Das bisschen Haushalt
Rebecca lernen sollen, wie man Ordnung hält, kommandiere ich sie aus ihren Zimmern ab und nehme sie mit in die Garage. „Kinder, heute bringen wir die Garage auf Vordermann, und zwar mit der Kaizen-Methode!“ Pauls und Rebeccas Gesichtsausdruck lässt darauf schließen, dass das nicht unbedingt das ist, was sie sich für den Samstagnachmittag vorgestellt hatten. „Papi, was ist die Kaiser-Melodie?“, erkundigt sich Rebecca. „Fröschlein, das heißt ,Kaizen-Methode‘ und ist ein Vorgehen, das in Japan entwickelt wurde. Damit kann man Chaos beseitigen. Wörtlich übersetzt heißt das ,Veränderung zum Guten‘ und ist eigentlich ein Prinzip, das .“ „Danke, Dad, das langt. So genau wollten wir’s gar nicht wissen“, unterbricht Paul meinen Vortrag.
„Gut, dann eben nicht. Also, wir machen das jetzt so: Zuerst fahre ich das Auto aus der Garage, dann stellt ihr alle Fahr-räder raus. So haben wir genügend Platz in der Mitte. Dahin räumen wir dann alles, was in den beiden Regalen steht und an den Wänden lehnt. Anschließend machen wir die Regale sauber. Danach sortieren wir alles aus, was wir nicht mehr brauchen; den Rest räumen wir wieder ein, und zwar systematisch!“ „O. k., ich komm dann wieder, wenn ihr so weit seid“, will sich Paul verabschieden. „Nö, nö, mein Guter. Du bleibst. Wir machen das alles zusammen.“ „Das is’ aber öde!“ „Mag sein, aber wir sind eine Familie und da müssen alle mit anpacken.“ „Und warum ist die Mami dann nicht hier?“, will Rebecca wissen. „Weil sich die Mami mit Ines zum Shoppen trifft.“ Stimmt, eigentlich sollte Carola auch mithelfen. Na ja, gönnen wir ihr den freien Tag.
„Also, an die Arbeit!“ Ich parke das Auto auf der Straße, helfe Paul und Rebecca, unsere vier Fahrräder auf die Auffahrt zu schieben und fege mit dem Rosshaarbesen die Garage aus. Paul und Rebecca beginnen damit, den linken, unteren Teil des Billyregals auszuräumen, während ich mich den höheren, für sie noch nicht erreichbaren, Fächern widme.
Vor etlichen Jahren hat ein glücklicher Mensch in Niedersachsen beim Entrümpeln seiner Garage 90.000 DM in einem Marmeladenglas gefunden. Nun, wir leben weder in Niedersachsen noch haben wir Marmeladengläser in unserer Garage
- aber wer weiß, vielleicht machen wir ja auch eine Entdeckung, die uns bereichert? Wie sich im Laufe der nächsten zwei Stunden herausstellt, ist dem aber leider nicht so. Die Regale offenbaren hingegen folgende Preziosen:
• ein Weinkarton, dem ich die Aufschrift „Kinderholz“ gegeben hatte. Beim Inhalt handelt es sich vorwiegend um Material, das Paul und Rebecca im Wald gefunden haben und unbedingt mit nach Hause nehmen wollten. Mehrere Äste in Form von Schwertern und Dolchen, zwei Holzstückchen, die wie Pistolen geformt sind, ein aus Wolle, Stöckchen, Moos, Tannenzapfen und Blättern gebasteltes und mittlerweile verrottetes Waldmobile sowie etliche von Janosch angenagte Wurfhölzer
• ein paar Rollschuhe, die Rebecca bereits seit über einem Jahr nicht mehr passen
• ein Fünf-Kilo-Sack voller verschimmelter Kartoffeln (Stimmt, ich erinnere mich: Den hatte ich vor ein paar Monaten, es muss wohl im Februar gewesen sein, im Regal eingelagert, weil in der Speisekammer kein Platz mehr war. Habe ich glatt vergessen ...)
• eine Kiste mit größtenteils verrosteten Schrauben, Muttern, Nägeln, Vorhangröllchen, Unterlegscheiben und Reißnägeln
• zwei Kartons voller alter Porzellantassen - Erbstücke von der Großtante, die solche Tassen mit Hingabe gesammelt hat
• ein defekter Toaster, der seit ungefähr drei Jahren auf eine Reparatur wartet sowie
• zahlreiche größere und kleinere Gegenstände, deren Vorhandensein mir nicht mehr bewusst war und die ich bislang auch nicht sonderlich vermisst habe, wie etwa der noch original verpackte, zur Hochzeit geschenkte, Eierkocher oder 27 Übertöpfe unterschiedlichster Machart und Größe.
Außerdem stelle ich in die Mitte unserer Garage all das, was
nicht ins Regal gepasst hat und an den Wänden stand, nämlich:
• sieben Paar Ski, davon fünf der Kinder, wovon wiederum mindestens drei mittlerweile zu klein sein dürften
• eine weiße Stehlampe ohne Schirm (selbiger war aus Glas und ist beim Umzug zu Bruch gegangen)
• eine 65 Zentimeter hohe, biomülltonnenbraune und inzwischen reichlich verstaubte Bodenvase - oder ist es ein Schirmständer? - mit chinesischen Schriftzeichen
Weitere Kostenlose Bücher