Das bisschen Haushalt
Volldepp! Ich sage aber nichts, weil ich ihn ja noch brauche. Gegen 16:00 Uhr haben wir den Keller leer gepumpt. Die manuelle Reinigung der Böden dauert nur zweieinhalb Stunden. Das Verfrachten der aufgeweichten Grillkohle und der anderen in Mitleidenschaft gezogenen Vorräte und Gegenstände zum gestern angehäuften Mülldeponieberg in der Garage zieht sich nochmals eine Stunde hin, sodass es schon sehr spät ist, bis ich mich auf die Couch fallen lassen und die Stiefel ausziehen kann. Meine Füße schmerzen. Mein Kreuz schmerzt. Mein Kopf schmerzt. Wenn morgen einer fragt, wie mein Wochenende war, stecke ich denjenigen kopfüber in den Grillkohle-Waschmittel-Garagenmüll-Berg.
Montag, 28. Juli
Die letzte Schulwoche hat begonnen. Noch vier Tage und dann gibt’s Ferien! Das bedeutet zwar, dass sechs Wochen lang keine Kämpfe wegen der Hausaufgaben auszutragen sind und dass wir morgens länger schlafen können. Das heißt aber auch, dass ich sechs Wochen lang vergessen kann, irgendeinen Auftrag anzunehmen. Ich muss meine wichtigsten Kunden informieren. Ich verfasse folgende E-Mail:
Sehr geehrte Kunden,
da ich ab dem 1. August eine sechswöchige Fortbildungsmaßnahme beginne, bitte ich Sie um Ihr Verständnis, wenn ich Ihnen erst wieder ab dem 17. September zur Verfügung stehe.
Mit freundlichen Grüßen Dr. Martin-Niels Däfler
Gut, eine Fortbildungsmaßnahme im engeren Sinn habe ich nicht vor mir. Gelogen ist’s aber auch nicht, schließlich mache ich ja wichtige Erfahrungen bei der Kinderbetreuung und lerne beständig Neues hinzu - wie zum Beispiel heute Abend, da muss ich in den Kindergarten: Schultüten basteln.
Carola, die eigentlich für solche Basteljobs viel besser geeignet ist als ich, hat dummerweise ein Geschäftsessen mit dem amerikanischen Firmenanwalt, der in Deutschland weilt. Also muss ich ran. Das Kindermädchen erscheint pünktlich, sodass ich rechtzeitig im Kindergarten sein kann. Als ich mich aufmache, um noch Gute-Nacht-Küsse zu verteilen, kommt mir schon Rebecca entgegengestürmt: „Der Paul hat Arschkrapfen zu mir gesagt.“ „Was hat er gesagt?“ „Arschkrapfen.“ Na warte, Freundchen. „Pauuuuuul! Wo bist du? Komm sofort hierher!“ Macht er natürlich nicht. Ich finde ihn auf seinem Bett, Gameboy spielend. „Wie kannst du nur deine Schwester Arschkrapfen nennen?“ „Och, ich hätte auch Brechbeschleuniger oder Gesichtsmakrele zu ihr sagen können“, gibt er vollen Ernstes zurück. „Jetzt hör mal gut zu: In unserem Haus dulde ich keinerlei Schimpfwörter. Ist dir das klar?“ „Hmmm.“
Auf dem Weg zur Haustüre höre ich noch, wie sich Paul bei Rebecca beschwert: „Immer rennst du alte Rotzschleuder gleich zu Papi.“ Für pädagogische Maßnahmen habe ich keine Zeit mehr - das werden wir morgen beim Frühstück besprechen.
Im Kindergarten treffe ich acht Mütter an. Leider bin ich der Letzte, der kommt. Nur der Stuhl neben Ursula ist noch frei. Notgedrungen nehme ich dort Platz. Ursula begrüßt mich freudestrahlend: „Du, die Bilder von deinem Auftritt als Elefant sind super geworden, soll ich sie dir mal mailen?“ „Ja, kannst du machen.“ „Dann schicke ich dir auch gleich mal das Programm vom Frauenweltgebetstag mit. Das interessiert dich bestimmt.“ „Ganz bestimmt!“ So, da bin ich kaum vier Wochen als HausMANN tätig, schon werde ich zum FRAUENgebetstag eingeladen.
Frau Knoll, Rebeccas Erzieherin, begrüßt uns: „Ich heiße Sie herzlich willkommen zum Schultütenbasteln. Die Jungengruppe hat sich ja schon gestern getroffen. Heute sind die Schultüten für die Mädchen dran. Gestern hat’s prima geklappt mit dem Modell ,Fußballer‘. Da waren wir schon um 23:00 Uhr fertig.“ Was? Elf Uhr nachts - ich dachte, ich bin hier um spätestens halb zehn wieder draußen. Ich überlege, ob ich einen Handyan-ruf simulieren soll - „Ah, der Vibrationsalarm“ -, kurz rausgehe, dann wiederkomme und mit trauriger Mine verkünde, dass ich schnell heim müsse, weil sich Rebecca erbrochen habe. Die Tüte könnte ich dann bei Karstadt kaufen. Andererseits hat sich Töchterlein so darauf gefreut, dass sie eine von mir gebastelte Tüte bekommt, da kann ich schlecht stiften gehen. Also bleibe ich.
Frau Knoll ist sichtlich beglückt, dass wir uns die Zeit genommen haben, um für unsere Kinder eine individuelle Schultüte zu fabrizieren. Wir als viel beschäftigte Eltern hätten es uns ja auch einfach machen und eine fertige Tüte im Geschäft kaufen können.
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