Das bisschen Haushalt
Plastik
„Das soll’s gewesen sein?“ „Na ja, bei dem Außerirdischen bin ich mir noch nicht sicher, ob ich den wirklich wegwerfen will“, erhalte ich von Paul zur Antwort. „Und alles, was sich da noch in diesem Haufen befindet, soll draußen bleiben, richtig?“, erkundige ich mich. „Genau, Daddy!“ Ich berufe eine Krisensitzung ein: „Hört mir mal zu: So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Ihr müsst viel großzügiger sein mit dem Aussortieren. Was glaubt ihr, warum ich 40 Müllsäcke und einen Kofferraum voll Kartons organisiert habe?“
Mir wird klar, dass Rebecca und Paul nicht in der Lage sind, selbstständig ihre Spielzeugberge abzutragen. Mit ihrer Tren-nen-tut-weh-das-könnte-man-ja-noch-mal-gebrauchen-mich-störts-sowieso-nicht-wenn-hier-alles-rumfliegt-Einstellung werden sie nie die Lehre des Feng-Shui verinnerlichen, geschweige denn Ordnung in dieses Durcheinander bringen. Was bleibt mir anderes übrig, als selbst Hand anzulegen?
Zunächst ist Rebeccas Zimmer an der Reihe. Ich setze mich an den Fuß des zusammengekehrten Berges, blicke hinauf zum Gipfel und greife mitten hinein in das Konvolut. Zutage fördere ich eine völlig nackte Puppe, deren Haare Rebecca vor ein paar Monaten - da wollte sie noch Friseurin werden - auf Streichholzlänge gestutzt hatte. „Schatz, lass uns dieses Zombie-Baby dem Müll überantworten“, nuschle ich und werfe die Puppe -ohne mir dabei groß Gedanken zu machen - in den Müllsack neben mir. Die Sirenen der New Yorker Polizei können nicht schriller klingen als Rebeccas Gebrüll, das unmittelbar danach einsetzt. „Papa! Hol die sofort wieder raus! Helena ist meine Lieblingspuppe“, entrüstet sich Madame. In einer solchen Situation tust du gut daran, das zu machen, was man dir sagt, denke ich mir und handle, wie mir befohlen.
Jedes Stück ein Kampf. Jedes noch so kleine, unscheinbare, wertlose, kitschige, zerbrochene, nicht mehr altersgemäße Teil, das ich aussortieren will, hat bei Rebecca noch eine Existenzberechtigung. Für jedes Stück findet sie gute Argumente, warum a) ich es nicht wegwerfen darf, es b) auch nicht zum Flohmarkt soll und c) nicht in Schrank oder Schublade einsortiert werden muss. Nachdem ich auch beim 17. Gegenstand einen abschlägigen Bescheid erhalte, ziehe ich die Konsequenzen und entnervt das Kreppband vom Boden ab. Mit einem „Dann mach’ doch deinen Mist allein“, verlasse ich ihr Zimmer und gehe hinüber zu Paul. Der simuliert inzwischen mit seinem Lego-Y-Wing-Fighter-Raumschiff einen interstellaren Krieg. „Super, dass du da bist. Spielst du mit mir?“, begrüßt er mich.
Ich mache eine klare Ansage, dass jetzt weder gegnerische Sternenzerstörer angegriffen werden noch sonst was gespielt wird, sondern dass dieser Spielzeugberg nun schleunigst aufzulösen ist. Paul gibt sich zwar großzügiger als seine Schwester, doch auch er ist voller Trennungsängste. Immerhin haben wir nach einer Stunde einen halben Müllsack gefüllt und einen Schuhkarton für den Flohmarkt zusammengestellt. Ich blicke auf die Uhr und bemerke, dass es höchste Zeit ist, das Abendessen zuzubereiten. Ich habe auch keinen Nerv mehr, hier weiterzumachen. Ich entschließe mich, die Kinder weiter in ihrem Chaos leben zu lassen. Sollen doch die Chinesen ihr Feng-Shui-Zeugs anwenden, soll doch das Chi woanders fließen ...
Mittwoch, 9. Juli
Nervenschonender als das Entrümpeln der Kinderzimmer ist das Wäschewaschen allemal. Hatte ich zumindest gedacht, als ich mich heute zum allerersten Mal dieser Aufgabe stellte. Gestern Abend hatte mich Carola kurz eingewiesen: Immer schön auf das Etikett schauen und die Schmutzwäsche dann in die richtige Wäschetonne sortieren. Bei 30-Grad-Wäsche dieses Waschmittel nehmen, bei 95 Grad jenes und die Kleidungsstücke immer schön auf links wenden. Das war’s dann schon. In diesem Irrglauben gehe ich daran, meine erste Waschmaschinentrommel zu befüllen. Rotes T-Shirt - linke Tonne. Jeans - rechte Tonne. Ein Kinderspiel. Aber dann: ein Kleidchen von Rebecca. Hmm, wohin? Im Etikett nachsehen. Selbiges ist aber nirgends vorzufinden. Ein etikettenloses Kleid + ein unerfahrener Hausmann = ein Produkt für die Altkleidersammlung.
48 Minuten später ist der Wäschehaufen sortiert und die erste Maschine läuft. Nach Beendigung des Waschgangs will ich die Trommel ausräumen, stelle jedoch fest, dass die Wäsche genauso schmutzig und stinkig ist wie zuvor. Ich lese in der Bedienungsanleitung nach. Peinlich: Ich hatte
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