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Das Bild

Das Bild

Titel: Das Bild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Sie nickte zwei Obdachlosen zu, die am Ende der Bank auf ihren ausgebreiteten Mänteln schliefen. Einer hatte eine schmutzige, orangefarbene
Mütze über das Gesicht gezogen, um das unbarmherzige
Licht abzuhalten.
Slowik betrachtete sie einen Moment, dann sah er Rosie
wieder an. »Soweit wird es nicht kommen«, wiederholte er,
diesmal selbstsicherer. »Die städtischen Busse halten direkt
vor dem Haupteingang; gehen Sie nach links, dann sehen Sie
es schon. Verschiedene Abschnitte des Bordsteins sind in den
entsprechenden Farben der Buslinien gestrichen. Sie müssen
mit der Linie Orange fahren, also stehen Sie am orangefarbenen Abschnitt. Verstanden?«
»Ja.«
»Kostet einen Dollar, der Fahrer will es passend haben. Er
wird sauer sein, wenn Sie kein Kleingeld haben.«
»Ich hab jede Menge Kleingeld.«
»Gut. Steigen Sie an der Ecke Dearborn und Elk aus, dann
gehen Sie zwei Blocks die Elk entlang … vielleicht auch drei,
ich weiß nicht mehr genau. Wie auch immer, so kommen Sie
zur Durham Avenue. Da müssen Sie sich links halten. Sie
müssen etwa vier Blocks gehen, aber es sind kurze Blocks.
Ein großes, weißes Holzhaus. Ich würde sagen, es sieht aus,
als könnte es einen neuen Anstrich vertragen, aber vielleicht
sind sie inzwischen dazu gekommen. Können Sie sich das
alles merken?«
»Ja.«
»Noch was. Bleiben Sie im Busbahnhof, bis es Tag wird.
Gehen Sie vorher nirgendwo hin - nicht mal zur städtischen
Haltestelle.«
»Das hatte ich auch nicht vor«, sagte sie.
4
    Sie hatte nur zwei bis drei Stunden Schlaf im Continental
Express bekommen, der sie hierher gebracht hatte, und
daher war eigentlich nicht überraschend, was passierte, als
sie aus dem Bus der Linie Orange ausstieg: Sie verlief sich.
Rosie kam später zum Ergebnis, daß sie auf der Elk Street in
die falsche Richtung gegangen sein mußte, aber die Wirkung
- ein fast dreistündiger Fußmarsch in einer fremden Stadt war viel wichtiger als die Ursache. Sie ging Block für Block
und suchte nach der Durham Avenue, ohne sie zu finden.
Ihre Füße taten weh. Ihr Rücken pochte. Sie bekam Kopfschmerzen. Und in dieser Gegend gab es ganz bestimmt
keine Peter Slowiks; die Gesichter, die sie nicht völlig unbeachtet ließen, betrachteten sie mit Mißtrauen, Argwohn oder
regelrechter Geringschätzung.
    Nicht lange, nachdem sie aus dem Bus ausgestiegen war,
kam sie an einer schmutzigen, fragwürdig aussehenden Bar
namens The Wee Nip vorbei. Die Rollos waren heruntergelassen, die Leuchtreklame für Bier dunkel, ein Gitter war vor
die Tür gezogen worden. Als sie rund zwanzig Minuten später wieder zu derselben Bar kam (ohne zu merken, daß sie
diesen Weg schon einmal gegangen war, bis sie die Bar sah;
alle Häuser sahen gleich aus), waren die Rollos immer noch
unten, aber die Bierreklame beleuchtet und das Gitter
zurückgerollt. Ein Mann in grüner Drillicharbeitskleidung
lehnte mit einem halbvollen Bierkrug an der Tür. Sie sah auf
die Uhr und stellte fest, daß es noch nicht einmal halb sieben
war.
    Rosie senkte den Kopf, bis sie den Mann nur noch aus dem
Augenwinkel sehen konnte, hielt den Träger ihrer Handtasche fester und ging etwas schneller. Sie vermutete, daß der
Mann an der Tür wußte, wo die Durham Avenue lag, aber sie
hatte nicht die Absicht, ihn nach dem Weg zu fragen. Er sah
aus, wie ein Mann, der sich gern mit seinen Mitmenschen besonders Frauen- unterhielt, und zwar aus der Nähe.
    »Hey Baby, hey Baby«, sagte er, als sie am Wee Nip vorbeiging. Seine Stimme klang vollkommen tonlos, fast wie die
eines Roboters. Und obwohl sie ihn nicht ansehen wollte,
konnte sie nicht anders, als einen kurzen, ängstlichen Blick
über die Schulter auf ihn zu werfen. Er hatte einen hohen
Haaransatz, blasse Haut, auf der eine Anzahl Male wie teilweise verheilte Brandnarben abstanden, und einen dunkelroten Walroßschnurrbart, bei dem sie an David Crosby denken
mußte. Reste von Bierschaum hingen daran. »He Baby willstes besorgt haben siehst gar nicht schlecht aus sogar ziemlich
gut tolle Titten was meinste willstes besorgt haben ‘n tollen
Ritt willstes besorgt haben willstes von hinten was meinste?«
    Sie wandte sich von ihm ab und zwang sich, mit konstanten Schritten und gesenktem Kopf zu gehen, wie eine Moslemfrau auf dem Weg zum Markt; zwang sich, ihn in keiner
Weise mehr zur Kenntnis zu nehmen. Wenn sie das tat, kam
er ihr vielleicht nach.
    »He Baby laß uns mit allen Vieren auf’n Boden was meinste? Laß uns runter laß es uns von hinten machen laß es

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