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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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nicht zu den de Valentis gehen, solange er dort ist.«
    »Dann gehe ich eben ins Kloster zurück.«
    »Und wenn er dort nach dir sucht?«
    Lucrezia rührte sich nicht.
    »Geh mit Paolo«, befahl Fra Filippo. »Ich würde dich ja selbst begleiten, aber ich werde im Dom erwartet und bin schon spät dran. Wir werden sehen, was wir tun, wenn das Fest vorbei ist.«
    Lucrezia schwirrte der Kopf. Wenn sie zu den de Valentis ging, würde sie der Generalabt sehen. Und wenn sie ins Kloster zurückkehrte, konnte er sie dort leicht noch einmal abfangen. Nein, in Santa Margherita war sie im Moment nicht sicher.
    »Also gut, Bruder Filippo, ich werde tun, was Ihr sagt, aber nur, bis ich etwas Besseres gefunden habe.«
    Der Mönch berührte beruhigend ihren Arm.
    »Es ist am besten so«, sagte er. »Der Generalabt wird eine Rüge bekommen. Er wird nicht mehr wagen, sich dir noch einmal zu nähern, wenn ich erst mit meinen mächtigen Freunden gesprochen habe.«
    »Bitte, Ihr habt bereits genug getan.« Ihre Unsicherheit war verschwunden. »Ich werde bei Euch bleiben, bis es für mich sicher ist, zu Signora Teresa zu gehen. Und mit Gottes Hilfe wird niemand erfahren, wo ich war.«
    »Wie du willst«, sagte der Mönch. Er wies Paolo an, Lucrezia auf einem Umweg zu seiner Werkstatt zu führen, damit sie nicht noch einmal über den Domplatz gehen musste, und er bat sie, sich zu beeilen.
    Weder dem Mönch noch der Novizin war in der Hitze ihrer Auseinandersetzung aufgefallen, dass sie von den Nonnen von Sant’Ippolito gesehen worden waren.
    Die Nonnen hatten beobachtet, dass der Mönch – mit seiner Größe und in seiner weißen Kutte so unverkennbar – die junge Novizin aufgehalten und in eine andere Richtung geschickt hatte.

14. Kapitel

    Nach der Nona am Hochfest des Heiligen Gürtels, im Jahre des Herrn 1456
    L ucrezia saß in einem wuchtigen Holzstuhl vor Fra Filippos Herd und sah einem ärmlich gekleideten Mädchen beim Schüren des Feuers zu. Sie konnte kaum älter als elf Jahre sein. Ihre Arme waren dünn, dennoch goss sie fast mühelos Wasser in den Kessel und hob diesen dann in Schulterhöhe an einem Haken übers Feuer.
    »Ich bin Rosina«, sagte das Mädchen. Sie hatte dichtes schwarzes Haar und ein kleines, liebes Gesicht. »Ich bin Paolos Schwester.«
    Der Lärm der Festlichkeiten dröhnte draußen, doch in der Werkstatt des Malers war es still.
    »Warum bist du nicht bei der Feier?«, erkundigte sich Lucrezia.
    »Ich komme jeden Tag und helfe Bruder Filippo in der Küche«, erklärte Rosina. Sie hatte unglaublich lange Wimpern, die Schatten auf ihre Wangen warfen. »Ich gehe zum Dom, wenn meine Arbeit hier getan ist.«
    Das Mädchen musterte Lucrezias Tracht und Schleier.
    »Wenn ich alt genug bin«, verkündete sie, »werde ich auch ins Kloster Santa Margherita eintreten.«
    Rosina reichte Lucrezia einen großen Becher. Lucrezia nahm einen Schluck von dem süßen, heißen Wein und spürte plötzlich, wie sie von einer großen Müdigkeit übermannt wurde. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Ein wenig Ruhe konnte bestimmt nicht schaden, dachte sie, während sie den Becher auf den Boden setzte und die Augen schloss. Sie war hier in Sicherheit. Sie würde sich besser fühlen, wenn sie um den Beistand des Herrn betete und sich dem Schlaf hingab, der die beste Medizin Gottes war.
    Als sie erwachte, lag sie in einem weichen Bett unter einer warmen Decke. Es war dunkel und einige Sekunden lang glaubte Lucrezia, sie wäre wieder zu Hause, in ihrem Himmelbett, das sie mit Spinetta teilte.
    »Ist da jemand?«, rief sie.
    Sie schlug die Decke zurück, setzte sich auf und ließ ihre nackten Füße aus dem Bett hängen. Irgendjemand hatte ihr Schuhe und Strümpfe ausgezogen. Vage erinnerte sie sich an Rosinas kleine, starke Hände, ihre beruhigende Stimme. Lucrezia rieb sich die Augen, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann blickte sie sich in dem winzigen Schlafzimmer um: über sich grobe Balken, um sich herum unebene Wände. Die Decke war mit Stroh gedeckt, und Lucrezia konnte sich kaum vorstellen, dass das reichte, um den Frühjahrsregen abzuhalten. Sie lauschte, aber auch draußen auf den Straßen schien alles still zu sein.
    »Ist da jemand?«
    Sie hatte ihre Tracht noch an, und ihr Schleier war verrutscht. Während sie ihn geraderückte, schaute sie sich um. Ihr Blick huschte über das enorme Bett, eine einfache Truhe und ein Tischchen. Auf dem Tischchen stand eine Waschschüssel, und an der Wand darüber

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