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Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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beginnen.
Wahrheit, dachte Ragee, er war Dane nun eine verteufelt wahre Antwort schuldig. Er wollte lügen, aber er war wirklich schlecht darin. Sie hatten viele Wochen intensiv an der Wahrheit gearbeitet, diese zu benutzen oder ihr auch geschickt auszuweichen. Was war jetzt von den unzähligen Belehrungen und Übungen, die zur Gewohnheit werden sollten, übrig geblieben?
„Wie man's sieht“, sagte Ragee und wusste, dass er damit schon kläglich versagt hatte. Er kannte Danes zweideutiges Denken und versteckte Hinweise zu verstehen und fühlte sich mit seiner dummen Antwort sofort entlarvt.
„Schlimm für mich?“ Dane griff nach der Zeitung, aber Ragee hielt sie fest. „Ich werde es dir sagen“, schlug er vor, doch Dane schüttelte den Kopf. „Ich bin kein Kind mehr. Ich will es selbst lesen.“
Sie hielten beide an der Zeitung fest.
„Versprich mir, dass du nicht wegläufst“, sagte Ragee und sah ihn mit flehenden Augen an. Damit entfachte er ein Feuer!
Dane sah den alten Mann entsetzt an. Irgendwie hatte er geahnt, dass bald etwas passieren würde. Tausend Gedanken durchfuhren ihn, angefangen von einer schlimmen Krankheit von Sarah, dann von dem Kind – vielleicht eine Fehlgeburt, eine Totgeburt oder zum Schluss der Tod – von beiden? Dieser Gedanke erschien ihm plötzlich so absurd, dass er ihn nicht länger in Erwägung zog.
Ragee ließ die Zeitung los, und Dane begann, schematisch die Schlagzeilen abzusuchen. Er fand nichts Aufsehenerregendes und überflog genauso verächtlich die Sportseiten und den Anhang, wie Ragee es eben noch getan hatte. Er sah die Anzeige nicht. Erleichtert sah er in die wachsamen Augen von Raimund Geers, der sich nicht besser fühlte, nachdem Dane die Todesanzeige nicht entdeckt hatte. Damit lag die Mitteilungspflicht wieder bei ihm, und es drehte ihm den Magen um.
„Was soll das?“, fuhr Dane ihn an. „Erst so geheimnisvoll, dann nichts!“ Er schob die Zeitung von sich.
„Ich sagte ja, wie man‘s sieht.“ Der alte Mann faltete die Zeitung zu einem kleinen Bündel zusammen und legte sie in das Sideboard, wo er alle wichtigen Zeitungen seit Januar aufbewahrte. Er setzte sich wieder zu Dane an den Tisch und legte seine Hände gefaltet darauf. „Dane, Junge, wir sollten heute über wichtige Dinge sprechen. Zum Beispiel darüber, wie sehr wir uns kennen und mögen gelernt haben. Es ist an der Zeit, dir zu sagen, wie sehr ich dich schätze und finde, dass du viel Mut bewiesen hast, dies alles mit mir durchzustehen. Du hast mir ein gesundes Denken und Fühlen bewiesen, und dass es wirklich in dir drin steckt. Das Schlechte kommt meistens von außen in uns hinein und dann wieder als Schlechtes aus uns heraus. Dagegen müssen wir resistent werden. Wir müssen es filtern. Nur so schaffen wir es, in der Gesellschaft zu bestehen. Der Kampf ist es, der unser Leben bestimmt, der Kampf um die Wahrheit und das ehrliche Lächeln. Nicht Gleiches mit Gleichem vergelten. Ich habe in den letzten Monaten gemerkt, dass du den Kampf durchaus gewinnen kannst. In dir steckt so viel Gutes. Ich kann mir jetzt gut vorstellen, wie sehr deine Freunde dich gemocht haben müssen, denn im Grunde hast du ihnen immer deine gute Seite gezeigt, wenn auch nicht immer deine ehrliche. Du bist jetzt in der Lage, dies miteinander zu verbinden, indem du dir immer vorher gut überlegst, was du tust und welche Konsequenzen es für dich bringt. Dadurch wird zwar am Anfang deine Spontaneität etwas leiden, aber es wird sich einpendeln.“
Dane sah auf den braunen Kaffeekranz, den Ragees Tasse hinterlassen hatte und versuchte, den Worten zu folgen. Es waren vorbereitende Worte auf irgendetwas.
„Es war für dich sicherlich nicht einfach, dich in den letzten Monaten so kompromisslos zu unterwerfen, aber ich glaube, du hast erkannt, wie verdammt ernst für dich das Leben geworden ist, und wie vorsichtig du nun sein musst. Das alleine zählt als Ergebnis. Du hast ein gutes Ergebnis erzielt. Ich werde mir keine Sorgen mehr machen müssen. Was ich dir eigentlich nur sagen wollte, ist, dass ich dich sehr mag.“
Dane sah auf. Er hatte die Worte verstanden, auch wenn sie ihm so merkwürdig endgültig erschienen. Irgendetwas verbarg sich hinter dieser Predigt, etwas Großes. Sollte es losgehen? Waren es seine Worte des Abschieds, und er wollte ihn auf Sarah vorbereiten?
„Es mag komisch klingen, Dane, Junge, aber ich habe dich sehr lieb gewonnen, wie einen eigenen Sohn, der zu mir gehört, von dem ich mich nicht trennen

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