Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
überlegte Niki. Die Arme wirkt arg verspannt. Letztlich wusste Niki nichts über ihre Tochter. War sie glücklich? Hatte sie überhaupt einen Freund?
»Meine Aura ist also verletzt«, wiederholte sie. »Und das heißt was?«
»Du hast dir zu viel auf die Schultern geladen. Sie tragen die Last nicht mehr. Etwas bedrückt dich so sehr, dass du fast daran zerbrichst.«
Das spürte er an der Aura? Niki zweifelte. Ihr Gatte warmittlerweile Klinikgespräch. Jeder schien zu denken, dass sie einen gestörten Vollzeitmacho daheim hatte. Andererseits vertraute sie Mario. Ein Scharlatan war er nicht, so wie sie ihn bisher erlebt hatte.
»Was ist mit den Beinen?«, fragte sie.
Mario streichelte die Luft darüber, das spürte sie genau. »Auf der körperlichen Ebene sind sie nicht stark genug, deinen schweren Körper zu tragen. Vor allem an den Knien ist die Aura kaum noch zu ertasten. Auf der seelischen Ebene sehe ich Anzeichen dafür, dass du einen neuen Weg beschreiten wirst.«
Einen neuen Weg? Dabei wollte sie doch auf den alten Weg zurückfinden und dann die Reset-Taste drücken. Das hier war nur ein Boxenstopp. Leider war sie nicht mehr so sicher, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Angenommen, Wolfgang wollte wirklich die Scheidung, was wurde dann aus ihr? Sie hatte nie allein gelebt. Und sie fürchtete sich davor, eine dieser vereinsamten Frauen zu werden, die morgens durch die Fußgängerzone schnürten, mit verschattetem Blick und ohne Ziel.
»Mario, darf ich dir eine, nun ja, heikle Frage stellen?«
»Nur zu.«
»Falls – ich sage nur falls – ich wirklich einen neuen Weg einschlage, muss ich das ohne die Menschen tun, die auf dem alten Weg bei mir waren?«
»Falsche Frage«, erwiderte Mario. Er legte sich neben Niki, so dass sein Gesicht dem ihren ganz nahe war. »
Du
bist jetzt das Zentrum des Kosmos. Die Sonne, um die alle anderenGestirne kreisen. Mit der Zeit wird das Gesetz von Anziehung und Abstoßung erweisen, wer mit dir in Resonanz geht.«
»Da komme ich nicht ganz mit.«
Mario begann, ihren Nacken zu kraulen, als sei sie ein angefahrenes Rehkitz, das er am Wegesrand aufgelesen hatte.
»Der Kosmos besteht aus Energien«, erklärte er. »Alles schwingt. Auch du bist letztlich nicht Materie, sondern Schwingung. Und wenn zwei Seelen gleich schwingen, dann ziehen sie sich gegenseitig an.«
Kannste vergessen, dachte Niki enttäuscht. Wolfgangs Schwingungen richten sich gerade auf den Hüftschwung seiner mickrigen Geliebten.
»Wir beide zum Beispiel …«
Wir? Beide? Was kam jetzt?
»… haben einen gewissen Einschwingungsvorgang hinter uns«, sagte Mario. Er kraulte ihren Nacken intensiver und arbeitete sich zu ihrem Haaransatz vor. »Ich spüre dich. Ich spüre deine Wunden und deine Energie. Wir schwingen gemeinsam!«
Eingehend bearbeiteten seine Finger ihre Kopfhaut. Niki wand sich unter seinen Berührungen. Mit dieser Kopfmassage könnte er ein Vermögen machen, fand sie. Ein Friseursalon, der so was anbot, würde von kreischenden Frauen überrannt werden. Ob Schwingung oder nicht, Mario hatte es drauf.
»Und jetzt dreh dich bitte um.«
Schade, dachte Niki, die Kopfmassage hätte ruhig nochetwas länger dauern können. Sobald sie auf dem Rücken lag, schob Mario ihr Nachthemd hoch und widmete sich ihren Knien. Er presste und knetete sie behutsam, lockerte die Gelenke und tat so, als ob es in diesem Moment nichts Wichtigeres auf der Welt gäbe als Nikis runde, geschwollene Knie, die sie schon als Kind nicht ausstehen konnte. Kälbchenknie hatte ihre Mutter die Dinger genannt. Seither hatte Niki sie unter wadenlangen Kleidern und Röcken versteckt. Doch bei Mario war es okay. Vor ihm konnte sie sowieso nichts verbergen, nicht mal ihre fröstelnde Seele.
Seine Hände fühlten sich angenehm warm an. Zielstrebig schoben sie das Nachthemd weiter hoch und tasteten sich zu den Innenseiten ihrer Schenkel vor. Niki wurde steif wie ein Brett. Hey! Das ist Sperrgebiet!
»Äh, Mario?«
»Nicht denken, nur fühlen«, murmelte er. Unendlich langsam strich er über ihre Schenkel.
Niki stöhnte auf. Sanfte Schauer durchliefen ihren Körper. Alle Härchen richteten sich auf, jede einzelne Hautzelle füllte sich mit Leben. Durfte sie das zulassen? Immerhin kaperte er soeben ihre intimsten Zonen. Doch Niki unternahm nichts dagegen. Sie hatte einfach keine Lust dazu. Nicht mehr denken, nur fühlen. Wie wunderbar war das denn?
»Mmmh«, brummte Mario. »Mmmh.«
Sie begann, sacht zu schweben, als
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