Das bisschen Haushalt
wollten. Paul sieht das ähnlich: „Die fährt ja wie ein Mückenfurz.“ „Hör sofort auf, so über deine Schwester zu sprechen, sonst bist du ganz schnell wieder zu Hause, und zwar allein!“
Tränen rollen über Rebeccas Wangen: „Ich will nicht mehr!“ Trotz guter Worte, in Aussicht gestellter Belohnungen (einen Besuch in der Eisdiele) und wiederholter Angebote, sie aufzufangen, wenn sie fällt, trotz all dieser Offerten, ist sie nicht mehr dazu zu bewegen, den Ausstellschritt zu wagen. Was bleibt mir anderes übrig, als meine Inliner auszuziehen, Rebecca an beiden Händen zu nehmen und sie wie einen Sackkarren quer über den Hof zu ziehen? Das bereitet ihr Spaß und mir Rückenschmerzen. Aber wenigstens lacht sie wieder. Also spiele ich das Zugpferd, während Wassermelone Carola und Kampfschildkröte Paul fröhlich ihre Runden drehen.
Montag, 7. Juli
Ich hatte mich so sehr auf heute Abend gefreut! Die Kinder würden um 20:00 Uhr schlafen und Carola musste zum Elternabend in den Kindergarten. Endlich einmal Zeit für mich. Ich könnte ganz in Ruhe wieder ein Buch lesen, würde mir ein Fläschchen Rotwein öffnen und vielleicht meinen lieben alten Freund Fritzi anrufen. In dieser freudigen Erwartung verbringe ich mit Rebecca und Paul einen heiteren Nachmittag. Bis das Telefon klingelt!
„Schatz, es tut mir so leid, aber du musst zum Elternabend in den Kindergarten. Die Geschäftspartner aus England bleiben überraschend länger und ich muss mit ihnen essen gehen.“ Ich hätte doch bestimmt Verständnis. So kurz im Job, könne sie es sich nicht erlauben, abzusagen.
Kurzfristig organisiere ich also die Kinderbetreuung und schaue im Elternbrief nach, worum es gehen soll: Freispiel in der Turnhalle (Bewegungsbaustelle), Regelung der Mittagsverpflegung und Planung der Waldtage. Hoffentlich dauert es nicht zu lange .
Natürlich bin ich nicht pünktlich. Rebecca wollte unbedingt von mir ins Bett gebracht werden und Paul erlaubte mir nur dann zu gehen, wenn ich ihm noch mindestens ein Kapitel aus dem „Magischen Baumhaus“ vorlese. Siebenundzwanzig Mütter und drei Väter richten vorwurfsvolle Blicke auf mich, als ich in die Runde platze. Ich setze mich auf den letzten freien Stuhl, welcher kein Stuhl, sondern eine Sitzgelegenheit für Zwerge ist und murmle ein „’n Abend“.
Nach fünf Minuten beginnt mein Rücken zu schmerzen - eigentlich ein probates Mittel, um Besprechungen kurz zu halten. Ich sollte das mal meinen Kunden vorschlagen. Wir diskutieren ausführlichst darüber, ab welchem Alter es den Kindern erlaubt sein solle, allein in die Turnhalle zu gehen. Die Fraktion der liberalen Eltern befürwortet ein Alter von vier Jahren. Die Gruppe der ängstlichen und die Partei der konservativen Eltern haben sich zusammengeschlossen und treten vehement dafür ein, dass kein Kind allein toben dürfe. Die Erzieher hätten stets anwesend zu sein und die Kinder zu beaufsichtigen. Die Debatte wird heftiger und zieht sich hin wie im Handschuhfach geschmolzene Gummibärchen. Meine Lendenwirbel schmerzen heftiger. Um 21:52 Uhr wird endlich ein Kompromiss gefunden: Die Kinder müssen einen „Turnhallenführerscheintest“ ablegen - nur wer diesen besteht, darf selbstständig in die Bewegungsbaustelle.
Tagesordnungspunkt zwei: Wie sollen die Kinder mittags verpflegt werden? Die Vollwerteltern, allen voran Ursula, lehnen es vehement ab, einem örtlichen Gasthof die mittägliche Ernährung der Kinder zu überantworten: „Da kommt nur Junkfood auf die Teller.“ Ich erwidere: „So ungesund ist es doch gar nicht, was die ,Frische Quelle‘ kocht - das sind doch gute deutsche Gerichte. Mit Rouladen und Schnitzel bin ich auch groß geworden.“ „Das sieht man auch“, giftet Ursula zurück und referiert über Dickmacher, Acrylamid, Konservenkost und so weiter.
Die berufstätigen Mütter sind dagegen, dass die Eltern abwechselnd für alle Kinder kochen - wann und wie bitteschön solle man denn vier Kilogramm Nudeln kochen? So große Töpfe habe doch keiner. Und so viel Zeit habe auch niemand. Mittlerweile sitze ich im Schneidersitz auf dem Boden. Es ist 23:12 Uhr, als wir uns endlich einig sind: Es bleibt, wie es ist - jedes Kind bringt sein eigenes Essen von zu Hause mit. Ich stelle eine Hochrechnung auf, wann die Veranstaltung beendet sein wird und wette mit meiner Sitznachbarin, dass wir nicht vor halb eins rausgehen werden.
Die inhaltliche und terminliche Planung der Waldtage - ich muss es gestehen - bekomme
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