Das bisschen Haushalt
zu durchwaten. „Dad, du siehst so was von peinlich aus“, urteilt Paul über meine Fußbekleidung. Dem habe ich nichts entgegenzuhalten. Glücklicherweise müssen wir auch nur in unseren Keller, wo wir keine Zuschauer haben. Die Sache wäre anders gelagert, müssten wir beispielsweise in den Vorgarten.
Zu dritt stapfen wir gummibestiefelt in den Keller, ich vorweg, dann Paul und schließlich Rebecca. Ich öffne die erste Türe, zur Waschküche. Hier steht das Wasser etwa fünf Zentimeter hoch. Rechts neben dem Trockner befinden sich die Waschmitteltonnen. Selbige haben sich dazu entschlossen, sich in ihre Bestandteile aufzulösen. Offensichtlich haben die Verpackungskartons den Wassermassen nur eine begrenzte Zeit Widerstand geleistet. Durch den aufgeweichten Boden ist bereits eine größere Menge Waschpulver ausgetreten und hat sich mit dem umgebenden Wasser zu einem weißen, schäumenden Etwas vereint, das vom Volumen und der Konsistenz her an Elefantenschiss erinnert; nur die Farbe stimmt nicht.
Im Heizungskeller bietet sich uns ein ähnliches Bild: Der Pegelstand beträgt einige Zentimeter. Doch außer einem Sack Grillkohle und Rebeccas altem Dreirad, das hier immer noch auf seine zukünftige Bestimmung wartet, ist nichts in Mitleidenschaft gezogen worden. Mal sehen, wie die Lage im Vorratskeller ist. Hier steht das Wasser - dank physikalischer Gesetze war auch nichts anderes zu erwarten - ebenfalls drei Finger hoch. Wie ich vermutet habe, befindet sich der Quell allen Übels in diesem Raum: Durch den Lichtschacht ist Wasser eingedrungen. Da das Fenster zwecks besserer Belüftung gekippt war, konnten sich die Wassermassen fröhlich und ungehindert in den Vorratsraum ergießen und von dort ihren weiteren Weg in die anderen Räume bahnen. Wieso aber fließt Wasser in den Lichtschacht?
Ich habe eine dunkle Vorahnung. Mit den viel zu engen Gummistiefeln stakse ich wieder nach oben, durchquere das Wohnzimmer und gehe hinaus in den Garten. Meine Vermutung bestätigt sich: Ich hatte vergessen, das Ausgussrohr der Regenrinne, welches sich in die Regenwassersammeltonne ergießt, zu schließen. Infolge des Dauerregens war die Tonne schnell gefüllt und das überschüssige Wasser über den Rand ausgetreten. Dummerweise aber steht die Regentonne direkt neben dem Lichtschacht. Ich Idiot!
Just in dem Moment, in dem ich wieder ins Wohnzimmer komme, klingelt es an der Haustüre. Wer kann das sein, sonntags um 11:00 Uhr? Ich höre, wie Carola öffnet und eine freudige Begrüßung ausstößt. Es ist Carolas äußerst attraktive und modebewusste Freundin Simona, die überraschend vorbeischaut
- nur mal schnell auf einen Kaffee, wie ich aus der Ferne vernehme. Wir treffen uns im Flur. Sie betrachtet mich mit diesem Hei-di-Klum-sucht-das-nächste-Top-Model-Blick. „Hübsche Stiefel hast du an“, kommentiert Simona schließlich süffisant das unterste Viertel meiner Person. Ausgerechnet Simona! Hätte doch wenigstens unser Nachbar, die Schwiegermutter oder Klaus sein können. Ich suche schnell das Weite, um mir nicht noch anhören zu müssen, wie gut mir meine ausgebeulte Jogginghose steht.
Auf dem Weg zurück in unser Feuchtbiotop überlege ich mir, was ich tun kann. Mit Eimern das Wasser ausschöpfen? Dann sind wir noch bis Weihnachten damit beschäftigt. Die Feuerwehr rufen? Die werden mich auslachen und sagen, dass sie Wichtigeres zu tun haben. Meinen Freund Jürgen um Hilfe bitten? Er wäre der Richtige, der Retter in der Not. Schließlich gibt es kein technisches Gerät, das er nicht besitzt. Sicherlich hat er auch eine Schmutzwasserpumpe. Ja, ich werde ihn anrufen. Erleichtert, eine Lösung gefunden zu haben, treffe ich wieder im Keller ein. Und was sehe ich? Paul, der völlig entspannt auf der vorletzten Treppenstufe sitzt, mit der Fernbedienung in der Hand. Er hat sich aus seinem Zimmer das voll schwimmfähige Playmobil-Polizeiboot geholt und lässt dieses nun in unserem Keller fahren. „Paps, guck mal, das funktioniert super“, ist er ganz glücklich. „Ja, geht’s noch? Wir haben hier den Notstand und du lässt dein Boot zu Wasser?! Hol das Ding sofort raus!“ „Oh Mann. Du bist so was von gemein. Das stört doch keinen“, blafft Paul lautstark zurück. „Schrei hier nicht so rum, ich brauch’ noch kein Hörgerät“, brülle ich zurück.
Eine Stunde später kommt Jürgen, um die Pumpe zu installieren. Er begrüßt mich mit den Worten: „Wusste gar nicht, dass du auf Blümchen-Stiefel stehst.“
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