Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
Engel«, seufzte Niki.
Die Ärztin gab Niki einen kleinen Klaps auf den Bauch. »Wenn Sie sich davon befreit haben, werden Sie auch alle anderen Probleme los.«
Niki wurde hellhörig. »Äh – von welchen Problemen sprechen Sie?«
»Na, von Ihrem Mann. Er hat für ziemlich viel Aufruhr gesorgt. Wir haben Ihren Fall hier im Hause eingehend diskutiert.«
Schamesröte überzog Nikis Gesicht. Wolfgang hatte sie absolut unmöglich gemacht. Aber kam es jetzt noch darauf an?
»Es ist anders, als Sie denken«, sagte sie kleinlaut. »Mein Mann ist gegen diese Kur. Deshalb hat er er dieses Trara gemacht. Mit meinem Kopf ist alles in Ordnung.«
»Übergewicht ist ein Problem, das vom Umfeld meist nicht wahrgenommen wird«, erklärte die Ärztin. »Viele Ehepartner halten diese Kur für überflüssig. Auch wenn nicht alle zu so drastischen Mitteln greifen wie Ihr Mann.«
»Er ist nun mal – eigenwillig«, sagte Niki lahm.
»Dominant wäre das bessere Wort, nicht wahr?« Die Ärztin lächelte Niki verschwörerisch zu. »Keine Sorge. Alles wird gut.«
»Wenn’s mal nur so wäre«, stöhnte Niki.
Dann fiel sie in einen tiefen Schlaf.
»Hallo? Jemand zu Hause?«
Niki blinzelte. Wo war sie? Sie hatte eine Menge wirres Zeug geträumt. Von Wolfgang, der sie mitten in der Nacht entführt und nach Hause verfrachtet hatte, von Leo, der mit ihr auf einer Wolke schwebte, wo sie sich gegenseitig mit Nussschokolade fütterten. Tief in ihr war die Hölle los. Ein Bärenhunger zerfleischte ihren Magen.
»Aufwachen! Hey, Niki, was ist mit dir?«
Walburga stand an ihrem Bett, flankiert von Tamara und Alexis. Besorgt musterten die drei das bleiche Häuflein Elend.
»Kurkrise«, antwortete Niki matt.
»Gleich wird es dir besser gehen«, sagte Walburga. »Wir büxen jetzt nämlich aus in die große weite Welt. Schon vergessen? Heute ist Shoppen dran!«
Ja doch, Niki erinnerte sich schwach. Sie setzte sich auf und strich sich das verklebte Haar aus der Stirn.
Tamara drehte eine Locke um ihren Finger. »Du hast das Mittagessen verpennt. Es ist schon halb eins. Schaffst du es in einer Viertelstunde? Wir haben ein Taxi bestellt.« Sie kicherte. »Ein Großraumtaxi. Sonst droht Achsenbruch.«
»Bist du überhaupt transportfähig?« Walburga setzte sich zu Niki aufs Bett. »Oder sollen wir einen Krankenwagen ordern? Mit ein paar gut gebauten Sanitätern?«
»Stimmt, sie sieht ganz schön mitgenommen aus«, bestätigte Tamara. »Du stellst aber auch Sachen an, Niki. Wenn ich daran denke, dass du gestern Leo geküsst hast …«
»Also, den würde ich nicht mal küssen, wenn ich die Pest hätte und nur seine Lippen mich heilen könnten«, sagte Alexis schadenfroh.
»Nichts gegen Leo!«, fauchte Niki. »Er ist ein toller Mann!«
»Oho!« Walburga tauschte einen vielsagenden Blick mit Tamara und Alexis. »Den hast du jedenfalls lässig eingeparkt. Seit heute morgen fragt er dauernd nach dir. Ob wir wissen, wo du bist und so.«
Bestimmt hatte er schon den Brief bekommen. Niki räusperte sich unwillkürlich. Sie schuldete Leo immer noch eine Aussprache, Brief hin oder her.
»Los, komm mit«, rief Tamara, »das bringt dich auf andere Gedanken. Hier fällt dir doch der Putz auf den Kopf!«
»Okay«, sagte Niki. »Ich bin dabei.«
Zehn Minuten später betrat sie die Rezeption. Ihre Kopfschmerzen waren nur noch ein Gewitterdonnern am Horizont, und ihr Zuckerspiegel war dramatisch erhöht, denn sie hatte die Kekstüte bis auf den letzten Krümel geleert. Aber immer noch war ihr schlecht vor Hunger.
Ihre drei Freundinnen waren schon da. Tamara und Alexis trugen teure Kostüme mit bunten Seidentüchern, Walburga hatte eine mutige Kombination aus weißen Leggins und rosa Sweatshirt gewählt. In ihrem pechschwarzen Haar glitzerte eine Strassspange. Sie sah aus wie eine gealterte Discoqueen aus den Achtzigern. Niki dagegen trug ihr eintopfbraunes Mantelkleid, das sie mit einer falschen Perlenkette aufgepeppt hatte.
»Du siehst allerliebst aus«, ätzte Walburga. »Reif fürs Seniorenheim. Macht nichts. Das kriegen wir hin.«
Sie stiegen in das Taxi, das vor dem Eingang wartete. Niki war so aufgeregt, als würde sie aus dem Gefängnis ausbrechen. Der Reiz des Verbotenen winkte: Freiheit! Und Genüsse, die sie sich in den letzten drei Tagen heldenhaft versagt hatte. Ihr Magen knurrte angriffslustig, ihre guten Vorsätze waren dahin. Heute wollte sie sich endlich belohnen für die Pein! Wofür war eine Kurkrise denn sonst da!
»Sagt mal,
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