den sie bei einer früheren Gelegenheit kennengelernt hatte. Während er und Judy losplauderten, gab Beatrice dem anderen Mann schüchtern die Hand. Guy Hurlingham war ziemlich groß und gut gebaut. Auf der Schulter trug er das Abzeichen eines Captain. Er war ein paar Jahre älter als die inzwischen achtzehnjährige Beatrice, sprach mit einem singenden Tonfall und hatte ein intelligentes Gesicht, das ein bisschen an einen Fuchs erinnerte. Seine glänzenden dunklen Haare hoben sich von seiner sehr blassen Haut ab.
    Er bot ihr eine Zigarette an, die sie ablehnte. Dann zündete er seine eigene mit eleganten Bewegungen an. Er hatte

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