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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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brüllte, war er keineswegs glücklich, dass er einen Fisch verloren hatte. Der Junge rannte direkt auf mich zu. Es war derselbe Junge, der mir an meinem ersten Tag in Baseer geholfen hatte.
    Ganz in meiner Nähe versteckte er sich hinter den Kisten. Einen Herzschlag später bahnte sich der Mann mit Hilfe seiner Ellbogen einen Weg durch die Menge und blickte suchend umher.
    »Er ist dahin gelaufen«, sagte ich und zeigte in die Gegenrichtung. »Das Dock hinunter.«
    Der Mann blieb stehen, aber Neemes Ausstattung ließ mich offenbar respektabel aussehen, denn er nickte und rannte in die Richtung, in welche ich gezeigt hatte.
    Ich wartete kurz. »Er ist weg.«
    Der Junge steckte den Kopf heraus, Reste des Fisches waren um seinen Mund verschmiert. »Danke.« Er kniff die Augen zusammen, dann wurden sie groß. »Gestohlenes Mädchen!«
    Das war's mit meiner Tarnung. »Ja, das bin ich.«
    »Wie hast du deine Haare so lang wachsen lassen?«
    Ich schwänzelte mit meinem Zopf. »Der ist falsch.«
    Er grinste. »Falsch bei dir, aber echt bei jemand anderem.«
    »Meiner Freundin.«
    Er nickte und riss noch ein Stück Fisch ab. »Hungrig?«
    »Nein, danke.« Ich holte eine der Birnen aus der Tasche, die ich vom Frühstück aufgespart hatte. »Ich habe noch eine übrig, wenn du möchtest.«
    Er nickte schnell und griff nach der Birne, während er noch auf dem Fisch kaute. »Die Jäger haben dich noch nicht gefunden?«
    »Noch nicht. Jetzt jage ich sie.«
    Er lachte und warf die Gräten über die Schulter. »Sie haben Iesta.«
    Ich zuckte zusammen. Der Anführer der Bande, der Neemes Bein gebrochen hatte. Wenn er ihnen erzählte, dass ich die Schmerzen in ihn geschiftet hatte, suchten mich vielleicht mehr Menschen als nur Vyand.
    »Hat das Bein gebrochen. Haben ihn liegen lassen. Ist gestorben.«
    Gestorben? Meine Brust schnürte sich zusammen. Es sollte mich eigentlich nicht bekümmern. Iesta hätte Neeme getötet, aber ich habe schon zu viele Tode auf dem Gewissen.
    »Sei nicht traurig«, sagte der Junge und tätschelte meine Schulter. »Iesta war so gemein wie Feuer. Niemand konnte ihn ausstehen.«
    »Was ist mit deiner Bande?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wir haben einigermaßen zu essen. Quenji weiß, wo Fenster offen stehen.«
    »Wie heißt du?«
    »Ceun.«
    »Ich bin Nya.«
    Sein Blick schoss zur Seite und er duckte sich wieder hinter die Kisten. Ich lehnte mich zurück und gab ihm Deckung. Dann spähte ich auf den Docks umher, was ihn so erschreckt haben könnte. Der Fischverkäufer kam mit mürrischem Gesicht zurück. Er ignorierte mich und verschwand in der Menge.
    »Ceun, hast du in letzter Zeit hier Greifer gesehen?«
    Er schlang die Arme um sich und schüttelte sich. »Lass die in Ruhe!«
    »Das versuche ich. Ich muss nur wissen, ob hier welche nach mir gefragt haben.«
    Ceun sprang auf eine niedrige Steinmauer, von der aus man über den Hafen schauen konnte. Eine starke Brise blies und raschelte in den Bäumen hinter uns. »Wer sucht dich denn?«
    »Eine Frau namens Vyand. Ein bisschen größer als ich, immer fein gekleidet und perfekte Frisur. Sie arbeitet mit Stewwig, einem Hünen, der nie etwas sagt.«
    Seine Augen leuchteten auf. »Eintopf!«
    »Du kennst ihn?«
    »Er isst, was er erlegt. Deshalb ist er so groß. Von ihm solltest du dich nicht festnehmen lassen.«
    Ich lachte. »Hast du ihn in letzter Zeit gesehen?«
    »Nein, aber vielleicht die Bande. Ich bei deiner Jagd mitmachen?« Seine blauen Augen funkelten.
    Hätte ein anderer gefragt, hätte ich abgelehnt, aber Ceun konnte wahrscheinlich selbst auf sich aufpassen, besser als ich. Außerdem hatten die Straßenbanden die Augen überall. Wenn jemand herausfinden konnte, mit wem Vyand in diesem Chaos redete, dann sie. Und wenn Vyand hörte, dass sich jemand nach mir oder ihr erkundigte, konnte das helfen, sie herbeizulocken. »Kannst du.«
    Er lächelte so breit wie der Mond.
 
    »Sie hätte inzwischen Männer schicken müssen«, sagte ich vier Tage später. Wir hatten mit einem Dutzend Schiffen gesprochen und die Rolle der verängstigten Reisenden gespielt, die unbedingt die Stadt verlassen wollten, aber es sich nicht leisten konnten. Ceuns Bande hatte keinen von Vyands Männern gesehen, und niemand fragte nach mir.
    Wir hatten auch keinen anderen Zugang zur Gießerei gefunden. Wenn Vyand also tatsächlich herauskam, mussten wir den Aquädukt versuchen und hoffen, improvisieren zu können, sobald wir drinnen waren. Nach so langer Zeit war ich sicher,

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