Das blaue Haus (German Edition)
Leib und kaufte sich am nächsten Morgen die Denver Post, genau wie Ragee es regelmäßig tat.
April 1997. Salina. Markley Road. Bei Ragee.
Es war der 18. April, als Dane erwachte und unter großen seelischen Schmerzen an Sarah dachte. Sie waren so stark wie noch nie. Es krümmte seinen Leib und ließ ihn kaum atmen. Wie gerne hätte er jetzt ihren Bauch berührt. Ungewollte Tränen liefen seine Wange hinunter, und er wünschte sich, laut und endlos schreien zu dürfen.
Ragee trank an diesem Morgen völlig entspannt seinen Kaffee und schlug arglos die Tageszeitung aus Denver auf. Mit ihren Informationen stieg und sank ihre Stimmung.
Der Tag sollte sie in die tiefste Bestürzung, seit sie sich kannten, werfen.
Zunächst stand wie immer nichts Neues über Sarah in der Denver Post. Ragee durchblätterte die letzten Seiten mit großem Desinteresse. Doch da war plötzlich etwas, das ihn einhalten ließ. Er war in den letzten Monaten ungewollt auf Wörter wie Sarah, Dane und Gelton fixiert gewesen, sodass er schon durch einen kurzen Blick sofort auf diese Worte aufmerksam wurde. Er blätterte irritiert zurück. Was hatte ihn plötzlich einhalten lassen? Ein Missverständnis?
Es war kein Missverständnis, denn die Todesanzeige unten rechts auf Seite 51 war in fetten Buchstaben gedruckt. Es war nicht nur der Name Sarah, der ihn schockierte, es war auch jener Nachname, der sich wie ein Nagel in sein Gedächtnis geschlagen hatte. Diese zwei Worte reihten sich wie ein Albtraum aneinander? Wie viele Sarah Geltons mochte es in Denver geben?
Ragee las begierig den darunter abgedruckten Text. Der vertrieb damit alle erhofften Zweifel. Es handelte sich eindeutig um Danes Ehefrau Sarah, die am 16. April 1997 verstorben war. Mit traurigen Worten wurde sie von ihrer Familie verabschiedet. Sie war vorgestern einem unerwarteten Herzversagen erlegen und hatte das Kind mit sich genommen.
Ragee ließ die Zeitung aus seinen Händen gleiten. Eine tiefe Bestürzung überkam ihn, lähmte ihn. Das konnte doch nicht wahr sein! Das durfte nicht wahr sein! Es machte alles zunichte, dem Dane so ehrgeizig entgegenstrebte. Ragee fühlte, wie ihn der eigene Tod anlächelte. Wie oft hatte er in den letzten Wochen an das Sterben gedacht? War es jetzt soweit? Sollte es nicht nur Sarahs alleiniger Tod sein?
Ragee spürte, wie sein Kreislauf nachgab. Er griff zitternd wieder nach der Zeitung und las die Anzeige erneut durch. Die Worte ließen keine Zweifel Sarah Gelton war tot!
Der alte Mann presste sein Gesicht in die Hände und weinte. Es war gut, dass Dane noch oben in seinem Zimmer lag und wahrscheinlich ein Buch las. Das hielt ihn gewöhnlich für mehrere Stunden gefangen, manchmal sogar für den ganzen Tag. Ragees Gesicht sank in seine Arme auf den Tisch. Er wartete auf das, was da kommen möge. Wie nur sollte er das Dane erklären? Es war nicht abzusehen, wie massiv seine Reaktion sein mochte, egal, wie er es ihm beibringen würde. Aber es war zu erwarten, dass etwas in ihm reagieren musste.
Ragee fiel durch die geistige Überanstrengung in einen tiefen Schlaf.
Zwei Stunden später kam Dane die Treppe hinuntergeschlendert.
April 1997. Golden/Denver. Lansing Street. Bei Sarah.
Im Haus der Newshorns spielte sich eine unbeschreibliche Empörung ab. Das war ein nur allzu makaberer Scherz, der an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten war!
Sarah, die den Vormittag bei Dr. Synacha verbrachte, wusste noch nichts von ihrer neuen Rolle als Tote. Ihr Gemüt und ihre Kraft hatten einen fast neurotischen Punkt erreicht, seit Julie zu ihrem besten Umgang geworden war. Verborgen zwischen psychologischen Attacken an ihre Erinnerungen mit Dane, hatte Julie immer wieder ihre gute Freundschaft zu ihr betont. Julies fand stets überwältigende Worte für alles.
Julie war geschickt vorgegangen. Diplomatisch hatte sie jeden Kontakt zu Sarahs Familie gemieden. Sie wollte ihre Anonymität genauso wahren, wie sie es Sarah ständig versprach. Das leuchtete Sarah ein, und sie schwieg und glaubte an eine echte Freundschaft mit dieser Julie.
„Ich bin immer für dich da. Wer sonst opfert so viel Zeit und Verständnis für dich wie ich.“ Das waren Julies Worte – mit einer impfenden Wirkung.
Selbst Dr. Synacha, die nichts von Julie wusste, konnte sich Sarahs plötzliche Depression einfach nicht erklären. Sie schloss eine Schwangerschaftsdepression aus.
Außerdem hatten sich die Umstände zu sehr zum Positiven entwickelt. Nichts erschien ihr symptomgetreu. Sarah hatte
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