Das Biest in ihm (German Edition)
ihn zu oft gespürt. Vincent gab den Widerstand auf. Sofort ließ der Schmerz nach. Das Biest schnurrte, wol l te seinen Tribut. Er hob sie auf den Waschtisch, riss alles von ihr, was ihm im Weg war. Es würde kommen. Gleich.
„Schließ die Augen.“
Yvonne gehorchte, fragte nicht nach seiner rauen Stimme. Hinter ihm ging die Tür. Im Spiegel war Ninas bleiches Gesicht. Sie sah ihn an. Sah, wie Yvonne ihn mit lustvollem Stöhnen zu sich zog . Sah in seine bernstei n gelben Augen. Es war zu viel Gier in ihm, um aufzuhören. Yvonne bettelte, ve r langte mehr, schrie seinen Namen. Sah nicht das Fell. Sah nicht die Zä h ne.
Nina schloss die Tür.
Vincents Schrei hallte durch den Korridor. Nina hechtete raus. Weg von hier! Weg von dieser Fabrik, in der Monster hausten, die Leben zerstörten. Ihr Leben! Zu viel Tränen. Sie konnte nichts sehen, stolperte über die Stufen.
„Nina!“
Jemand rief hinter ihr her. Es war nicht Vincent. Er konnte nicht mehr rufen. Nur noch brüllen, während er sich nahm, was sie ihm nicht geben durfte.
Über den elenden Parkplatz, an leeren Gebäuden vorbei. Augenhöhlen. Sahen die Fenster mit den ze r schlagenen Scheiben nicht genauso aus? He i nrichs Freund. Der hatte es hinter sich. Lust, Gier, Hass, Befriedigung von allem. Aber keine Liebe. Was hatte sie sich eingebildet? Sie war nicht besser als der Rest. Ihre Träume sa g ten es ihr jede Nacht. Egmont, Vincent, Nina. Nur Namen.
„Es gibt keine Liebe!“
Der Penner zog schnell die leere Raviolibüchse weg, als sie an ihm vorbe i stürmte. Die Münzen darin klimperten.
„Wer sagt denn so was?“
Seine brüchige Stimme zwang sie zum Stehenbleiben.
„Ich.“ Die Tränen rannen an ihr h in unter . Sie konnte sie nicht aufhalten. Vielleicht würde sie sich aufl ö sen? Dann wäre alles gut.
„Du bist nicht sehr helle, oder?“ Sein zahnloser Mund klaffte auseinander. Es sollte wohl ein Lachen we r den. „Ich sitze hier jeden Tag.“ Ächzend kam er auf die krummen Beine, humpelte auf sie zu. „Hier wohnen nur Freaks in den schäbigen Blocks. Siehst du?“ Er zeigte auf eine düstere Gestalt, deren zotteliger Hund still neben ihr hertrott e te. „Der Junge da hat kaum was zu fressen. Sein Hund ist satter als er.“ Er humpelte noch etwas näher. Der Geruch nach Dreck, Fusel und Kippen begleitete ihn. „Aber nen co o len Spruch für nen alten Mann wie mich hat der immer auf der Pfanne.“ Sein Kichern klang vergnügt, als hätte das Leben nur Sonnentage für ihn bereitgehalten. „Und die Münzen rollen hier auch. Sieh!“
In seiner Büchse glänzte es silbern. Mit seinen Gichtfingern fischte er ein Zweieur o stück heraus und hielt es ihr hin. „Willst du? Ich teile gern.“
„Nein danke.“ Ihre Welt brach immer noch zusammen , aber ein Lächeln für diesen Penner bekam sie hin.
„Hast es nicht nötig, was?“ Er lächelte voll Verständnis. „Wer Geld nicht nötig hat, dem fehlt es oft an anderen Dingen.“
Nina ging weiter. Sie musste heim. Allein sein und weinen dürfen. Der Alte stapfte n e ben ihr her.
„Was du mir heute anvertraust, hab ich morgen schon wieder ve r gessen.“
„Ich will dir nichts anvertrauen.“ Er sollte sie nur in Ruhe lassen.
„Wäre aber schön, ich vergess e gern Dinge. Vor allem die Schlimmen.“ Sein dürrer Finger suchte seine faltige Lippe. „Schöne Dinge würde ich gern behalten.“ Er zuckte traurig die Schultern. „Aber mein Hirn hat Löcher, zu viel gesoffen, weißt du?“ Breitbe i nig ve r suchte er , sein Gleichgewicht zu behalten, während seine Hand in den Tiefen der fleck i gen Manteltasche verschwand. „Nur unter uns, Kleine. Es gibt die Liebe.“
„Nicht für mich.“ Dass ihr Sturzbäche aus den Augen liefen, störte ihn nicht.
„Doch, doch. Die ziert sich nur manchmal. Ist wie ne schöne Frau. Die will hofiert werden.“
Wie konnte ein abgerissener Penner nur so glücklich lachen? „Lass mich in Ruhe mit deinen Sprüchen.“ Sie waren nichts als Gefasel.
Der Alte zuckte zusammen. „Du magst sie nicht?“ Empört straffte er die Schultern nach hinten. „Ich habe früher Geld dafür bekommen, dass ich sie reichen Allesh a bern auf die einsamen Seelen gebrannt habe.“
„Du kennst mein Leben nicht.“
„Ja, ja, das sagen sie alle.“ Endlich hatte er etwas gefunden. Er strahlte, als er eine abg e griffene Brieft a sche hervorholte. „Du kennst meines übrigens auch nicht , aber das ist egal. Ich zeig dir das Schön s te aus ihm. Komm,
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