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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Verbrecher - echte Mörder. Das sollte einen Unterschied machen, aber der Knoten in meinen Eingeweiden löste sich nicht. Vielleicht konnte ich entkommen, ohne zu schiften. Bisher war mir das stets gelungen, aber ich war auch noch nie in einer so schwierigen Lage gewesen.
    Etliche Stunden später verschwand das Licht von den Löchern in der Truhe. Die Kutsche wurde langsamer und hielt. Wir konnten noch nicht in Baseer sein; sie hielten wohl, um zu übernachten.
    Schritte.
    Jemand machte sich an der Lasche zu schaffen und hob den Deckel. Frische Luft strömte herein und ich schluckte sie gierig wie Wasser. Die Nacht war hereingebrochen, und Sterne blitzten am Himmel über Resiks Schulter.
    »Wenn du dich auch nur ein bisschen bewegst«, sagte er über mir mit einem Messer in der Hand, »dann schlage ich den Deckel so kräftig zu, wie ich kann.«
    »Ich werde mich nicht rühren.«
    Er ließ eine Wasserflasche in meinen Schoß fallen.
    »Danke.« Schweiß lief mir in die Augen, aber ich wischte ihn nicht ab oder griff nach der Flasche.
    Er zuckte mit den Schultern. »Wäre Geldverschwendung, wenn du uns wegstirbst.«
    »Bist du wirklich so herzlos?«
    Er schien verblüfft, sein Ausdruck war schockiert, dann schuldbewusst, dann wütend. »Es ist ein Geschäft. Nichts Persönliches.«
    »Tausch mit mir den Platz, dann sehen wir, ob du immer noch so denkst.«
    »Du würdest dasselbe machen.«
    »Nein, würde ich nicht.«
    »Ja, das sagst du jetzt. Aber versuch mal abzulehnen, wenn dir so ein Angebot gemacht wird. Das ist nicht so einfach.«
    Ich lächelte, was ihn zu verunsichern schien. »Ich habe mehr Reichtum abgelehnt, als du je in deinem ganzen Leben sehen wirst.«
    »Dann bist du eine Idiotin.« Er knallte den Deckel zu und verschloss ihn.
    Ich seufzte, trank das Wasser und genoss die letzte frische Luft, ehe sie wieder stickig wurde. Vielleicht war ich eine Idiotin gewesen. Wo wäre ich jetzt, wenn ich tatsächlich Zertaniks Angebot angenommen hätte, den Pynvium-Block der Gilde geleert hätte, und ihm und dem Erhabenen geholfen hätte, ihn zu verkaufen? Würde ich in Verlatta stehen und dort den Menschen die leeren Heilsteine des unredlich erworbenen Pynvium zeigen und dafür ein Vermögen verlangen? Oder würde ich sorglos in meiner eigenen Villa mit Tali und Aylin leben?
    Wahrscheinlich wäre ich tot oder würde mit beiden Männern eine Gefängniszelle teilen. Ich hatte das Gefühl, beides war besser als das, was der Herzog mit mir plante.

Sechstes Kapitel
 
    W ieder öffnete sich die Truhe, vielleicht zwei Tage später, doch bin ich nicht sicher. Der Himmel war grau mit einem rötlichen Rand. Sonnenuntergang.
    »Was ist los mit ihm?«, fragte Resik. Er schaute gleichzeitig wütend und verängstigt drein.
    »Wa?«, krächzte ich. Mein Mund war zu trocken, um zu sprechen.
    »Der Onkel wacht nicht auf. Ich weiß, dass du das gemacht hast. Jetzt heile ihn!«
    Ich sagte nichts.
    »Rede oder du bekommst kein Wasser mehr.«
    Du-kann-« Ich hustete und meine Lippen platzten auf.
    Resik fuhr sich mit der Hand durchs Haar und blickte umher. Er holte eine viel größere Wasserflasche aus der Tasche und ließ sie auf mich fallen. »Trink, dann rede.«
    Ich schluckte das Wasser; warm, aber gut. Mein Kopf pochte nicht mehr, aber der Rest schmerzte noch. Ich reichte Resik die Flasche, hielt aber ein Ende fest. »Wenn ich sterbe, werdet ihr nicht bezahlt.«
    Frustriert stöhnte er und ging weg, ließ aber die Truhe offen. Ich genoss die kühle, frische Luft. Viel zu früh kam er zurück.
    »Heile ihn und ich lasse dich aus der Truhe. Wir lassen dich in der Kutsche mit uns fahren.«
    »Wenn ich ihn heile, wird es mich statt ihn umbringen, und dann bekommt ihr kein Geld.«
    Er fluchte. »Du lügst.«
    »Man braucht Pynvium, um zu heilen, und ihr habt keins.« Eigentlich hätte mir selbst Pynvium nicht genützt, aber das wusste er ja nicht. »Du kannst fünftausend Oppa haben oder das Leben deines Onkels. Deine Wahl.«
    Er schlug mit der Faust auf die Truhe und stampfte fluchend wieder von dannen. Dann kehrte er erneut zurück.
    »Du kannst Schmerzen in einen anderen schiften, richtig? Deshalb will der Herzog dich so dringend haben.« Er blickte zur Seite und wischte mit der Hand über die Oberlippe. »Jemand wie ...«
    Fjeso riss ihn von der Truhe weg. »Was machst du?«
    »Nichts. Ich gebe ihr Wasser.«
    »Bleib weg von ihr.«
    »Ja, mach ich.«
    »Das meine ich ernst.«
    »Ich habe dich schon beim ersten Mal verstanden.«

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