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Das bisschen Haushalt

Das bisschen Haushalt

Titel: Das bisschen Haushalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin-Nils Däfler
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die Schultüte noch in eine Bodenvase gestellt, auf dass sie einen sicheren Stand hat. Nun, am Frühstückstisch, präsentiere ich voller Stolz das Werk meiner - das heißt Ursulas - Arbeit: „Prinzessin, schau mal, was der Papi für dich gebastelt hat. Ist die nicht superschön geworden?“ „Jo, die ist ganz nett, Papi“, beurteilt Rebecca ihre Schultüte in einem Ton, der nicht wirklich euphorisch klingt. O. k., ekstatische Begeisterungsstürme müssen’s ja nicht sein, aber ein wenig mehr Anerkennung wäre schon angebracht gewesen. „Gefällt sie dir nicht?“ „Doch, doch, Daddy. Die ist echt, äh, süß.“ Carola pflichtet Rebecca bei: „Hast du echt prima gemacht. Hätte ich dir gar nicht zugetraut. Oder hattest du Hilfe?“ „Nö, ich kann doch so was ganz allein. Ist doch kein Problem“, entrüste ich mich. Carola kann’s zwar nicht glauben, wie ich ihrem zweifelnden Blick entnehme, aber sie lässt’s dabei bewenden. Stattdessen äußert sie das, was Rebecca wohl auch denkt: „Du, die Tüte ist zwar echt toll geworden, nur ich finde die Farbgebung schrecklich. Pink mit gelb, das ist ja fast neongelb - da kriegt man ja Augenkrebs von.“ „Papilein, wenn ich ehrlich bin, hat die Mami recht. Ich will lieber ’ne Tüte von Karstadt.“
    Ich benötige den Vormittag, um meine Enttäuschung einigermaßen zu verdauen. Einen ganzen Abend Ursulas Gebrabbel ertragen, Holunder-Grüner-Tee-Schorle trinken und mit Uhubeschmierten Fingern kurz vor Mitternacht nach Hause kommen - für Nichts! Allerdings: Über Omas selbstgestrickte Pullunder habe ich mich früher auch nur sehr eingeschränkt gefreut; eigentlich kann ich Rebecca keinen Vorwurf machen.
    Ich habe mir den Handywecker für 13:30 Uhr gestellt, um rechtzeitig im Kindergarten zu sein - Frau Knoll wollte ja mit mir sprechen. Sie erwartet mich schon am Eingang und zieht mich ins Büro: „Na, ist spät geworden, gestern. Rebecca hat sich bestimmt total über die Schultüte gefreut?“ „Jaaa“, antworte ich etwas gedehnt. Damit ist der Small-Talk auch schon beendet. Frau Knoll kommt gleich zur Sache. Ob ich denn nicht auch in den vergangenen Wochen eine Veränderung festgestellt hätte? Rebecca sei so anders in letzter Zeit. Seit vier Wochen, ja, genau, seit Anfang Juli, käme ihr Rebecca so komisch vor, würde häufig mit anderen Kindern streiten, sie mit Schimpfwörtern wie „Arschkrapfen“ belegen, wäre ziemlich unausgeglichen. Vor allem zu Ursulas Tochter, zu Anne-Sophie, hätte sie ein gestörtes Verhältnis. Ob ich eine Erklärung dafür hätte? Ob sich was in unserer Familiensituation geändert habe? Ob wir Probleme hätten? Jetzt, wo Rebecca doch morgen ihren letzten Kindergartentag hätte, wäre es ihr ganz wichtig, dass wir da noch drüber reden. Schließlich solle sie ja seelisch ausgeglichen ihre Schulzeit beginnen.
    Wo ist die Couch? Ich habe keine Lust, Frau Knoll das mit dem Rollentausch, mit meinem Hausmannsjob und meinen pädagogischen Methoden zu erklären. Stattdessen erläutere ich: „Natürlich, natürlich: Das ist mir auch aufgefallen. Ich denke, sie ist einfach etwas nervös wegen der Einschulung. Sie wissen doch, Frau Knoll - das ist eine Zäsur im Leben. So ein kleiner Mensch, so ein großer Schritt.“ Ich beruhige Frau Knoll, dass daheim alles in bester Ordnung sei und dass es ja sehr lieb von ihr sei, sich Gedanken zu machen, aber ich hätte alles voll im Griff. „Entspannen Sie sich mal wegen Rebecca, Frau Knoll. Morgen feiern wir schön die Verabschiedung und dann hat meine Tochter ja sechs Wochen Zeit, sich auf den neuen Lebensabschnitt vorzubereiten.“ Ich beende die Unterredung mit einem: „Gut, dass wir darüber gesprochen haben“, hole Rebecca ab und verlasse schnellstmöglich dieses Etablissement.
    Carola berichte ich natürlich nichts über dieses Gespräch -sonst denkt sie vielleicht noch, Rebeccas geändertes Verhalten hätte was mit meinem Erziehungsstil zu tun.
Mittwoch, 30. Juli
    Zum letzten Mal trete ich heute den Weg in den Kindergarten an. Die Eltern sollen um 11:00 Uhr da sein. Gemeinsam mit den Kindern und den Erzieherinnen wollen wir brunchen. Ich habe gestern Abend extra dafür Muffins aus einer Marken-Backmi-schung gebacken. Die anderen Mütter haben mehr Zeit investiert als ich: Streuselkuchen vom Blech, Biskuitrolle und Schokotorte. Ursula steuert einen Kürbiskuchen aus Roggenmehl bei
    - statt Zucker hat sie Honig verwendet und den Teig mit Muskatnuss und Ingwer gewürzt, wie sie mir

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