Das bisschen Haushalt
also, ähm, ja, das ist, wenn du dir was nimmst, was dir nicht gehört, aber wo keiner was dagegen hat“, versuche ich mich in einer Erklärung.
Ich schnappe mir wieder den Schubkarren und die beiden Schaufeln. So ziehen wir zum Neubau am Ende der Straße und bedienen uns freimütig am Sandhaufen, der vor der Einfahrt liegt. Das machen wir einmal, zweimal und ein drittes Mal. Mit dem geräuberten Sand können wir aber gerade zehn Prozent der Baueckenfläche bedecken. Das hatte ich irgendwie unterschätzt. Paul und Rebecca sind nicht mehr dazu zu motivieren, ein weiteres Mal mitzukommen und Sand zu mopsen. Das sehe ich ein und erlaube ihnen, schon mal in der halb fertigen Bauecke zu spielen. Währenddessen hole ich Sandnachschub. Bei jedem neuen Eintreffen am Sandhaufen werde ich ungeduldiger: Hoffentlich sieht mich niemand. Nach dem siebten Raubzug kommen mir Zweifel: Fällt das noch in die Kategorie des Mundraubs? „Na ja, Sand kostet ja nicht viel, und die haben hier eine solche Menge liegen, das fällt kaum auf.“
Es kommt wie befürchtet. Bei meiner 16. Tour erscheint Herr Brakel in seinem Vorgarten und spricht mich an: „Herr Däfler, ich will ja nichts sagen, aber ich beobachte Sie jetzt schon die ganze Zeit von meiner Terrasse aus. Sie sind doch bestimmt schon zwanzig Mal mit Ihrem Schubkarren hier vorgefahren und haben Sand geholt. Das nenne ich Diebstahl.“ „Nein, ich war erst 16 Mal hier“, verteidige ich mich. „Trotzdem. Sie können sich doch nicht einfach hier bedienen wie an einem Getränkestand in einem All-inclusive-Hotel.“ „Wissen Sie, wir brauchen den Sand für die Bauecke der Kinder“, erläutere ich kleinlaut. „Außerdem werde ich den Sand den Bauherren schon bezahlen“, bemühe ich mich, die Situation zu retten. Schließlich will ich nicht in der Nachbarschaft als Verbrecher abgestempelt werden. „Schönen Tag dann noch“, verabschiede ich mich schnell, um einer ausgedehnteren Diskussion zu entgehen. An weitere Fuhren ist jetzt natürlich nicht mehr zu denken. Nun, mit dem bislang angekarrten Sand ist ja schon mal eine gute Grundlage gelegt. Ich mache mich auf den Rückweg. Mal schauen, ob ich im Schutz der Dunkelheit nochmals vorbeikomme.
Kaum im Garten angelangt, begrüßt mich Rebecca mit Wehgeschrei: „Papa, der Paul hat Dreckmagnet zu mir gesagt.“ „Was hat er gesagt?“ „Dreckmagnet.“ „Na, das ist ja gemein.“ Wobei: Unrecht hat er nicht. Rebecca sieht aus, als ob sie ein achtundvierzigstündiges Manöver der Bundeswehr mitgemacht hätte. „Lass dich nicht ärgern, Schatz. Das hat er bestimmt nicht so gemeint.“ „Schmutzwurst, Schmutzwurst“, hallt es just in diesem Moment aus der Tiefe des Raumes. Offensichtlich hat Paul es doch genauso gemeint.
Montag, 21. Juli
Eigentlich ist’s ja ganz schön, dass unsere Kinder und Katzen so kuschelig sind und die Nähe suchen. Wir gehören nicht zu jenen Eltern, die ihrem Nachwuchs das Schlafen im Ehebett verbieten. Paul und Rebecca dürfen das. Einzige Bedingung: Sie müssen in ihren Betten einschlafen. Das tun sie auch. Aber spätestens um Mitternacht kann man ein leises Tapsen hören; meistens kommt Paul zuerst und ein, zwei Stunden später Rebecca. Oft bringt sie dann noch ein paar Puppen, Teddybären oder Schmusekissen mit. Sobald Don, Dana und Felix von ihren nächtlichen Raubzügen durchs Haus und den Garten zurückgekehrt sind - was in der Regel gegen 02:00 Uhr der Fall ist -, gesellen sich unsere feliden Mitbewohner ebenfalls noch in unsere Bettstatt. Full house - happy family!
Was sich so romantisch anhört, ist in Wirklichkeit äußerst gesundheitsschädigend! Zumindest für mich, denn ich bin stets derjenige, der den anderen weichen muss. Auch ein vier Quadratmeter großes Bett kann halt nicht beliebig viele Leiber aufnehmen. Die Konsequenz: Ich muss meinen Körper in eine Position bringen, die der natürlichen Schlafhaltung nicht wirklich entspricht.
An einem Morgen wie heute fühle ich mich wie die Struktur der Desoxyribonukleinsäure: doppelt s-förmig gekrümmt. Sobald Paul und Rebecca aus dem Haus sind, lasse ich mir kochendes Wasser in die Badewanne ein und schütte einen halben Liter Rheumabad hinzu. Da dies auch nichts nützt, besorge ich mir „Apothekers Original Pferdesalbe Gold“ - langsam lassen die Kreuzschmerzen nach. Dennoch: Heute Nacht werde ich im Gästezimmer schlafen.
Dienstag, 22. Juli
Zu den unbestrittenen Highlights des Vaterseins gehört es, die Kinder ins Bett zu
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