Das bisschen Haushalt
Schneeschippe nehmen, hatte aber Angst, das Parkett zu zerkratzen - die gesamten, verstreut auf dem Boden liegenden Spielsachen zu einem riesigen Haufen zusammen; zuerst in Pauls Zimmer, dann in Rebeccas. Erstmals seit Langem erkenne ich wieder die Musterung des rötlich-braunen Jatoba-Parketts. Ein wohltuender, befreiender Anblick. Damit ist es natürlich nicht getan. Die so entstandenen Hügel müssen nun abgetragen werden. Und zwar mit System!
„Ihr seid ja jetzt schon groß, da könnt ihr das allein machen. Ich helf’ natürlich mit, indem ich putze und die Sachen wegbringe“, leite ich unsere Aktion ein. Ich ziehe das am Vormittag angefertigte Bild hervor und erläutere, wie sie vorgehen sollen: „Nachdem wir uns ja jetzt Freiraum auf dem Boden geschaffen haben, teilt ihr diesen gedanklich in vier Felder ein.“ „Wie meinst du das?“, schaut mich Rebecca fragend an.
Ich spare mir eine erneute Umschreibung und hole stattdes-sen Malerkreppband - das lässt sich später wieder leicht abziehen - und markiere damit vier Felder. „So, in das erste Feld, hier links oben, legt ihr jetzt alle Sachen, die man nicht mehr benutzen kann, weil ein Teil fehlt. Alles was kaputt ist und den ganzen Scheiß von McDoof tut ihr da ebenfalls hin. Ins Feld nebendran kommen Dinge, mit denen ihr nicht mehr spielt, die wir aber auf dem Flohmarkt verkaufen oder die wir dem Roten Kreuz geben können. Unten links legt ihr alle Spielsachen hin, die eigentlich in die Schubladen und Schränke gehören. Die sortieren wir dann anschließend wieder ein. Und rechts unten könnt ihr ein paar wenige Sachen lassen, mit denen ihr dann später spielen wollt. Alles verstanden?“
Mit dem Eifer zweier Schlaftabletten entschwinden Paul und Rebecca in ihre Zimmer. Ich verabschiede mich für eine Viertelstunde ins Büro, um schnell noch ein paar E-Mails zu beantworten. Als ich zurückkomme sehe ich das Ergebnis der bisherigen Arbeiten: nichts! Paul liegt auf dem Boden und steckt eine Bionicle-Kampfmaschine mit Sägearmen zusammen. Rebecca hockt vor ihrem Puppenhaus und zwängt ihre petrolfar-bene Meerjungfrau-Barbie in einen tomatenroten Barbie-Win-termantel. Im Schlafzimmer des Puppenhauses döst Don - mit seinen sechs Kilo füllt der Kater den Raum völlig aus; Hinterteil samt Schwanz müssen daher im benachbarten Wohnzimmer Platz finden.
„Hallo, ich dachte, ihr räumt auf. Spielen könnt ihr später. Los, an die Arbeit, sonst werden wir nie fertig!“ Missmutig raffen sich die beiden auf und steuern tatsächlich auf ihre Spielzeugberge zu. „Ich gehe jetzt in die Küche und koche die Kartoffeln für heute Abend ab. Wenn ich wiederkomme, will ich deutliche Fortschritte sehen“, entlasse ich die zwei in ihre Zimmer.
Nachdem ich die Kartoffeln abgeschüttet habe, mache ich mich auf zum Kontrollgang. Ich erwarte reichlich befüllte 4-Fel-der. Zuerst sehe ich bei Rebecca nach. Im „Wegschmeißen-Feld“ liegen: eine Vogelfeder (letzten Herbst bei einem Spaziergang gefunden), fünf Knöpfe unterschiedlicher Größe und Farbe (Überreste eines im Kindergarten angefertigten Kunstwerkes) und ein Überraschungsei-Affe, dem beide Arme fehlen. Auf den Flohmarkt geben will sie das Buch „Moritz Moppelpo braucht keine Windel mehr“ und einen Playmobil-Ritter, den sie mal von Paul geschenkt bekommen hatte. Die Kategorie „Einsortieren“ ist genauso leer wie das ehemalige Auslieferungslager des VEB Kombinats Haushaltsgeräte Karl-Marx-Stadt. „Rebecca, das ist nicht dein Ernst, oder?“ fordere ich sie zu einer Stellungsnahme auf. Doch, doch - das sei alles, was sie wegwerfen oder weggeben wolle. Alles andere müsse zum Spielen draußen bleiben.
Ruhig bleiben! Ich atme tief ein und gehe zu Paul hinüber. Der hat es bestimmt besser gemacht. Weit gefehlt. Der Spielzeugberg ist noch immer 73 Zentimeter hoch - in den Feldern liegen:
• Wegwerfen: Ein unvollständiges Quartett (Formel-1), eine nicht mehr betriebsbereite Mini-Taschenlampe mit drei ???-Motiv, sechs leer geschossene Acht-Kammer-Spiel-zeugpistolen-Patronen, ein Außerirdischer mit Blinkfunktion und sieben Holzbauklötze verschiedener Farben
• Flohmarkt: fünf Bände der Serie „Nick Nase Superdetektiv“ und ein Fanschal Schalke 04 (von meinem Freund Jürgen geschenkt)
• Einsortieren: 269 Panini-Sticker (vielleicht auch zwei mehr oder weniger), ein in Einzelteile zerlegtes Playmobil-Piraten-schiff, drei Revolver/Pistolen sowie ein Dracula-Gebiss aus vergilbtem
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