Das Bild
um die Scheinwerfer und Stoßstangen, die mit Draht festgebunden waren), und als er sechzehn
war, war er süchtig-zwei Packungen pro Tag und ein echter Raucherhusten am Morgen.
Drei Jahre, nachdem er Rose geheiratet hatte, war ihre ganze
Familie - Vater, Mutter, ihr sechzehn Jahre alter Bruder - auf eben
der Route 49 ums Leben gekommen. Sie waren auf der Rückfahrt
vom Baggersee am Philo’s Quarry, wo sie zum Baden gewesen
waren, als ein Kieslaster auf die Gegenfahrbahn geriet und sie
plattmachte wie Fliegen auf einer Fensterscheibe. Den Kopf des
alten McClendon hatten sie dreißig Meter von der Unfallstelle entfernt im Straßengraben gefunden, mit offenem Mund und einem
gehörigen Pflatscher Krähenscheiße in einem Auge (damals
war Daniels schon Cop, und Cops hörten so etwas). Das alles
hatte Daniels nicht im geringsten bekümmert; im Gegenteil, der
Unfall freute ihn diebisch. Seiner Meinung nach hatte der
neugierige alte Sack genau das bekommen, was er verdiente.
McClendon hatte die Angewohnheit gehabt, seiner Tochter
Fragen zu stellen, die ihn nichts angingen. Rose war nicht mehr
McClendons Tochter - jedenfalls nicht mehr vor dem Gesetz. Vor
dem Gesetz war sie Norman Daniels’Frau geworden.
Er machte einen tiefen Zug an der Zigarette, blies drei
Rauchringe und sah zu, wie sie langsam zur Decke schwebten.
Draußen hupte und plärrte der Verkehr. Er war erst einen
halben Tag hier und haßte diese Stadt bereits. Sie war zu groß. Sie
bot zu viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Nicht, daß das
eine Rolle gespielt hätte. Denn alles verlief genau nach Plan,
und bald würde eine sehr harte und sehr schwere
Backsteinwand auf Craig McClendons untreue kleine Tochter
Rosie herunterfallen.Bei der Beerdigung der McClendons - einem
Dreifachbegräbnis, an dem praktisch jeder in Aubreyville
teilnahm -, hatte Daniels angefangen zu husten und nicht mehr
aufhören können. Die Leute hatten sich zu ihm umgedreht und
ihn angestarrt, und dieses Gaffen haßte er mehr als alles andere
auf der Welt. Mit rotem Gesicht und rasend vor Verlegenheit
(aber trotzdem außerstande, mit dem Husten aufzuhören), hatte
sich Daniels an seiner schluchzenden Frau vorbeigedrängt und
die Kirche verlassen, während er vergebens eine Hand auf den
Mund preßte.
Draußen stand er und hustete so sehr, daß er sich mit den
Händen auf den Knien abstützen mußte, um nicht ohnmächtig zu
werden, und er betrachtete mit tränenden Augen alle anderen die
herausgekommen waren, um eine Zigarette zu rauchen, drei
Männer und zwei Frauen, denen es nicht gelang, den Entzug
auch nur die lausige halbe Stunde einer Beerdigung zu
ertragen, und da entschied er ganz plötzlich, daß er aufhören
würde zu rauchen. Einfach so. Er wußte, wahrscheinlich war
der Hustenanfall auf seine üblichen Sommerallergien
zurückzuführen, aber das interessierte ihn nicht. Es war eine
verdammt dumme Angewohnheit, vielleicht die dümmste auf
diesem Planeten, und der Teufel sollte ihn holen,
wenn einmal ein Leichenbeschauer Fall Mall als Todesursache in
seinen Totenschein eintrug.
An dem Tag, als er nach Hause gekommen war, und feststellen
mußte, daß Rosie sich aus dem Staub gemacht hatte - an dem
Abend, um genau zu sein, als er herausfand, daß die BankCard verschwunden war, und er dem Unvermeidlichen ins Auge sehen
mußte -, war er zum Store 24 unten am Hügel gegangen und hatte
seine erste Packung Zigaretten seit fünfzehn Jahren gekauft. Er
war zu seiner alten Marke zurückgekehrt wie ein Mörder zum
Schauplatz seiner Tat. In hoc signo vinces hieß es auf jeder blutroten Packung, in diesem Zeichen sollst du siegen, seinem alten
Herrn zufolge, der Daniels’ Mutter bei einer Reihe häuslicher
Streitereien besiegt hatte, aber bei sonst nicht viel, soweit Norman
das je mitbekommen hatte.
Nach dem ersten Zug war ihm schwindlig geworden, und als er
die erste Zigarette geraucht hatte, bis ganz zum Filter hinunter,
war er überzeugt, daß er kotzen, ohnmächtig werden oder einen
Herzanfall haben würde. Vielleicht alles drei zugleich. Aber nun
war er hier, rauchte wieder seine zwei Packungen am Tag und bellte
wieder das altbekannte Husten von ganz tief unten in der Lunge
heraus, wenn er sich morgens aus dem Bett wälzte. Es war, als hätte
er nie aufgehört.
Aber das machte nichts; er machte eine Phase großer seelischer
Belastung durch, wie die Psychofritzen immer sagten, und wenn
jemand eine Phase großer seelischer Belastung durchmachte,
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